Die Chefin der unterfränkischen Agentur, die den Hilfspfleger Gregorsz W. im Jahr 2018 zu einem seiner späteren Mordopfer im Landkreis Kitzingen vermittelte, steht nicht länger unter Verdacht, als Zeugin vor Gericht gelogen zu haben. Das erfuhr diese Redaktion jetzt auf Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft München.
Der 38-jährige Gregorsz W. war im Oktober 2020 wegen dreifachen Mordes an ihm anvertrauten Senioren zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Ursprünglich waren sechs Mordfälle angeklagt, die Staatsanwaltschaft sah zum Schluss des Verfahrens aber nur drei als erwiesen an. In zwei weiteren Fällen ging die Anklagebehörde von versuchtem Mord aus, in drei Fällen von gefährlicher Körperverletzung.
Welche Rolle spielte die Vermittlungsagentur?
Im Prozess hatten Angehörige der Opfer auch die Frage gestellt, warum der vorbestrafte und für den Beruf völlig ungeeignete Mann trotz schlechtem Leumund immer wieder an Pflegebedürftige vermittelt wurde. Anfang 2018 war Gregorsz W. als kurzzeitige Urlaubsvertretung zu einem 84-jährigen Pflegebedürftigen im Landkreis Kitzingen vermittelt worden - den er nach drei Tagen durch die Gabe von Insulin tötete.
Als die eigentliche Pflegerin am Tag der Beerdigung in seinem Zimmer eine Spritzen-Verpackung und eine Schachtel des Medikaments fand, informierte sie nach eigener Aussage die Agenturchefin. Die verschickte Whatsapp-Nachricht und das Foto liegen der Redaktion vor. Die Vermittlerin soll die Pflegerin aber aufgefordert haben, die Beweisstücke wegzuwerfen und darüber zu schweigen. An seiner nächsten Pflegestelle in Ottobrunn (Lkr. München) tötete Gregorsz W. dann sein letztes
Opfer, ehe er gefasst wurde. Ein Prozess wegen des Verdachts der Strafvereitelung endete in
Kitzingen mit einem Freispruch für beide Frauen.
Im Februar wurde Anklage erhoben - und nun wieder zurückgenommen
Im darauf folgenden Mord-Prozesses in München geriet die Agenturchefin im Jahr 2019 unter Verdacht, es vor Gericht mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen. Im Februar sagte die Münchner Oberstaatsanwältin Anna Leiding auf Anfrage dieser Redaktion: Das Verfahren gegen die Agenturchefin sei abgeschlossen und "Anklage zum Amtsgericht erhoben worden".
Der nächste Schritt wäre die Zulassung der Anklage und die Terminierung eines Prozesses gewesen. Doch das Verfahren trat wegen Corona auf der Stelle. Überraschend teilte Staatsanwältin Juliane Grotz jetzt auf Nachfrage dieser Redaktion zu einem Prozess-Termin mit: "Die zunächst erhobene Anklage gegen die Beschuldigte wurde wieder zurückgenommen."
Verfahren wurde vor Kurzem eingestellt
Das Verfahren wurde laut der Pressesprecherin erst vor Kurzem mit Verfügung vom 3. Mai eingestellt, "da sich der Tatnachweis einer falschen uneidlichen Aussage nicht mit der erforderlichen Sicherheit führen ließ". Für die zunächst Verdächtige gilt die Unschuldsvermutung. Das Verfahren ist laut Staatsanwaltschaft München abgeschlossen.