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Willanzheim
Verdacht auf Brandstiftung: Wie das kleine Dorf Willanzheim gerade mit viel Glück einer Feuerkatastrophe entging
Anfang Januar kommt es am Rathaus zu einem kleineren Brand. Wie viel Glück der Ort hatte, wird erst später sichtbar. Es ist der jüngste Fall in einer Reihe rätselhafter Ereignisse.
Aus einem kleinen unscheinbaren Feuer (Symbolbild) hätte sich Anfang Januar am Willanzheimer Rathaus ein Großbrand entwickeln können – ein mysteriöser Fall.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Aus einem kleinen unscheinbaren Feuer (Symbolbild) hätte sich Anfang Januar am Willanzheimer Rathaus ein Großbrand entwickeln können – ein mysteriöser Fall.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:16 Uhr

Der Fall liegt jetzt zwei Wochen zurück, aber bei Ingrid Reifenscheid-Eckert sitzt der Schock immer noch tief. Die Bürgermeisterin ist sich sicher, dass ihr Heimatort Willanzheim Anfang des Jahres nur mit Glück einer Katastrophe entkommen ist. Was genau geschah vom 3. auf den 4. Januar, ist unklar. Fest steht nur, dass es in dieser Nacht am Rathaus zu einem ungewöhnlichen Feuer kam, das Spuren hinterlassen hat – am Gebäude und bei den Leuten im Ort. Die Bürgermeisterin sagt: "Rund um das Rathaus und die Kirchenburg ist alles dicht bebaut. Das ist voll mit 500 Jahre altem Holz. Das hätte alles abbrennen können."

Das Rathaus in Willanzheim steht inmitten eines eng bebauten Ortskerns. Der Tordurchgang führt zu den Kirchengaden.
Foto: Daniela Röllinger | Das Rathaus in Willanzheim steht inmitten eines eng bebauten Ortskerns. Der Tordurchgang führt zu den Kirchengaden.

Als ein Hausmeister am Nachmittag des 4. Januar auf dem Weg ins Rathaus ist, entdeckt er den Ruß an Wand und Decke des Treppenaufgangs. Am Boden eine verkohlte Fußmatte, ein Bewegungsmelder aus Plastik verschmort. Reifenscheid-Eckert kommt kurz darauf hinzu. Was ihr sofort auffällt: "Es hat beißend nach Rauch gerochen."

Im Dorf ist man sich sicher, dass es Brandstiftung war

Mit der hinzugerufenen Kitzinger Polizei versucht man die Vorgänge der vorangegangenen Nacht zu rekonstruieren. Vom "Brandfall eines Bewegungsmelders" ist anfangs die Rede, sogar von der Möglichkeit eines "technischen Defekts". Für die Bürgermeisterin und andere im Dorf steht zu dieser Zeit längst fest, dass es sich um einen Tatort handelt. Dass hier einer oder mehrere vorsätzlich gezündelt und – im wahren Wortsinn – mit dem Feuer gespielt haben. Mithilfe einer Spraydose soll der Bewegungsmelder entzündet worden sein, sie wurde im Bereich der Treppe gefunden und diente offenbar als Brandbeschleuniger.

Wer die Umgebung der Feuerstelle ausleuchtet, stößt auf zum Teil jahrhundertealte Bausubstanz: das Rathaus, die Kirchenburg, ein ehemaliges Gasthaus. Viel Holz, reichlich Fachwerk, alles alte Dachstühle, dankbare Nahrung für die Flammen, wenn sie es erst einmal bis dorthin geschafft haben. Selbst der Aufgang, in dem das Feuer ausbrach, ist mit Holz verkleidet, Treppe und Geländer bestehen ebenso aus Holz.

Spuren einer Brandnacht: Mit diesem Foto dokumentierte Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert die Schäden am Treppenaufgang des Rathauses.
Foto: Ingrid Reifenscheid-Eckert | Spuren einer Brandnacht: Mit diesem Foto dokumentierte Bürgermeisterin Ingrid Reifenscheid-Eckert die Schäden am Treppenaufgang des Rathauses.

