
Von Geiselwind aus springt der Puma nach ganz Europa. Dort, wo die A 3 vor der Haustür verläuft und die A 7 und die A 81 nur einen Steinwurf entfernt sind, steht das zentrale Puma-Warenlager, das BLG Logistics im Auftrag des Sportartikel-Herstellers konzipiert hat und über viele Jahre betreiben will. Rund 41 Millionen Artikel mit der Raubkatze im Logo gehen dort jährlich ein und aus, seit das Zentrum im April 2021 an den Start ging.
Sie kommen meist aus Asien, wo Puma 90 Prozent dieser Ware produzieren lässt, landen per Schiffscontainer in Deutschland, rollen mit der Bahn nach Nürnberg und fahren die letzten Kilometer per Lastwagen nach Geiselwind. Dort setzt sich dann eine riesige Drehscheibe in Gang, die die Waren entpackt, sortiert, einlagert, später wieder zum Versand zusammenstellt, verpackt und schließlich europaweit verschickt.
Wenige Menschen, viele Maschinen, 22 Kilometer lange Förderbänder, aber vor allem unendlich viele Computer sorgen dafür, dass der Warenumschlag neben der Autobahn funktioniert. "Als das Zentrum geplant wurde, war das entscheidende Gewerk die IT", verdeutlicht Standort-Leiter Johannes Diem die Bedeutung der Computergehirne bei einer Führung für das IHK-Gremium Kitzingen. Aber auch die greifbaren Dimensionen innerhalb des Lagers erscheinen gigantisch.
Zwei Beispiele: 630.000 Kartons kann das Unternehmen BLG Logistics in seinen Hallen lagern. 90.000 Variationen gibt es von allen Puma-Artikeln zusammen. Sie unterscheiden sich in Modellen, Größen, Formen und Farben.
An 36 Toren kommen Lastwagen an oder fahren ab. Es gibt mehr Laderampen für den Warenaus- als für den -eingang. Der Grund: Diejenige Ware, die zur Einlagerung bestimmt ist, hat weniger Zeitdruck als diejenige, die sofort nach der Bestellung in den Versand geht.
Puma-Warenlager: Logistik ist längst ein globales Geschäft

Dass Logistik ein globales Geschäft ist, hört man nicht nur, wenn der Zentrumsleiter Johannes Diem die Betriebsabläufe erklärt: Ohne Englisch-Kenntnisse wird es bei den Fachbegriffen schnell unverständlich. Auch die Schilder sind auf Deutsch und Englisch verfasst und für die Lkw-Fahrer aus aller Herren Länder warten Anweisungen in nicht weniger als 53 Sprachen.
Doch wie findet jetzt ein Paar Schuhe mit dem aufgeprägten Puma vom Hersteller zum Käufer? Bei all der monströsen Technik in der scheinbar menschenleeren Halle, beginnt alles mit Handarbeit: Arbeiter entladen die Lastwagen und legen die unzähligen ankommenden Kartons aufs Förderband. Ein Strichcode markiert jeden Karton, der daraufhin durch ein dreidimensionales Labyrinth geschleust wird. Der Karton wird maschinell aufgeschnitten, die Ware – wieder von Hand – entpackt, dann maschinell kontrolliert, gewogen, vermessen, bevor sie eingelagert wird.
Zig Roboterfahrzeuge sortieren die Warenkartons ins Hochregallager ein. Auf die gesamte Länge des Logistikzentrums gesehen, kommt jeder Artikel vier Mal vor, so dass er bei Bedarf auf dem jeweils kürzesten Weg seinen Verpackungsstandort erreicht. Das Zusammenstellen der Ware für die Versandkartons übernimmt wieder ein Mensch. Tagein, tagaus: Ware von rechts aus dem Lagerkarton entnehmen, Ware nach links in den Versandkarton einlegen.
Im Logistikzentrum für Puma herrschen immer die gleichen Arbeitsbedingungen

An solchen Arbeitsplätzen herrscht immer die gleiche Temperatur, ist es beständig hell, läuft ständig das gleiche Hintergrundgeräusch der Förderbänder. Nur Sonne scheint dort nie. Sommer und Winter, Tag und Nacht spielen keine Rolle. Anders ist das bei den Packleuten an der Lkw-Rampe: Im Sommer hat es im Lastwagen-Innenraum schon mal 50 Grad, im Winter ist der Übergang zwischen Gebäude und Außenwelt eisig kalt.
Darauf reagiert das Unternehmen mit Multifunktionsarbeitsplätzen. Will heißen: Die Belegschaft ist für verschiedene Arbeitsstationen ausgebildet und rotiert immer wieder, so dass die Arbeit für den Einzelnen nicht zu einseitig und die Belastung nicht zu groß wird.
Ausbaufähig: Belieferung von Endkunden ist geplant

Das Geschäft mit den Sportartikeln folgt nicht nur den Gesetzen der Mode, sondern auch der Saison. Frühjahr-/Sommer-Ware hat ihre Zeit ebenso wie die Herbst-/Winter-Kollektion. Jeweils zum Saisonstart brummt es im Logistikzentrum wie in einem Bienenkorb. In drei Schichten versuchen dann Stammbelegschaft und Aushilfskräfte die hohen Warenein- und -ausgänge gemeinsam zu bewältigen.
Jetzt gerade herrscht Zwei-Schicht-Betrieb und der Bienenkorb scheint entvölkert zu sein. Der Grund für die Winterruhe: BLG Logistics liefert überwiegend an Groß- und Einzelhändler aus. Der Online-Versand an Endkunden ist noch im Aufbau. Wenn er Fahrt aufnimmt, werden andere Stoßzeiten dazukommen, wie jetzt zum Beispiel das Weihnachtsgeschäft.
Und das hat Folgen: "Dann wird ein Paar Schuhe in zwei Größen zur Anprobe bestellt, und ein Paar kommt wieder zurück," erklärt Diem. Kann also gut sein, dass künftig noch mehr Kartons ihre Runden im Logistikzentrum drehen – und auf den europäischen Autobahnen.
Bremer Lagerhaus-Gesellschaft
Mit fast 100 Standorten ist die BLG-Gruppe in Europa, Amerika, Afrika und Asien präsent. Schwerpunkte des Geschäfts sind die Bereiche Container- und Autotransporte. Dazu kommen Kontrakt-Dienstleistungen wie in Geiselwind, bei denen BLG zum Beispiel ein Warenlager für ein anderes Unternehmen betreibt.
Rund 20.000 Beschäftigte arbeiten weltweit, davon 12.000 in Deutschland, für die BLG-Gruppe, die zuletzt einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Am Standort Geiselwind arbeiten in Hochzeiten bis zu 250 Beschäftigte. Das Logistikzentrum mit seiner Fläche von 43.000 Quadratmetern auf zwei Ebenen kostete rund 200 Millionen Euro, die Hälfte davon allein die Technik. Im Gewerbegebiet ConneKT in Kitzingen hat BLG einen weiteren Ableger.