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Prichsenstadt
Nachtwächter in Prichsenstadt: Ein Gerücht bringt Martin Assel ins Amt
Freitags-Fragen: Tradition verpflichtet – deshalb wurde Martin Assel wie schon sein Großvater zum Nachwächter in Prichsenstadt. Hier erzählt er, worüber die Leute am meisten staunen.
Der Prichsenstädter Nachtwächter Martin Assel mit seinen wichtigsten Requisiten: Hellebarde, Horn und Laterne.
Foto: Thomas Obermeier | Der Prichsenstädter Nachtwächter Martin Assel mit seinen wichtigsten Requisiten: Hellebarde, Horn und Laterne.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:34 Uhr

Martin Assel gibt zusammen mit Hermann Schloßnagel seit 2014 den Nachtwächter in Prichsenstadt. Sein Großvater, der auch Martin hieß, war 1934 zum letzten offiziellen und hauptamtlichen Nachtwächter in Prichsenstadt bestellt worden. Seit der Stadtgründung 1367 hatte es Wächter im Ort gegeben, die darauf achten mussten, dass abends die Stadttore geschlossen waren. Dazu Fragen an den 74-Jährigen.

Frage: Was hat ein Nachwächter immer bei sich?

Martin Assel: Hellebarde, Horn und Laterne.

Woher kommt in Prichsenstadt die Nachtwächter-Tradition?

Assel: In Prichsenstadt gab es seit dem Mittelalter schon immer Nachtwächter. In den aus dem Archiv bewahrten Protokollen, Briefen und Dienstbeschreibungen lässt sich das historische Nachtwächter-Leben auch sehr gut nachempfinden. Die Protokolle verschaffen lebhaften Einblick in einen für die Bürger wichtigen Dienst, der nur gering entlohnt und geachtet wurde. Im Jahre 1731 bekamen die Nachtwächter das Bürgerrecht, sie galten bis dahin als unehrliche Leute. Die Nachtwächter zählten zu den armen Leuten in Dorf oder Stadt. Von den wohlhabenden wurden sie deshalb herablassend behandelt.

Wie viele Führungen machen Sie bzw. Ihr Kollege?

Assel: Das ist unterschiedlich, je nach Anfrage. Jetzt zu Corona-Zeiten fehlen uns die Bus-Reisegruppen. Ein fester Termin ist der Freitagabend-Rundgang  um 21 Uhr mit dem Nachtwächter durch die historische Altstadt von Prichsenstadt.

Nachtwächter Martin Assel (rechts) und sein Nachtwächter-Kollege Hermann Schloßnagel aus Prichsenstadt erzählen und führen durch Prichsenstadt.
Foto: Thomas Obermeier | Nachtwächter Martin Assel (rechts) und sein Nachtwächter-Kollege Hermann Schloßnagel aus Prichsenstadt erzählen und führen durch Prichsenstadt.
Wie kamen Sie zu dem Job?

Assel: Nachdem ja mein Großvater Martin Assel der letzte amtierende Nachtwächter von Prichsenstadt gewesen ist – von 1934 bis 1940 –, habe ich geäußert, dass ich das auch mal machen würde. Kurz darauf hat der damalige Bürgermeister bei mir angerufen und nachgefragt, ob das Gerücht stimme, dass ich bereit wäre, ehrenamtlichen Nachtwächter in Prichsenstadt zu machen. Meine Antwort war: Ja, das Gerücht stimmt. Somit wurde ich dann Nachtwächter in meiner Heimatstadt.

„Hört Ihr Leut und lasst Euch sagen“ – ist der Spruch tatsächlich verbürgt?

Assel: Ursprünglich heißt der Spruch „ Hört ihr Herrn und lasst euch sagen . . ." – damit waren die Ratsherren gemeint. Im 20. Jahrhundert wurde dann „Hört ihr Leut“ daraus.

Wie läuft eine Führung mit dem Nachwächter ab?

Assel: Eine Nachtwächterführung ist entschleunigend, der Nachtwächter geht gemächlich mit seinen Gästen durch die Straßen und Gassen seiner Stadt. Er erzählt Geschichten und Anekdoten aus alter Zeit und berichtet, wer in den Häusern gelebt hat und was die Leute gearbeitet haben. Zu Beginn der Führung bläst er in sein Horn und macht einen Stundenruf. Zum Abschluss singt er ein Abendlied und wünscht gute Nacht.

Wer ist Ihr Publikum?

Assel: Gäste aus nah und fern. Viele kommen eigens zu den Führungen und kehren vorher oder nachher in den Prichsenstädter Wirtshäusern ein.

Worüber staunen die Leute am meisten?

Assel: Darüber, dass mein Großvater der letzte amtierende Nachtwächter in Prichsenstadt war und über die Geschichten, die ich darüber erzählen kann.

Was macht den Reiz von Prichsenstadt aus?

Assel: Zum einen die historischen und gut erhaltenen Bauten, Mauern, Türme, Tore und die geschlossene Bebauung. Zum anderen die fränkische Gemütlichkeit, Gastlichkeit und Freundlichkeit.

Die nächsten Führungen sind…

Assel: ...immer Freitagabend 21 Uhr, mit Beginn der Winterzeit 20 Uhr. Langsam melden sich auch wieder Bus-Reisegruppen an.

 
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