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Kitzingen
Schluderei bei den Sozialabgaben eines Betriebs: Wenn Vater und Sohn gemeinsam auf der Anklagebank sitzen
Weil er seit Jahren bei den Sozialabgaben schludert, musste sich ein Transportunternehmer am Kitzinger Amtsgericht verantworten.
Foto: Johannes Eisele, dpa (Symbolbild) | Weil er seit Jahren bei den Sozialabgaben schludert, musste sich ein Transportunternehmer am Kitzinger Amtsgericht verantworten.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 28.10.2024 02:36 Uhr

Die Schluderei fängt schon bei der Frage an, wer eigentlich die Firma leitet. Der Senior-Chef, der das Transportunternehmen aufgebaut hat, ist nach verschiedenen Krankheiten schon seit etwa zehn Jahren nicht mehr in dem Betrieb. Nur: Auf dem Papier war er all die Jahre noch verantwortlich, weil man schlichtweg den Gang zum Notar versäumt hatte. "Es war", sagt der Senior zur Begründung, "immer etwas anderes". Und so kommt es, dass der 77-Jährige neben seinem 50-jährigen Sohn auf der Anklagebank des Amtsgerichts Kitzingen Platz nehmen muss.

Die Anklageschrift listet mehrere Fälle von nicht bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen auf. Es geht immerhin um mehr als 20.000 Euro. Wobei eine ganze Reihe von Fällen von der Staatsanwaltschaft erst gar nicht angeklagt wurde. Die eigentliche Wahrheit sieht aber noch einmal anders aus: Was ein Angestellter der Sozialversicherung als Zeuge aussagt, ergibt ein trübes Bild: Es gebe immer wieder Probleme, man habe "seit 15 Jahren mit der Firma zu tun". Wegen immerwährender Rückstände sei man "permanent im Gespräch".

Die Firma ist, salopp gesagt, so etwas wie ein Sorgenkind aus Sicht der Sozialversicherer. "Rückstände waren immer da", erklärt der Fachmann. Als zwischenzeitlich sogar ein halbes Jahr kein Geld fließt, wird von Amts wegen ein Insolvenzantrag gestellt. Die Folge: Mit einem Schlag zahlt die Firma alles, um den Supergau abzuwenden.

Zwischen Teilzahlungen, Ebbe und Säumniszuschlägen

Der Beginn einer neuen, geregelten Phase ist das nicht. Kurz darauf sei das alte Spiel, so der Zeuge, wieder von vorne losgegangen: Es wurden "Zahlungsvereinbarungen nicht eingehalten". Mal gab es Teilzahlungen, dazwischen war wieder Ebbe. Eine Art Dauerkrise. Was dazu führte, dass Kontopfändungen veranlasst wurden. Und auch jetzt, da ein Strafprozess ansteht und es vielleicht auch darum geht, einen guten Eindruck zu machen, steht immer noch Geld aus. Aktuell, so hat es das Amt ausgerechnet, gebe es Forderungen von fast 29.000 Euro, darunter allein 12.000 Euro an Säumniszuschlägen.

So richtig einsehen wollen sowohl Senior als Junior die Vorwürfe nicht. Der 77-Jährige betont, dass "in der Branche eine holprige Zahlungsweise" durchaus normal sei. Sein Sohn gibt zu, dass er "mehr auf dem Lkw als im Büro gesessen" habe. Sowohl die Corona-Zeit als auch ein weggebrochener Großauftrag hätten die Dinge kompliziert gemacht. Er nimmt für sich in Anspruch, dass er mit den Ämtern – egal ob Finanzamt oder Krankenkasse – immer in Kontakt gewesen sei und seine Situation dargelegt habe.

Einstellung gegen Geldauflage für den Senior

Für den 77-Jährigen ist die Verhandlung nach der Zeugenbefragung schnell zu Ende: Nachdem klar ist, dass er mit dem Geschäft seit zehn Jahren wirklich nichts mehr zu tun hat, wird das Verfahren gegen eine Zahlung von 800 Euro eingestellt. Über das Geld darf sich der Landesverband für Gefangenenfürsorge freuen. 

Bei dem Geschäftsinhaber sieht die Sache anders aus. Zumal er zwei Vorstrafen hat: 2015 wurde er wegen Insolvenzverschleppung und falscher Versicherung an Eides statt bereits verurteilt. Die jetzigen Vorwürfe werden am Ende insofern eingeräumt, als es nur noch um die Höhe der Strafe geht. Ein entsprechender Strafbefehl war von 160 Tagessätzen zu je 70 Euro ausgegangen. Die Staatsanwaltschaft will mit 150 Tagessätzen zu je 55 Euro in etwa in dem Bereich bleiben und hebt die Bemühungen des Angeklagten hervor. Seine Vorstrafen und der lange Säumnis-Zeitraum sprächen jedoch gegen den 50-Jährigen.

Die Verteidigung plädiert auf 90 Tagessätze zu je 40 Euro – und betont, dass es inzwischen ein Steuerbüro gebe, das die finanziellen Dinge in der Firma regele. Das Gericht stellt am Ende die über viele Jahre währenden Engpässe in den Mittelpunkt und entscheidet sich für eine Geldstrafe über 5600 Euro, was sich aus 140 Tagessätzen zu je 40 Euro zusammensetzt. 

 
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