Kräftig grüne Blätter, dazwischen viele große, leuchtend rote Früchte: Die Obstbäume von Dieter Barthelme sind prallgefüllt mit Knorpelkirschen der langstieligen Sorten "Kordia" und "Regina". Die sind besonders knackig und haben festes Fleisch. Doch ob sie hier, am Ortsrand von Fahr im Landkreis Kitzingen, auch eine Zukunft haben? "Das größte Problem ist der Wassermangel", sagt der Landwirt, der auf neun Hektar Obst und Reben anbaut. "Ohne Bewässerung läuft im Obstanbau gar nichts mehr", bestätigt auch Thomas Riehl, Obstbauberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen.
Weil es hier keinen Brunnen gibt, muss Barthelme das Wasser in Fässern zur Plantage fahren. "Es ist sehr aufwendig Kirschen zu produzieren", sagt der Obstbauer. Die Pflanzen bräuchten viel Pflege, die Ernte sei immer noch Handarbeit. "Und dann macht uns noch der Klimawandel zu schaffen." Ein Überblick, wie es um den Anbau in Franken steht.
Wo werden Kirschen in Franken angebaut?
In Franken werden auf etwa 600 Hektar Süßkirschen angebaut. "Das sind über 90 Prozent der bayerischen Produktion", sagt Fachberater Thomas Riehl. Hauptgebiete sind die Fränkischen Schweiz (Lkr. Forchheim), Sommerhausen und Leinach im Landkreis Würzburg, Volkach im Landkreis Kitzingen und die Gegend um das mittelfränkische Spalt. "Doch einige Obstbauern geben mittlerweile auf", sagt Riehl. Gerade kleinere Betriebe fänden häufig keinen Nachfolger. Zudem wirke sich die allgemein schwierige Situation in der Landwirtschaft auch auf den Obstbau aus.
Wie macht sich der Klimawandel bei Kirschen bemerkbar?
Tendenziell treiben Kirschen heute zwei bis drei Wochen früher aus als vor 30 Jahren, sagt der Obstanbauberater. Entsprechend verschieben sich auch die Blütezeit und Erntetermine nach vorne. "Franken liegt im Einflussbereich kontinentalen Klimas, mit kalten Wintern und heißen, trockenen Sommern", sagt Riehl. Trotz Klimaerwärmung müssten die Landwirte jedes Jahr mit starken Frühjahrsfrösten bis etwa Mitte Mai rechnen. Die Zeitspanne, in der Schäden durch Nachtfröste entstehen könnten, verlängere sich durch die frühere Blüte also deutlich. "In den vergangenen zehn Jahren gab es in Franken fünf Mal nennenswerte Ausfälle und Ertragseinbußen durch Spätfrostschäden", sagt Riehl
Doch gerade in der Blütezeit brauchen es Kirschen warm, sagt Landwirt Barthelme - "sonst fliegen die Bienen nicht und es kommt nicht zur Bestäubung". Er setzt deshalb auch Wildbienen ein. "Die fliegen schon bei fünf Grad, während Honigbienen erst bei Temperaturen um die zwölf Grad aktiv werden. So kann man die Natur ein bisschen austricksen."
"Die Sommertrockenheit ist für alle Obstanbauer ein Riesenproblem", sagt Riehl. In Unterfranken sei der fehlende Niederschlag schon immer ein Problem. Der Klimawandel verschärfe die Situation, weil die Temperaturen inzwischen im Sommer deutlich höher sind. Dadurch benötigten besonders Obstbäume wesentlich mehr Wasser, sagt Riehl: "Temperaturen zwischen 30 und 40 Grad, wie man sie früher nur aus den Mittelmeerländern kannte, sind bei uns keine Seltenheit mehr."
Welche Folgen des Klimawandels sieht man an den Früchten?
Sonnenbrandschäden an Früchten habe es früher nicht gegeben, sagt der Anbau-Experte. Ob Kirschen, Erdbeeren, Stachelbeeren oder Äpfel - sie würden an allen Obstarten auftreten und die Früchte wertlos machen, weil sie so nicht mehr vermarktbar seien. Sonnenbrand droht, sobald die Temperaturen die 30-Grad-Marke übersteigen, sagt Riehl: "An den Früchten, die ja den ganzen Tag der Sonne ausgesetzt sind, entwickeln sich dann Temperaturen zwischen 50 und 60 Grad. Dadurch kann die Fruchtschale regelrecht verkochen."
Was bedeuten Gewitter und Starkregen für die Früchte?
Laut Klimareport des bayerischen Umweltministerium ist die mittlere Temperatur in Bayern zwischen 1961 und 2021 um 1,9 Grad gestiegen. Gleichzeitig nehmen extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Gewitter zu, sagt Andreas Brömser, Agrarmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). "Die Niederschlagmenge bleibt relativ gleich, durch die höhere Lufttemperatur werden die Niederschläge aber stärker."
So wurde 2021 durch die Starkniederschläge im Juni und Juli ein Großteil der Ernte vernichtet, weil die Kirschen platzten. Für dieses Jahr gehen die Obstbaubetriebe in Deutschland insgesamt von einer deutlich größeren Süß- und Sauerkirschenernte aus. Laut Statistischem Bundesamt wird eine Gesamterntemenge von 54 700 Tonnen erwartet - das wäre ein Plus von 42,6 Prozent im Vergleich zum vergangenen Jahr.
Wird Obstanbau trotz Klimawandel in Franken weiter möglich sein?
Lässt sich Obst angesichts des Klimawandels in Franken weiter anbauen? "Ja, auf jeden Fall", sagt Fachberater Thomas Riehl. "Aber es wird für den Anbauer aufwändiger und kostenintensiver." Ohne Bewässerungsanlagen oder Schutzvorrichtungen werde ein wirtschaftlicher Obstbau nicht mehr möglich sein.
"Es wird schwieriger in Deutschland Obst anzubauen", sagt auch Agrarmeteorologe Brömser. Er rät, künftig mehr Sorten anzubauen, die wie Pfirsiche, Aprikosen oder Feigen auch hohe Temperaturen gut vertragen. Eine andere Möglichkeit sei, Photovoltaik-Anlagen über den Obstbäumen zu platzieren: "Diese sorgen nicht nur für Schatten, sondern wären auch ein Hagelschutz."
Wie sieht die Zukunft des fränkischen Kirschen-Anbaus aus?
Thomas Riehl blickt vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Gegenüber der Importware aus südlichen Ländern hätten fränkische Süßkirschen viele Vorzüge: "Kurze Transportwege, eine positive Ökobilanz und vor allem haben die Früchte ein hervorragendes Aroma." Und im Idealfall würden Kirschen möglichst am Tag des Einkaufs gegessen oder verarbeitet.
Infos zu Kirschen und regionale Einkaufsmöglichkeiten gibt es auf der Internetseite der Fränkischen Obstbauern: www.fraenkische-obstbauern.de