zurück
Schwarzenau
Mit 4000 Volt gegen den Wolf: So können Schafe, Ziegen und Pferde geschützt werden
Sechs Schafe hat ein Wolf Mitte September in der Rhön getötet, zwei verletzt. Angeblich waren die Tiere nicht ausreichend geschützt. In Schwarzenau sieht man, wie es besser geht.
Auf dem Gelände des Staatsgutes Schwarzenau gibt es jetzt eine Demo-Anlage für wolfsabweisende Zäune. 
Foto: Thomas Obermeier | Auf dem Gelände des Staatsgutes Schwarzenau gibt es jetzt eine Demo-Anlage für wolfsabweisende Zäune. 
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 28.10.2024 02:36 Uhr

Die hölzerne Silhouette eines Wolfes steht hinter einem Zaun. Die Begrenzung ist mehrere Meter lang, endet dann abrupt. "Und damit haben wir eigentlich schon versagt", sagt Christine Reuter-Gottert. Die Fachberaterin des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kitzingen-Würzburg steht auf einer ehemaligen Pferdekoppel des Staatsgutes Schwarzenau. Dort wurde am 21. Oktober auf Initiative des AELF eine Demonstrationsanlage für wolfsabweisende Zäune eröffnet – die erste in Nordbayern und laut Behördenleiter Gerd Düll die umfangreichste der nun insgesamt fünf Anlagen in Bayern, denn in Schwarzenau geht es um den Schutz gleich mehrerer Tierarten: Schaf, Ziege und Pferd.

Der Schwarzenauer Staatsgut-Chef Thomas Schwarzmann und AELF-Behördenleiter Gerd Düll folgen den Ausführungen der beiden Fachberaterinnen Katharina Paskuy und Christine Reuter-Gottert.
Foto: Thomas Obermeier | Der Schwarzenauer Staatsgut-Chef Thomas Schwarzmann und AELF-Behördenleiter Gerd Düll folgen den Ausführungen der beiden Fachberaterinnen Katharina Paskuy und Christine Reuter-Gottert.

Um zu zeigen, welches Tier wie geschützt werden kann, stehen verschiedene Zäune auf der Fläche, mal fest verankert, mal mobil, unterschiedlich hoch, mal mit Litzen, mal mit Netzen. Weil es sich um eine Demo-Anlage handelt, auf der sich Tierhalter und alle anderen Interessierten informieren können, sind die Zäune nicht geschlossen. Auf der Weide wäre der Schutz damit dahin.

Denn während es früher darum ging, die Schafe, Ziegen und Pferde auf einer Fläche zu halten, steht jetzt im Fokus, dass kein Wolf dort hineinkommt. Und während ein Schaf beispielsweise einen Bach als unüberwindbares Hindernis anerkennt, macht der Wolf dort keinen Halt. Fehlt der Zaun, kommt er ungehindert auf die Weide. 

"Der Wolf muss lernen, nicht an den Zaun zu gehen", erklärt Christine Reuter-Gottert. Das lernt er durch Erfahrung: Kommt er mit dem unter Strom stehenden Zaun in Berührung, tut das weh. Er wird die Zäune meiden, und er wird sein Wissen an seine Nachkommen weitergeben. Mindestens 4000 Volt Spannung sind nötig, um den Wolf abzuschrecken. Kommt ein Mensch mit dem Zaun in Berührung, ist das auch für ihn unangenehm, aber gefährlich sei es nicht. Trotzdem müssen die Weidetierhalter mit Schildern auf die Stromführung hinweisen.

Auf der Schwarzenauer Demo-Anlage geht es um den Schutz gleich mehrerer Tierarten vor dem Wolf.
Foto: Thomas Obermeier | Auf der Schwarzenauer Demo-Anlage geht es um den Schutz gleich mehrerer Tierarten vor dem Wolf.

Entscheidend ist nicht nur die Spannung, sondern auch die Höhe des Zaunes. Mindestens 90 Zentimeter müssen es bei Schafen sein, am besten etwas mehr, falls der Zaun durchhängt. Wichtig ist aber auch der Abstand zum Boden. Die erste stromführende Barriere darf nicht höher als 20 Zentimeter über dem Boden sein. Klafft eine größere Lücke, schlängelt sich der Wolf darunter durch. "Und wir wissen aus Versuchen, dass Wölfe erst mal graben, bevor sie springen", informiert die Fachberaterin.

Knapp 90 Prozent der von Wölfen gerissenen Tiere sind Schafe und Ziegen

Kommt es zu Schäden, wird der Rissgutachter die Zäunung kontrollieren. Entspricht die Höhe dem Grundschutz? Eine Frage, an der die Entschädigung hängt. Um wie viele Fälle es geht, verdeutlicht ein Blick in die Statistik: Fast 4500 Tiere wurden 2022 in Deutschland von Wölfen gerissen, knapp 90 Prozent waren Schafe und Ziegen, sechs Prozent Rinder – meist Kälber – und vier Prozent Gehegewild.

Mit 4000 Volt gegen den Wolf: So können Schafe, Ziegen und Pferde geschützt werden

Genauso wichtig wie die Höhe ist, dass der Zaun immer unter Strom steht. Gefördert werden deshalb zwei Zäune, sodass der Tierhalter eine neue Weide rüsten kann, bevor er seine Herde holt. Die Zäune an der vorherigen Weide müssen unter Strom gehalten werden, bis sie abgebaut werden. Sonst verliere der Wolf den Respekt vor dem Zaun und damit der Schutz seine Wirkung.

