Seit fast einem Jahr sind die beiden Winzer Markus Heid und Lukas Herrmann die neuen Männer hinter dem Kitzinger Traditionsweingut Meuschel. Im Januar dieses Jahres gaben die Brüder Christian und Johannes Meuschel den 1845 gegründeten Familienbetrieb aus der Hand, weil sie keinen Nachfolger in der Familie haben. Eine Investorenguppe kaufte das Weingut samt Kellerei, Weinbergen und Betriebsgebäuden. Seither arbeiten Geschäftsführer Heid und Betriebsleiter Herrmann an einem neuen Konzept, das sie der Öffentlichkeit ab dem 30. November offiziell vorstellen wollen. Doch was wird sich genau ändern?
Das Offensichtlichste wird der Name sein: Gut Wilhelmberg wird das Weingut in der Inneren Sulzfelder Straße künftig heißen. "Sich selbst als Meuschel zu verkaufen, obwohl man keiner ist, geht nicht", erklärt Lukas Herrmann. Trotzdem wolle man die Tradition bewahren, weshalb sich der neue Name von der Weinbergslage "Repperndorfer Wilhelmberg", die im frühen 20. Jahrhundert nach dem Unternehmensgründer Wilhelm Meuschel benannt wurde, ableite. "Wir wollen das Gut in den Mittelpunkt stellen, nicht mehr den Familiennamen", sagt der 31-jährige gebürtige Heidelberger.
Bio-Zertifizierung wird 2021 abgeschlossen sein
Auch die Ausrichtung des Weinguts wird sich künftig ändern. Die Rebflächen werden bereits ökologisch bewirtschaftet – die Bio-Zertifizierung wird 2021 abgeschlossen sein. Bislang habe man auch Trauben zugekauft, daraus Wein gemacht und den weiterverkauft. Mit der Umstellung auf Bio habe man sich dann von den Zulieferern verabschiedet, so Herrmann. "Ab dem Jahrgang 2020 wollen wir nur noch unsere eigenen Trauben verarbeiten." Diese kommen von sieben Hektar Rebfläche, das entspricht knapp zehn Fußballfeldern. Die Erfahrung dazu bringt Heid mit, der selbst ein Bio-Weingut im schwäbischen Fellbach betreibt.
Das Sortiment haben die beiden Winzer verschlankt – von ehemals 84 Weinen auf etwa zwölf. "Wir wollen keine Kellereiweine mehr machen, sondern an der Qualität feilen", sagt Herrmann. In Zukunft will man sich zudem verstärkt der Produktion von Sekten widmen. "Bei vielen Sektkellereien werden Weine zugekauft und der wird 'versektet'", so der Betriebsleiter, der zuvor drei Jahre in Neuseeland arbeitete. "Wir versuchen vom Anbau der Trauben über den Korken bis zum Etikett alles selbst zu machen." 2018 haben die Winzer damit angefangen; der erste Einstiegssekt ist nun fertig. Und auch der erste Weinjahrgang (2018) liegt vor, den die Meuschel-Brüder noch angebaut hatten.
Nach außen hin, sagt Herrmann, habe es das ganze Jahr über so ausgesehen, als würde nichts passieren. Im "Inneren" habe man viel an einem neuen Auftritt gearbeitet. Die traditionelle Heckenwirtschaft, die die Meuschel-Brüder jährlich veranstalteten, fiel dieses Jahr aus. "Im Sommer haben mich jeden Tag Leute angesprochen, wie es damit jetzt aussehe. Im ersten Jahr der Umstellung war das einfach zu viel." Im nächsten Jahr wolle man es aber wieder angehen.
Weinkeller soll umgebaut werden
Nicht nur am Konzept, auch am Umbau des Weinguts arbeiten die Winzer aktuell. Das Weingut ist riesig, mehrere Keller gehören dazu. "Als ich das erste Mal hier war, hat es mich umgehauen", erinnert sich Herrmann. Neue Edelstahltanks, die sich die Winzer für eine schonende Weinproduktion angeschafft haben, ersetzen die ehemaligen Holzfässer im 13 Meter tiefen Keller. Ein großräumiges Abteil wird für die Sektproduktion reserviert. Wie viel Geld die beiden Neuen in den Umbau stecken, verrät Herrmann nicht.
Was haben die alten Besitzer zu der Änderung gesagt? "Als wir denen das gezeigt haben, hatte ich schon ein bisschen Angst davor, ob sie das verkraften", gibt Herrmann zu. Doch die Brüder, die das Weingut 1988 von ihrer Mutter Heidi übernommen hatten, kamen damit gut klar. "Für die war wichtig, dass es weitergeht", erklärt Herrmann. Man stehe in einem freundschaftlichen Verhältnis zueinander. Johannes Meuschel sei sogar im Weingut angestellt. Auch so gut wie alle Mitarbeiter bleiben beschäftigt. Wie es künftig mit dem Betrieb läuft, werde sich zeigen. "Wenn man mit so alten Traditionen bricht, stößt das vielen Leuten erst einmal auf", so Herrmann. Doch die zwei Männer, die beide nicht aus Franken stammen, sind optimistisch.