Die Fusionswelle im unterfränkischen Bankensektor rollt ungebremst weiter. Auch im Landkreis Kitzingen und im Landkreis Schweinfurt sehen sich drei kleine bis mittlere Genossenschaftsbanken gezwungen, auf die angespannte Marktlage zu reagieren: Geringe Zinsmargen und zunehmende Bürokratie sowie hohe Investitionen in die Digitalisierung machen es kleinen Geldhäusern schwer, profitabel selbstständig zu bleiben. Deshalb wollen die Raiffeisenbanken Frankenwinheim und Umgebung (Lkr. Schweinfurt), Kitzinger Land und Volkacher Mainschleife – Wiesentheid fusionieren. Diese Absicht hatten die Vorstände zu Jahresbeginn öffentlich gemacht. Nun informierten sie über die nächsten Schritte.
In einem Gespräch mit der Redaktion in der Volkacher Raiffeisenbank äußerten die sechs Bankvorstände Andrea Helbig und Michael Brückner (Frankenwinheim und Umgebung), Albrecht Hack und Rouven Lewandowski (Kitzinger Land) sowie Martin Weber und Volker Kreißl (Volkacher Mainschleife - Wiesentheid) übereinstimmend ihre Überzeugung, dass durch den Zusammenschluss, den sie bis Mitte Oktober anstreben, eine finanziell solide Bank entstehen soll: die Raiffeisenbank Mainschleife Steigerwald.
Die Banken im "Kitzinger Land" gaben den Anstoß
Der Anstoß war von der Genossenschaftsbank Kitzinger Land (Obernbreit) gekommen, die sich mit den Kollegen in Volkach/Wiesentheid zusammentun wollte. Volkach lud noch Frankenwinheim zur Fusion ein, die bisher kleinste Genossenschaftsbank in Unterfranken. Vorstände und Aufsichtsräte waren sich schnell einig, damit eine zukunftsfähige Größe zu erreichen. Immerhin käme die Bank auf eine Bilanzsumme von über 800 Millionen Euro. Damit hat sie eine ähnliche Größe wie die VR-Bank Kitzingen, allerdings mit einem weit verzweigten Filialnetz im Verbreitungsgebiet, das sich über drei Landkreise erstreckt.
Übereinstimmung herrscht unter den Führungskräften auch in Bezug auf die Partner: Man sei gern die Bank fürs Land, für Landwirte, Winzer, Handwerker und mittelständische Unternehmen. Dazu passt das in Volkach und Frankenwinheim noch vorhandene Warengeschäft. Die neue Bank werde also die gleiche Philosophie und Zielgruppe vertreten. Vorstände und Aufsichtsräte haben der Fusion ohne Ausnahme zugestimmt.
Wie soll die Fusion ablaufen? Geplant ist die Verschmelzung für den 16. Oktober. Als größte beteiligte Bank behält Volkacher Mainschleife – Wiesentheid ihre Bankleitzahl; Kitzinger Land sowie Frankenwinheim und Umgebung werden sie übernehmen. Das heißt auch, dass sich die Kontonummern der Kunden dieser Banken ändern werden. Die Geldhäuser wollen dafür sorgen, dass die Umstellung von Lastschrifteneinzügen, SEPA-Mandaten und Daueraufträgen weitgehend automatisch läuft, sagen aber voraus, dass die Kunden in einzelnen Fällen selbst aktiv werden müssten. Eingänge aufs Konto wie Gehalt oder Renten laufen ohne Unterbrechung weiter, versichern die Führungskräfte.
Mit der Fusion soll auch ein Kundenservice-Center in Obernbreit eingeführt werden, das den Kunden künftig täglich etwa zehn Stunden zur Verfügung stehen soll. Es soll die klassischen Berater entlasten, aber nicht ersetzen. Im Gegenteil: Wo immer möglich, setzten die Banken auf Kontinuität in den Kundenbeziehungen durch bekannte Gesichter. Im Einzelfall würden aber Spezialisten zu Kundengesprächen hinzugezogen.
Frankenwinheim wird künftig die Zentrale für die Warengeschäfte, was den einzigen Standort des kleinsten Partners stärken soll. Und auch andere Bereiche werden dezentral verwaltet, etwa die Kreditabteilung in Wiesentheid, das Rechnungswesen in Sommerach, Marketing und Controlling in Volkach. Die Vorteile: Die Bank bekennt sich zu ihren Standorten und muss außerdem nicht in Neubauten investieren.
Obwohl ausbaufähig, will die neue Bank nicht die Mitgliederwerbung forcieren. Bestehende Beteiligungsmodelle werden vorerst unverändert weitergeführt.
Was wird aus Mitarbeitern und Filialen?
Den Mitarbeiterstand wollen die Vorstände nach und nach verringen, allerdings über natürliche Fluktuation, nicht über Kündigungen. Der Trend der Reduzierung setzt sich auch bei den Aufgaben fort. Während Mitarbeiter heute oft noch Generalisten sein müssen, werden sie in Zukunft durch fortschreitende Spezialisierung entlastet. Gerade mit Blick auf die Digitalisierung ein wichtiger Punkt aus Sicht der Bankenchefs. Dem Personal versprechen sie sichere Arbeitsplätze und dem Nachwuchs einen neuen attraktiven Arbeitgeber.
Nach heutigem Stand wird sich die neue Bank ein überdurchschnittlich dichtes Filialnetz leisten. Sie hätte etwa doppelt so viele Standorte wie Banken vergleichbarer Größe. Diese Kundennähe sehen die Vorstände als Vorteil, allerdings schließen sie nicht aus, dass die Filialdichte immer wieder auf den Prüfstand gestellt wird. Motto: "Andere gehen – wir wollen bleiben." Aber das müssten die Kunden auch mitmachen.
Sechs Vorstände haben die drei Banken heute, und sie gestehen ein, dass ein Geldhaus in der geplanten Größe üblicherweise zwei oder drei haben könnte. Die Planung sieht aber vier vor: Albrecht Hack (64) wird im Sommer in den Ruhestand gehen. Andrea Helbig (53) scheidet aus dem Vorstand aus, wird aber als Gebietsdirektorin in Frankenwinheim bleiben. Ihre Familie und sie zählen dort zu den Eckpfeilern der Genossenschaft.
Vier Vorstände und 13 Aufsichtsräte geplant
Martin Weber (55), Vorstandsvorsitzender der größten beteiligten Bank, wird Chef des neuen gemeinsamen Hauses. Er soll sich an den Standorten Volkach und Wiesentheid um strategische Aufgaben, Digitalisierung und Personal kümmern, aber auch bei großen Kreditgeschäften mit entscheiden. Michael Brückner (49) ist vor allem in Sommerach für Rechnungswesen, Controlling und Regulatorik vorgesehen. Rouven Lewandowski (46) wird als Gebietsdirektor mit Schwerpunkt in Obernbreit im Vertrieb arbeiten. Volker Kreißl (39) bleibt für den Vertrieb in Volkach und Wiesentheid zuständig.
Auch bei den Aufsichtsräten wird es Veränderungen geben. Ihre Zahl soll sich von 19 auf 13 Mitglieder verringern. Die Bankvorstände betonten, dass die Entscheidung über die Verschmelzung bei den Genossen liegt. Deshalb wird es – sofern die Pandemie es zulässt – dazu im Juli Präsenz-Veranstaltungen für Mitglieder oder Vertreter geben.
Bisher hätten die Banken auf ihre Kooperationspläne viele positive Rückmeldungen bekommen, berichteten die Vorstände, nicht nur von den Genossen, sondern auch von den Bürgermeistern der betroffenen Filialorte.