Laut Förderrichtlinie "Investition Herdenschutz Wolf" des Freistaats Bayern beträgt die Förderung bei Investitionen in mobile Elektrozäune, elektrifizierte Festzäune oder mobile Ställe bis 100 Prozent der zuwendungsfähigen Aufwendungen.

Die Demo-Anlage zur Zäunung von Weideflächen in Schwarzenau ist rund um die Uhr für alle Interessierten geöffnet. Auf Infotafeln wird über Eigenschaften und Hersteller und teilweise auch Preise der verschiedenen Zäune informiert.
Foto: Thomas Obermeier | Die Demo-Anlage zur Zäunung von Weideflächen in Schwarzenau ist rund um die Uhr für alle Interessierten geöffnet.

Beim Grundschutz der Weidetiere sei der wolfsabweisende Zaun der erste Schritt, sagte Andreas Becker vom Bayerischen Landwirtschaftsministerium. Er sei das, was für die Tierhalter zumutbar sei. Einen vollständigen Schutz könne er aber nicht bieten.

Im schlimmsten Fall muss es die Möglichkeit geben, ein Problemtier zu töten

Vertreter von Behörden und Verbänden waren zur Eröffnung der neuen Demofläche zur wolfabweisenden Zäunung nach Schwarzenau gekommen.
Foto: Simon Vornberger / AELF Kitzingen-Würzburg | Vertreter von Behörden und Verbänden waren zur Eröffnung der neuen Demofläche zur wolfabweisenden Zäunung nach Schwarzenau gekommen.

Es gehe um eine Koexistenz der Wölfe und der Weidetiere, ein Miteinander der Wolfsschützer und der Landwirtschaft, machte Klemens Ross vom Landesverband Bayerischer Schafhalter deutlich. "Wir bemühen uns, die Weidetiere so zu sichern, dass der Wolf vorbeigehen kann." Wenn ein Wolf aber lerne, den Zaun zu überwinden, müsse es möglich sein, dieses Tier zu entnehmen. Das sei letztlich auch im Interesse der Wolfsschützer. "Der Wolf wird an Akzeptanz verlieren, je mehr Tiere er reißt."

In der ersten Version des Artikels fehlte der Hinweis auf die Förderung.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schwarzenau
Daniela Röllinger
Andreas Becker
Landwirtschaftsministerien
Schafe
Tierarten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Hans Schlunk
    Das könnte man in der rhön auch einsetzen. Da ist ja auch ein Zaun für Wanderschaft dabei. Da muss man ja nur achten das der Strom nicht Lehr wird,also regelmäßig schauen. Und ich kann mir vor stellen das es es viel Energie braucht. Das es da wieder habert.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ulrike Schneider
    Wie gefährlich ist dieser Zaun für andere Tiere?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Karl Heil
    SEHR..
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Besonders Hunde mit Herz Schwäche fallen reihenweise um 🤣😂🤣
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Doppelter Kommentar.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Eine Kleinigkeit wird hier nicht erwähnt: Der Wolf ernährt sich zu über 90 Prozent von Reh-, Rot- und Schwarzwild, deren ohnehin sehr hohe Bestände zum Teil in Deutschland weiter zunehmen.
    https://www.bmuv.de/faq/fressen-woelfe-nur-schafe-ziegen-und-kuehe
    Es wäre interessant, einmal die Schäden durch Wildverbiss mit denen durch Wolfsrisse gegenzurechnen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Herr Haas-Hyronimus. Mag sein, jedoch war das Wild schon immer da, der Wolf nicht. Finde den Fehler. Warum wohl. Die Personen, welche den Wolf haben wollen, möchten ihn doch bitte bei sich aufnehmen oder selbst eine Schafherde anschaffen. Dann werden sie sehen wie weit sich kommen. Fordern ohne selbst davon betroffen zu sein ist billig und dumm.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Marc Stürmer
    Falsch, der Wolf war schon immer da und wurde erst durch den Menschen ausgerottet!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hubert Endres
    Herr Stürmer. Dies würde ja im Umkehrschluss bedeuten, wenn der Wolf wieder kommt, müsste der Mensch wieder weichen ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans Schlunk
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    mindestens 90cm Höhe soll der Zaun sein, das beeindruckt aber so ein Wolf mächtig, der im Stand schon fast das doppelte überspringt. Man sollte immer das Problem an der Wurzel packen, alles andere ist sinnlos, erst wann das in den Köpfen angekommen ist, gibt es Hoffnung auf Besserung!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Jochen Freihold
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Hier werden Vergleiche gezogen - das ist unwürdig!!! 👎🏼
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Scherendorn
    @Freihold, sonst ist noch alles in Ordnung? Das Problem ist doch der Wolf, nicht der zu niedrige Zaun!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Welche Kosten der Weidetierhalter pro Hektar selbst aufbringen muss wird leider nicht erwähnt. Der Zaun wird mit wieviel % gefördert? Könnte das die Redaktion mal recherchieren? Und wie soll man den Wolf erkennen, der Zäune überwindet? Etwas weltfremd ist das schon! 🤔
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Daniela Röllinger
    Sehr geehrter Herr Ries,
    die Kosten für die Zäune variieren je nach Hersteller und Ausführung (fest, mobil, Tierart, Höhe, Tor...), deshalb haben wir keine Zahlen genannt. Die Förderung beträgt bis zu 100 Prozent - diese Information haben wir noch in den Artikel aufgenommen.
    Daniela Röllinger, Redaktion Kitzingen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Georg Ries
    Herzlichen Dank Frau Röllinger 👍
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten