
Wie es sich anfühlt, wenn 400 Jahre Geschichte enden, musste Dettelbach 2017 schmerzlich erfahren: Die Franziskaner gaben ihr Kloster auf. 1616 bis 1620 von Fürstbischof Julius Echter erbaut, stand es wie hingemeißelt da. Nur einmal, während des Dreißigjährigen Krieges, wurden Wallfahrtskirche und Kloster von den Truppen des Schwedenkönigs Gustav Adolf geplündert, die Patres mussten fliehen.
Das Ende kam geradezu profan daher: Der Mangel an Nachwuchs zwang die Gemeinschaft letztlich in die Knie. Bis zu 40 Ordensbrüder gehörten der Gemeinschaft einstmals an. Zum Schluss wurden die verbliebenen und in die Jahre gekommenen fünf Patres auf andere Franziskaner-Häuser verteilt. Erschwerend kam hinzu, dass die Stelle des leitenden Pfarrers nicht mehr besetzt werden konnte. Der Franziskanerorden verkaufte sein Kloster an die Diözese Würzburg. Im März 2020 dann der letzte Akt: Die Bibliothek mit einem einzigartigen Buchbestand wurde aufgelöst.
So traurig das Ende dieses Kapitels war, so traurig ist auch der Zustand des Klosters. Abgestempelt als "sanierungsbedürftige Immobilie", wartet die Renaissance-Anlage darauf, wiederbelebt zu werden. Aber genau weil vieles baufällig und sanierungsbedürftig ist, scheiterten bisher einige gut gemeinte Ideen: Eine Nutzung als Archiv und Bibliothek schied wegen des schlechten Bauzustandes aus. Die Idee von einem betreuten Wohnen kam ebenfalls nicht richtig voran.
Was unterdessen weiterhin gut lief, waren Pilgerfahrten zur nebenan liegenden Wallfahrtskirche „Maria im Sand“, die jedes Jahr viele Gläubige anziehen. Ihre Bedeutung ist seit jeher groß: Als etwa der spätere habsburgische Kaiser Ferdinand III. die Schweden 1634 in der Schlacht bei Nördlingen besiegte, lud er die katholischen Fürsten nach Dettelbach ein, um mit ihnen in der Wallfahrtskirche Maria im Sand einen Dankgottesdienst für den Sieg über Gustav Adolf zu feiern.
Im Dämmerzustand
Die entscheidende Frage, wie es mit dem Klostergebäude weiter geht, dämmerte die vergangenen Jahre vor sich hin – und soll nun endlich beantwortet werden. Die Stadt Dettelbach steht deshalb im Austausch mit der Diözese Würzburg. Die hat laut Bürgermeister Matthias Bielek inzwischen signalisiert: Es gibt derzeit ernstzunehmende Interessenten. "Wir sind als Stadt natürlich interessiert, dass das Kloster wieder belebt wird", so der Bürgermeister auf Anfrage.
Wobei auch klar sei: Für die Folgenutzung komme nicht alles in Frage. Was immer passiert – es sollte sich ein Stück weit der Geschichte und dem Umfeld mit der Wallfahrtskirche anpassen. "Ein Investor im Sinne des Stadtrates" wäre deshalb der große Wunsch. Und wie dieses "im Sinne" konkret aussehen könnte, verrät Bielek auch: Eine mögliche Tagespflege-Einrichtung wäre für ihn ebenso sinnvoll wie beispielsweise ein Seniorenzentrum.
Wer küsst die Anlage wach?
Sollte es Pläne geben, die in eine ganz andere Richtung gehen oder sich kein Investor mit Sinn fürs Machbare finden, kann sich Bielek auch eine ganz andere Strategie vorstellen: Die Stadt könne "grundsätzlich auch als Käufer auftreten", bringt er eine bisher noch nicht ins Auge gefasste Variante ins Spiel.
Der Vorteil: Man habe den Gang der Dinge in der Hand, sei handlungsfähig und könne sich einen Investor aussuchen. Das ehemalige Kloster habe eine zu große Bedeutung, als dass es zum Spielball für was auch immer werden dürfe, so der Bürgermeister. Wenn also in absehbarer Zeit das Kloster wachgeküsst wird, könnte auch Dettelbach die Lippen spitzen.
Anfang dieser Woche fand deshalb ein offenes Sondierungsgespräch zwischen Verantwortlichen der Diözese Würzburg, Landrätin Tamara Bischof und Matthias Bielek statt. Dabei wurde noch einmal die Bedeutung des Klosterareals für die Dettelbacher hervorgehoben. Die Menschen vor Ort empfinden, "dass es ihr Kloster ist“, betonte Bischof. Und Bielek hob das Ziel der Stadt hervor: "Wir wollen es gemeinsam ermöglichen, dass das Kloster ein belebter und zugänglicher Ort für die Bevölkerung wird." Dieses Beleben könnte schon bald so weit sein: Ein zeitnaher Verkauf sei durchaus denkbar, ließ die Diözese bei dem Gespräch durchblicken.