Das Thema Geflüchtete ist auch während der Corona-Pandemie präsent. Im Jahr 2020 gab es laut Mediendienst Integration insgesamt 122 170 Asylanträge. Verschiedene Organisationen und Einrichtungen kümmern sich um die Betreuung der Schutzsuchenden. Auch Privatpersonen setzen sich ehrenamtlich in der Geflüchtetenhilfe ein. Hugo Kemmer aus Mainstockheim ist so jemand.
"Die Fernsehberichte zur Fluchtsituation vor ungefähr sieben Jahren sind mir sehr nahe gegangen. Da habe ich mir gedacht: Ich muss etwas tun", erklärt der 64-Jährige. Außerdem sei er aufgrund einer Krankheit nur bedingt arbeitsfähig und wollte seine freie Zeit sinnvoll nutzen. Er habe sich dann bei der Caritas in Kitzingen gemeldet und als Helfer registrieren lassen. So sei das Ganze ins Rollen gekommen und Kemmer unterstützte zunächst Geflüchtete bei Behördenangelegenheiten, der Wohnungs- und Jobsuche.
"Die Menschen taten mir in den teilweise ausweglosen Situationen leid", sagt er. Nach oftmals dramatischen Fluchtaktionen, würden manche ihnen dann auch noch mit Vorurteilen gegenübertreten. "Wenn ich Geflüchtete bei der Wohnungssuche unterstützt habe, hörte ich oft: 'Wir vermieten nicht an Ausländer'", berichtet Kemmer. Bei der Arbeitssuche sei das oft nicht anders.
Der Kontakt zu seinen Schützlingen bleibt
Nachdem seine Kinder aus der Einliegerwohnung im Haus auszogen, stand diese längere Zeit leer. "So kam ich auf die Idee, sie zur Verfügung zu stellen und an Geflüchtete zu vermieten", sagt der Rentner. Der erste Bewohner sei durch eine Bekannte ins Haus gekommen. Ein Student aus Syrien, der auch seine Frau nach Deutschland holen wollte.
Dieser Mann und seine Frau wohnen mittlerweile in Würzburg. Er studiert noch und sie arbeitet in einem Architekturbüro in Höchberg. "Es freut mich immer zu sehen, wenn die Menschen, denen ich helfe, Fuß fassen", merkt Kemmer an. Bis dahin blieben die meisten ungefähr zwei Jahre bei ihm. Auch heute stehe er noch in Kontakt mit den beiden.
Männer müssen Partnerin oft ungewollt zurücklassen
Mittlerweile habe sich ein kleines Helfernetzwerk gebildet und auch die Geflüchteten untereinander tauschten sich aus. "So stand die Wohnung in den vergangenen Jahren eigentlich nie leer", sagt Kemmer. Aktuell wohne das dritte Paar dort, insgesamt seit anderthalb Jahren. Die beiden kämen aus dem Iran. "Bei Nacht und Nebel mussten sie aus dem Land fliehen", erzählt er. Über mehrere Tage seien sie über die Türkei und Griechenland nach Deutschland gekommen.
Auch in diesem Fall sei zunächst nur der Mann nach Deutschland gekommen. "In der Regel dauert es sechs bis acht Wochen bis auch die Partnerin einreisen darf", weiß Kemmer. Er unterstütze dann bei allen Fragen und Angelegenheiten: Jobssuche, Behördengänge, Beschaffung von Autos und Fahrrädern. "Er ist ausgebildeter Schweißer und arbeitet jetzt bei Roth in Wiesenbronn", sagt Kemmer über seinen Schützling. Sie habe Pädagogik studiert. Eigentlich wollte er sie an einen Kindergarten vermitteln. Allerdings erwarte sie nun ihr erstes Kind und könne deswegen nicht arbeiten.
Steter Kampf gegen Vorurteile
"Normalerweise stehen meine Frau und ich in engem Austausch mit den aktuellen Mietern", freut sich Kemmer. Im Sommer werde regelmäßig gegrillt oder zusammen gekocht und einmal im Jahr lade er auch die Ehemaligen zu einem Treffen ein. "Durch Corona ist das jetzt nur eingeschränkt möglich und wir versuchen mehr Abstand zu halten", merkt er an. Vor allem auch, um die werdende Mutter nicht zu gefährden.
Auch in Zukunft will Kemmer seine Arbeit fortsetzen. "Vor allem das negative Bild, das in vielen Köpfen besteht, möchte ich ändern", sagt er. Das Vorurteil, dass Ausländer faul seien und nicht arbeiten wollten, stimme nicht. Deshalb ist sich Kemmer einer Sache sicher: "Solange es Geflüchtete gibt, werde ich mich auch engagieren."