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Kitzingen
Sie kümmern sich um jeden Dreck: Was Müllmänner im Alltag erleben
Wer holt da eigentlich jede Woche die grauen, blauen und braunen Tonnen? Wo landet all das Plastik und Papier? Eine Rundfahrt mit den Abfallentsorgern im Landkreis. 
Gute Laune bei der Müllabfuhr: Fahrer Mario Volv (vorne) und sein Lader Aslan Yesilyurt
Foto: Hanns Strecker | Gute Laune bei der Müllabfuhr: Fahrer Mario Volv (vorne) und sein Lader Aslan Yesilyurt
Hanns Strecker
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:59 Uhr

Wenn die Müllmänner in der Kitzinger Richthofenstraße um kurz nach fünf Uhr mit ihrem Dienst beginnen, ist es vorbei mit der beschaulichen Ruhe der Nacht. "An manchen Tagen sind es über 100 Angestellte, die sich auf mehr als 50 Müllfahrzeug verteilen", sagt Christian Hohenstatt, Standortleiter der Firma Knettenbrech und Gurdulic. Die Entsorgungsfirma bedient nicht nur den Landkreis Kitzingen, sondern auch Teile der Nachbarlandkreise. Nach und nach holen sich die Fahrer am frühen Morgen ihre Aufträge ab, und schon verlassen die ersten schweren Spezialfahrzeuge den Hof.

Hinter dem scheinbaren Durcheinander steckt ein ausgetüftelter Plan. Bio- oder Restmüll, gelbe Säcke, Altmetall, Sperrmüll – jede Besatzung weiß genau, was wo zu tun ist: nämlich den Müll anderer einzusammeln. Dafür steht auch der Wahlspruch der Müllentsorger, die in Wahrheit echten Umweltschutz leisten: "Wir kümmern uns um jeden Dreck!" Es ist ein Job, der von der Allgemeinheit nicht immer hoch genug bewertet wird – zu Unrecht, denn er fordert viel Konzentration, technisches Verständnis, fahrerisches Können und absolute körperliche Fitness.

Dienstbeginn am Firmensitz in der Kitzinger Richthofenstraße: Um halb sechs Uhr in der Früh werden die Müllfahrzeuge startklar gemacht.
Foto: Hanns Strecker | Dienstbeginn am Firmensitz in der Kitzinger Richthofenstraße: Um halb sechs Uhr in der Früh werden die Müllfahrzeuge startklar gemacht.

"Nur mit 'Müll in den Lkw kippen' hat das heute nichts mehr zu tun", beteuert Mario Volv. Der gebürtige Kroate ist schon seit längerer Zeit als Fahrer im Einsatz, heute hat er zusammen mit seinem "Lader" Aslan Yesilyurt, einem Kitzinger mit türkischen Wurzeln, die Tour "Altstadt Volkach" vor sich. "Wir sind eine internationale Besatzung", sagen die beiden lachend. Trotz des frühen Morgens sind sie guter Laune. An einer Tankstelle wird noch schnell ein Becher Kaffee gekauft. "Wir haben etwas Zeit." Vor sechs Uhr darf nämlich noch keine Mülltonne geleert werden.

"Nur mit Müll in den Lkw kippen hat das heute nichts mehr zu tun."
Mario Volv, Müllwerker

Dann geht es in der Volkacher Hauptstraße los: Links und rechts stehen die zum Teil überquellenden Mülltonnen. Wieselflink läuft der Lader hin und her, rollt die Tonnen zum Laster und hängt sie in die Schüttung. Danach: das Gleiche zurück! Der Fahrer hat dabei seinen Partner über Außenkameras ständig im Blick und versucht durch exaktes Steuern den Beladungsweg möglichst kurz zu halten. Ab und zu springt der Lader auf ein Trittbrett am Heck des Fahrzeuges, wenn der Weg zur nächsten Tonne etwas weiter ist.

Zentimeterarbeit für die Müllabfuhr in der Volkacher Altstadt: Manchmal parken die Autos rücksichtslos.
Foto: Hanns Strecker | Zentimeterarbeit für die Müllabfuhr in der Volkacher Altstadt: Manchmal parken die Autos rücksichtslos.

Dann die Königsdisziplin: einfahren in die engen Gassen. Und schon ist es vorbei mit dem Durchkommen. Links und rechts sind Autos abgestellt. Jetzt heißt es Teamarbeit. Der Lader dirigiert seinen Fahrer zentimetergenau. Vor, zurück, rechts, links. Oft meint man, der schwere Lkw bleibe stecken. Für ein paar Meter Fahrweg brauchen die Männer nun mehrere Minuten. Volv beklagt eine gewisse Rücksichtslosigkeit bei den Anwohnern. "Die wissen doch, dass heute die Müllabfuhr kommt! Da müssen sie doch nicht kreuz und quer parken!" Und gerade hier die brandaktuelle Frage: "Was ist, wenn´s brennt?" So wie vor einer Woche in der Musikkneipe Techtel-Mechtel.

Fotoserie

Doch die Besatzung meistert alle Situationen. Schlimmer seien Frost, Glätte und Schnee. Ist zum Beispiel eine Tonne angefroren, kommt sie schlecht in die Schüttungsautomatik, und die Verletzungsgefahr für den Lader ist sehr hoch. Auch die sommerliche Hitze birgt Risiken und Unannehmlichkeiten – wenn zum Beispiel die Haltegriffe am Lkw brandheiß sind oder aus den Biotonnen eine Armada von Maden und Fliegen krabbelt. Kommt hier etwa Frust auf? Die Antwort der beiden ist ein entschiedenes Nein. "Wir lieben unseren Job", sagen sie unisono.

Kurz nach sechs Uhr: Der Müll-Lkw fährt durch die Volkacher Altstadt und sammelt den Müll ein. Manche Tonnen quellen über.
Foto: Hanns Strecker | Kurz nach sechs Uhr: Der Müll-Lkw fährt durch die Volkacher Altstadt und sammelt den Müll ein. Manche Tonnen quellen über.

"Wir haben einen krisenfesten Beruf, den man im Freien ausüben kann, und haben es –in der Regel– mit freundlichen Menschen zu tun."  Sie erzählen von netten Begebenheiten, etwa von einem älteren Hausbesitzer, der jedes Mal, wenn sie kommen, schon mit seinem Hund auf sie wartet und ihnen eine Tasse Kaffee anbietet. Der Mann ist seit einiger Zeit Witwer und völlig auf sich allein gestellt. Oder von dem Erstklässler auf seinem Schulweg, der ihnen zuwinkte und dem sie kurz ihren Lkw erklärten. Worauf dieser eine Metalldose aus seiner Schultasche holte und ihnen seine Kekse anbot. "Was gibt’s da noch Schöneres?", fragen sie.

Das lässt die einzelnen negativen Erlebnisse schnell vergessen: gestresste Autofahrer, die hupend und schimpfend hinter dem Müllauto stehen und kurzfristig nicht vorbeikommen. "Müllkutscher!", wird da auch schon mal gerufen. Doch damit kann man die "Müllwerker", wie sie offiziell genannt werden, nicht ärgern. Zu sehr sind sie mit ihrem Job verbunden, der – wie sie finden – viel mehr Respekt verdient hat.

Wo der Müll aus dem Landkreis landet

Sechs Müllfahrzeuge für den Restmüll oder Bioabfall stehen jeden Tag für den Landkreis Kitzingen zur Verfügung. Dazu kommen zwei Fahrzeuge für das Altpapier, vier Fahrzeuge für die gelben Säcke und jeweils ein Fahrzeug für Altmetall und Sperrmüll. Die Lkw haben ein zulässiges Gesamtgewicht von 26 Tonnen und eine Leistung von 320 PS.
Gut acht Tonnen Müll werden aus dem Müllfahrzeug im Müllheizkraftwerk abgeladen.
Foto: Hanns Strecker | Gut acht Tonnen Müll werden aus dem Müllfahrzeug im Müllheizkraftwerk abgeladen.
Acht bis neun Tonnen Restmüll kann ein Lkw laden, der dann in das Müllheizwerk Würzburg gefahren wird. Im Monat sind es beim Restmüll im Gesamten durchschnittlich 850 bis 900 Tonnen an Abfall, der weggebracht wird. Bei den gelben Säcken sind es monatlich 260 bis 300 Tonnen; sie werden nach Fröhstockheim zum dortigen Sortierplatz gefahren. Und gut 500 Tonnen wiegt das Altpapier, das ins Kompostwerk Klosterforst kommt. Eigentlich ist die Müllabfuhr ein reiner Männerjob. Unter den circa 120 Angestellten sind lediglich zwei Frauen.
Quelle: hs
 
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