
Christoph Mahr würde gerne in der Stadt leben und eine Ausbildung zum Bürokaufmann oder Verwaltungsfachangestellten machen. Im September vergangenen Jahres schloss er die Realschule mit einem Schnitt von 1,8 ab. Seitdem hat er sich auf 15 Praktikumsstellen und vier Ausbildungsplätze beworben. Zwar hat er einige Praktika machen können. Zu einem Vorstellungsgespräch für eine Ausbildung ist er aber bislang nicht eingeladen worden – und das obwohl er sehr gute Noten hat.
Kürzlich hat er ein Praktikum bei einem großen Unternehmen gemacht. Es sei sehr zufrieden mit ihm gewesen. Doch auf die Bewerbung für einen Ausbildungsplatz kam nach drei Wochen eine Absage: "Sie sagten, es liege nicht an seinen Fähigkeiten, sondern an der Vielzahl von Bewerbungen, weshalb sie sich für andere Kandidaten entschieden hätten", sagt Vater Ludwig Mahr. So richtig glauben will er es nicht. "Leider geben ihm die Betriebe nicht die Chance, sich persönlich vorzustellen. Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern entsetzt darüber. Sollte nicht auch bei einer Ausbildung die Inklusion behinderter Menschen im Vordergrund stehen?", fragt seine Mutter Barbara Mahr.
Der 18-jährige Christoph Mahr hat das Asperger-Syndrom. Jedes Mal, wenn er sich auf ein Praktikum oder einen Ausbildungsplatz bewirbt, schickt er einen Flyer vom Caritas-Don Bosco-Bildungszentrum mit. Darin stehen Hinweise, die Arbeitgeber im Umgang mit Menschen mit Autismus beachten müssen: "Erwartungen klar und deutlich formulieren, Smalltalk nicht erzwingen, E-Mail statt Telefon, Reizüberflutung vorbeugen." So kann sich der Betrieb informieren und vorbereiten.
Menschen mit Autismus fällt es schwer, den Blickkontakt zu halten
Familie Mahr ist es wichtig, ihre Mitmenschen über Autismus aufzuklären, um Vorurteilen entgegenzuwirken. Viele haben laut Barbara Mahr ein falsches Bild vom Syndrom, etwa wenn sie glauben, Betroffene wären aggressiv oder unsozial. Diesen Eindruck macht Christoph Mahr keineswegs: Bei einem Besuch begrüßt er mit kurzem und festem Handschlag. Er wirkt dabei freundlich und neugierig.

Obwohl es ihm schwerfällt, Menschen länger in die Augen zu schauen, bemüht er sich darum, sagt er. Dass er das heute kann, liegt vor allem am "sozialen Kompetenztraining", das Christoph Mahr seit drei Jahren macht. Dabei habe er unter anderem gelernt, den Blickkontakt zu halten und bei Feierlichkeiten mit am Tisch zu sitzen; auch wenn er meist "nur etwas trinkt und isst und dann wieder in sein Zimmer geht", sagt Mutter Barbara Mahr.
Aus Sicht der Eltern fördern Ämter oft nur das Nötigste bei Menschen mit Autismus
Die Vorgeschichte: Nachdem eine Kinderpsychologin 2011 bei Christoph Mahr Asperger-Autismus diagnostiziert hatte, empfahl sie seinen Eltern, ihn in eine Förderschule zu schicken. Diese ist auf die Bedürfnisse von Autisten ausgelegt. Die Familie ist heute sehr dankbar dafür, dass ihr Sohn einen Platz in der Dr.-Karl-Kroiß-Schule in Würzburg – mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation – bekommen hat.
"Mit der Schule waren wir immer zufrieden", sagt Barbara Mahr, "aber die Ämter machten uns oft Probleme. Nur was absolut nötig ist, wird gefördert." So habe sie zunächst nicht gewusst, dass ihrem Sohn eine Schulbegleitung zusteht. Erst über die Kinderpsychologin haben sie erfahren, dass er Anspruch darauf hat: "2011 habe ich beim Jugendamt nachgefragt. Die wussten nicht, wovon ich rede. Wir mussten die Schulbegleitung dann bei uns einstellen. Die Kosten dafür wurden größtenteils vom Jugendamt getragen". Erst 2013 habe das Jugendamt der Familie bewilligt, bei einem karitativen Träger einen Antrag auf Schulbegleitung zu stellen.
Mit der Diagnose sei die Familie von Anfang an offen umgegangen: "Als wir vor acht Jahren nach Gräfenneuses gezogen sind, haben wir der ganzen Nachbarschaft gesagt, dass Christoph Asperger-Autist ist", erzählt Ludwig Mahr. Gerade weil auf Außenstehende manches befremdlich wirke, sei es wichtig, sie aufzuklären: "Was für uns normal ist, kann für andere verwirrend sein. Etwa wenn man Christoph klare und kurze Anweisungen gibt, statt ihn umschweifig um etwas zu bitten." Die Kommunikation dürfe nicht verschlüsselt sein. Auch Witze und Ironie verstehe er nicht.
Im Büromanagement fühlt sich Christoph Mahr am wohlsten
Durch zahlreiche Praktika in verschiedenen Bereichen hat Christoph Mahr herausgefunden, was zu ihm passt: "Ich war schon in der Buchhaltung und im Marketing. Außerdem habe ich ein Praktikum als Industriekaufmann gemacht. Es war interessant, aber im Büromanagement fühle ich mich am wohlsten", sagt er. "Allerdings", fügt Barbara Mahr hinzu, "könnte er niemals in einem Großraumbüro arbeiten." Der Geräuschpegel und die Hektik würden ihm das Arbeiten erschweren. Er brauche einen Arbeitsplatz in ruhiger Atmosphäre, an dem er strukturiert arbeiten kann.
Im Grunde, sagt Ludwig Mahr, müsse der Arbeitgeber nur eine Handvoll Dinge beachten, um Christoph ein gutes Arbeitsumfeld zu schaffen: "Wichtig ist vor allem, ihm klare Arbeitsanweisungen zu geben." Unter guten Bedingungen sei sein Sohn ein sehr zuverlässiger und ehrlicher Mitarbeiter: "Autisten sind sehr genau und können nicht lügen." Und er fügt lachend hinzu: "Selbst Dialekt spricht er nicht, weil alles seine Richtigkeit haben soll."
Asperger -Autimsmus
Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und eingeschränkte Kommunikationsfähigkeiten, was unter anderem daran liegt, dass sie nicht-sprachliche Zeichen wie Mimik oder Gestik bei anderen schwer oder gar nicht deuten können.
Wenn ihn die Ausbildungsbetriebe mit seinem guten Realschulabschluss aktuell noch nicht wollen, muss er sich so lange weiterbilden, bis sie keine andere Wahl mehr haben, als ihn einzustellen ..
Ein Notenschnitt von 1,8 ist zwar beachtlich, aber gerade in den Berufen in denen man sich nicht schmutzig macht drängeln sich manches Mal noch die (sehr guten) Bewerber.
Jedenfalls wünsche ich dem jungen Mann schnellstmöglich einen passenden Ausbildungsplatz. In Zeiten des demografischen Wandels läuft die Zeit jedenfalls er für als gegen ihn.
wenns dann aber mal wirklich drauf ankommt
dann waren die Sprüche
leider nur heiße Luft
Generell ist der Beruf gerade - wie gewünscht - in kleinen Betrieben nur mit Kundenkontakt z.B. telefonisch möglich. Der junge Mann sollte sich entsprechend umorientieren.