Bei Aufnahme des Schadens stellte sich heraus, dass durch das Feuer mehrere Sicherungen und auch der FI-Schutzschalter im Sicherungskasten des Rathauses heraussprangen. Der FI-Schalter soll eigentlich helfen, Brände innerhalb des Stromkreises zu verhindern sowie Menschen und Gebäude zu schützen. Sein Ausfall hätte wohl dazu geführt, dass die Feuersirene auf dem Dach des Rathauses nicht ausgelöst hätte. So erzählt es Ingrid Reifenscheid-Eckert, die in dieser Sache noch immer unter Spannung steht.

Der Fall fügt sich in eine Reihe weiterer ungewöhnlicher Ereignisse

Inzwischen bezweifelt kaum noch jemand, dass es sich um Brandstiftung handelt. Aber wer hinter der Aktion stecken könnte, ist unklar. Der Ort, an dem das Feuer ausbrach, liegt eher verborgen hinter einem Torbogen. Hatten die Täter Ortskenntnisse? Die Bürgermeisterin ordnet den aktuellen Fall in eine Reihe rätselhafter Vorfälle ein, die alle im vergangenen Vierteljahr spielen. Ein gestohlenes Ortsschild an der Straße nach Tiefenstockheim, ein entwendetes Hinweisschild zur Kläranlage, kleinere Sachbeschädigungen in der Kirchenburg. Das alles habe man im Dorf bislang nicht gekannt.

Wer den Torbogen passiert, gelangt über  eine Treppe ins Obergeschoss des Rathauses. Der Aufgang ist nach dem Feuer Anfang Januar noch gesperrt.
Foto: Daniela Röllinger | Wer den Torbogen passiert, gelangt über  eine Treppe ins Obergeschoss des Rathauses. Der Aufgang ist nach dem Feuer Anfang Januar noch gesperrt.

Mit der Sache Anfang Januar aber war noch einmal eine neue Eskalationsstufe erreicht: ein mutwillig gelegtes Feuer in der Nacht in einem hochsensiblen und von außen kaum einsehbaren Bereich. "Das hätte ganz schnell außer Kontrolle geraten können", sagt einer, der sich mit den Örtlichkeiten auskennt.

An besagtem Tag zündeten Jugendliche im Ort Silvesterkracher

Der örtlichen Jugend kann und will die Sache niemand in die Schuhe schieben. Für sie legt die Bürgermeisterin sozusagen die Hand ins Feuer. "Wir haben hier keine Probleme mit unseren Jugendlichen", sagt sie. Kleinere Scharmützel aber gibt es "seit geraumer Zeit" offenbar mit einer Gruppe junger Leute von auswärts, die sich immer mal wieder im Willanzheimer Jugendhaus aufhalten und im Ort bekannt sind. So erzählt es einer, der mit der Situation vertraut ist und an besagtem Tag mitbekommen hat, wie Jugendliche Silvesterkracher im Ort gezündet und sich in der Nähe des Rathauses aufgehalten haben.

Ein Beweis, dass sie auch mit der nächtlichen Zündelei zu tun haben, ist das längst nicht. Nachbarn, die von der Polizei befragt wurden, haben in der fraglichen  Zeit zwischen Mittwoch, 3. Januar, 18 Uhr, und Donnerstag, 4. Januar, 15 Uhr, nichts Auffälliges beobachtet, und andere Zeugen sind bislang nicht aufgetaucht. Die Kitzinger Polizei hat vor Ort Spuren gesichert, die noch ausgewertet und an die Brandermittler der Kriminalpolizei weiterleitet werden. Bürgermeisterin Reifenscheid-Eckert sagt: "Die Rauchentwicklung war so erheblich. Der oder die Täter müssen rußverschmierte Kleidung gehabt haben."

 
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  • Klaus B. Fiederling
    Glück im Unglück für den Ort, warum findet man solche Täter-Schweine nicht sofort, Nacht- und Nebelaktion?
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