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Kommentar zur Kitzinger Wohnungspolitik: So viel soziale Kälte frappiert
Investoren in Kitzingen auf mehr bezahlbaren Wohnraum festlegen? Mit uns doch nicht, sagt der Stadtrat. Was für ein Armutszeugnis! Aber das ist noch nicht mal das Schlimmste.
In der Kitzinger Siedlung schafft die Stadt zwar derzeit sozialen Wohnraum, aber nur als Ersatz für den bisherigen.
Foto: Julia Lucia | In der Kitzinger Siedlung schafft die Stadt zwar derzeit sozialen Wohnraum, aber nur als Ersatz für den bisherigen.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:50 Uhr

Die Stärke einer Stadt zeigt sich am Umgang mit den Schwachen. Insofern war es kein guter Tag für Kitzingen: Es wird – das hat der Stadtrat vergangenen Donnerstag mit breiter Mehrheit entschieden – bei größeren Projekten privater Investoren keine Quote für sozialen Wohnungsbau geben. Bezahlbarer Wohnraum bleibt in Kitzingen also auch künftig Glückssache, denn wenn eines klar ist, dann das: Der Stadt fehlen auf absehbarer Zeit die Mittel und mehr noch die Grundstücke, um sich selbst um Sozialwohnungsbau zu kümmern.

Es wäre deshalb nur recht und billig gewesen, diese Aufgabe zumindest ein Stück weit privaten Investoren zu übertragen – so wie es im Übrigen vor drei Jahren schon die Stadt Würzburg getan hat, ohne dass seither die Investoren einen Bogen um die Stadt machten. Noch nicht einmal auf eine Quote von 20 Prozent konnte sich die Front der Verweigerer verständigen – was für ein Armutszeugnis!

Nur wer sein Tun erklärt, macht Politik nachvollziehbar

Aber das wäre noch gar nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, dass es die Phalanx der Neinsager – mit einer Ausnahme – noch nicht einmal für nötig hielt, ihre Entscheidung zu begründen. Zur Politik gehört, sein Tun zu reflektieren und sein Handeln zu erklären. Nur so nimmt man Menschen mit, nur so wird Politik nachvollziehbar. Wer jeden Kompromiss ablehnt, wer jede Brücke umgeht, die man ihm baut, hat moderne Politik nicht verstanden.

Die schweigende Mehrheit hat am Schluss einfach den Daumen gesenkt und damit einmal mehr ein trauriges Bild abgegeben. Es waren zum allergrößten Teil dieselben Leute, die zwei Wochen zuvor das allenfalls schemenhaft erkennbare mutmaßliche Luxusprojekt am Schützenhausgelände quasi im Vorbeigehen durchgewunken haben.

Viele, nicht alle, im Stadtrat haben nach den gehobenen Wohnbauprojekten der jüngsten Zeit offenbar das Gefühl für Maß und Mitte verloren. Für diese Gleichgültigkeit hat Grünen-Fraktionschefin Andrea Schmidt treffende Worte gefunden: Bei so viel sozialer Kälte fröstelt einen.

 
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  • elkatvelo@t-online.de
    den "unbekannten Investoren" umgangsmässig gesagt den "Kapitalisten" öffnet man in Kitzingen Tür und Tor und für die "Armen" gibt es keine Unterstützung ????
    Hauptsache den Betuchten schafft man bevorzugten Wohnraum, z. B. am Baywa-Gelände am main.

    Ich kenne sehr gut einen pensionierten Studiendirektor ( also sicher nicht Hartz-4 gefährdet), der sich am Baywa-Gelände eine Wohnung kaufen wollte. Im "kurzen" Verkaufsgespräch am Telefon wurde ihm "nahegebracht", dass man hier mehr Klientel, wie Ärzte, gut Betuchte Geschäftsinhaber etc etc. bedienen möchte und keine Leute in derem Umfeld haben wolle, die auf Kredite (die mein Bekannter bei dem Telefonat erwähnte) angewiesen sind, um sich sowas leisten zu können ????
    Armes Kitzingen
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