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Kitzingen
Pöbeln, spucken, provozieren: Wenn der Streit unter Nachbarn eskaliert
Zwei Nachbarn können nicht miteinander. Es gibt Sticheleien und Provokationen – und jetzt ein Verfahren wegen Beleidigung vor dem Amtsgericht. Es ist nicht das erste.
Der Hausbläker wurde gerne als Schlussstein eingesetzt, wenn man seinem Nachbarn etwas sagen wollte. Heute gibt es andere Mittel und Wege, um dem anderen seine Missachtung zu zeigen.
Foto: Eichinger-Fuchs | Der Hausbläker wurde gerne als Schlussstein eingesetzt, wenn man seinem Nachbarn etwas sagen wollte. Heute gibt es andere Mittel und Wege, um dem anderen seine Missachtung zu zeigen.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 16.02.2024 21:53 Uhr

"Das Ausspucken in Richtung einer Person ist eine Herabwürdigung." Dass man dafür wegen Beleidigung verurteilt werden kann, hat jetzt ein Handwerksmeister vor dem Kitzinger Amtsgericht erfahren müssen. Zweimal hatte der 54-Jährige nach Überzeugung des Gerichts in Richtung seines Nachbarn gespuckt. Die beiden Beleidigungen kommen den Mann teuer zu stehen.

Als "ungute Nachbarschaft" bezeichnete Amtsrichterin Ingrid Johann das, was sich in einer Sackgasse eines kleinen Städtchens im südlichen Landkreis entwickelt hat. Vor allem wegen der engen Straße und der damit verbundenen Verkehrsbehinderungen kam und kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen. Im Mittelpunkt des Geschehens: ein Handwerksmeister und ein Rechtsanwalt, der seit ein paar Jahren in der Straße wohnt.

Der eine führt Protokoll, der andere macht Fotos 

Seither scheint es mit der Ruhe vorbei. Immer wieder kommt es zu Sticheleien und Provokationen. Der Rechtsanwalt führt seit langem Protokoll über alle Auffälligkeiten. Der Handwerksmeister dokumentiert Verkehrsverstöße auf Fotos, die Ordner füllen. Dabei sagten beide Nachbarn mehrfach, als sie sich jetzt vor Gericht trafen, der Handwerksmeister als Angeklagter, der Rechtsanwalt als "Opfer" und Zeuge: "Wir wollen nur unsere Ruhe haben." Dass von Ruhe und Frieden zwischen ihnen wenig zu spüren ist, wurde in der Verhandlung greifbar. Der Zeuge war sichtlich angespannt, der Angeklagte so voller Emotionen, dass er lieber seinem Anwalt das Reden überließ, um nicht unüberlegt zu reagieren.

Vor einigen Monaten war der Handwerksmeister vom Amtsgericht schon einmal wegen Beleidigung verurteilt worden. Das Gericht war der Überzeugung, dass der Mann seinen Nachbarn "Arschloch" genannt hatte, und verurteilte ihn zu 2400 Euro Geldstrafe. Während das Urteil in der nächsten Instanz noch geprüft wird, fand schon die nächste Verhandlung statt.

Diesmal ging es um zwei unappetitliche Vorfälle. Am 21. Mai, so die Anklage, spuckte der Handwerksmeister beim Vorbeigehen in Richtung des Nachbarn, als der sich gerade mit einem anderen Mann unterhielt. Eine Woche später soll er erneut von einem Fenster im ersten Stock aus in Richtung des Nachbarn gespuckt haben. Dem Anwalt reicht es. Er zeigte den Mann an.

Der Verteidiger bezweifelt das Vorliegen einer Beleidigung

In beiden Fällen wollte der 54-Jährige von Spucken nichts wissen. "Er hat nicht gespuckt", ließ er seinen Rechtsanwalt vor Gericht erklären. Der Verteidiger bezweifelte zudem, dass das Spucken – wenn es denn tatsächlich stattgefunden hatte – eine Kundgabe der Missachtung einer Person und damit rechtlich überhaupt eine Beleidigung darstellte. Entscheidend für das Urteil war der Zeuge, der die erste Spuckattacke mitbekommen hatte. Im zweiten Fall standen dann eher Aussage gegen Aussage.

Für das Gericht war es am Ende "in der Gesamtschau" dennoch erwiesen: "Das Ausspucken in Richtung einer Person ist eine Herabwürdigung." So sagte es die Richterin. Für sie war auch klar: "Die Attacke ist bei den Betroffenen als Beleidigung angekommen." Und dafür verurteilte sie den Mann am Ende zu der Geldstrafe: 60 Tagessätze zu 60 Euro, zusammen 3600 Euro. Wäre es nach dem Staatsanwalt gegangen, wäre die Strafe höher ausgefallen. Der sah in den Attacken, gerade in den schwierigen Zeiten von Corona, "eine sehr schwere Beleidigung" und hatte 9600 Euro (120 Tagessätze zu 80 Euro) gefordert. Für den Verteidiger war dagegen nichts erwiesen. Er sah viele Ungereimtheiten und forderte Freispruch.

Dieser Antrag scheiterte ebenso wie der vorsichtige Versuch der Richterin, den Streithähnen einen Weg zu einer besseren Nachbarschaft aufzuzeigen. So blieb es am Ende bei dem eher von Hoffnung getragenen Appell: "Sie müssen versuchen, sich zusammenzuraufen, auch wenn ich keine Ansätze sehe." Wahrscheinlicher als dieser Königsweg ist, dass der Verurteilte in die nächste Instanz geht, wie er es einige Wochen zuvor in anderer Sache schon einmal getan hat.

 
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