
In Kitzingen machten die Gerüchte seit Monaten immer wieder die Runde: Die Traditionsbäckerei Will, seit 1851 in Kitzingen aktiv, ist pleite. Tatsächlich gibt es zwar hohe finanzielle Belastungen, doch der Betrieb lief weiter. Ende April kam der erste Warnschuss: Die Bäckerei war mit den Zahlungen ihrer Sozialabgaben bei einer Krankenkasse in Rückstand geraten. Die Krankenkasse zog die Notbremse und stellte einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Würzburg, obwohl die Bäckerei inzwischen längst die Nachzahlung veranlasst hatte. Immerhin nahm die Krankenkasse den Insolvenzantrag umgehend zurück. Das erklärte Inhaber Marcus Will der Redaktion kürzlich auf Anfrage.
Will steht bei mehreren Gläubigern in der Kreide
Doch das ist nicht das einzige Problem für das Handwerksunternehmen: Es steht bei mehreren Gläubigern in der Kreide. Deshalb nahm sich Marcus Will nun eine Rechtsanwaltskanzlei zur Hilfe, um die Betriebssituation objektiv zu durchleuchten. Der Rat des Anwalts: Insolvenz anmelden. Das tat Will dann auch am vergangenen Mittwoch. So berichtet es der vom Amtsgericht eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter, Stefan Herrmann (Würzburg).
Marcus Will habe ihm gegenüber die Misere erklärt, erzählt Herrmann. Zwei wesentliche Ursachen sind aus Sicht des Insolvenzverwalters erkennbar: Zum einen musste der aktuelle Besitzer, als er im Jahr 2007 den Betrieb übernahm, die Vorgängergeneration finanziell auslösen, eine nicht unerhebliche Belastung. Zum anderen hat Marcus Will 2017 im Innopark "für einen Haufen Geld" eine komplett neue Produktionsstätte errichtet. Die Redaktion berichtete damals von einer hohen sechsstelligen Summe. Diese habe Will über Kredite finanziert und überdies sei er auf diesem Gelände nur Mieter, so dass er die Tilgung und die Pacht bedienen müsse, sagt Herrmann.
Dieser Neubau habe sich seither nicht in dem Maß amortisiert, wie Will es erwartet habe, ergänzt der Insolvenzverwalter. Zwar laufe der Betrieb gut, doch könnten die angehäuften Verbindlichkeiten nur schwer bedient werden. So summierten sich schließlich die Außenstände so weit, dass Will Ende April die Löhne seiner Mitarbeiter wohl nicht mehr hätte bezahlen können.
Drei Monate Insolvenzgeld
Mit der Anmeldung der Insolvenz gibt es nun für die Monate April, Mai und Juni Insolvenzgeld über die Agentur für Arbeit. Das verschafft der Familie Will und dem vorläufigen Insolvenzverwalter Luft, nach Alternativen zu suchen. Der Betrieb kann also weiterlaufen. Ob er in Hand der Familie bleibt, Teile veräußert werden oder es einen Schuldenschnitt geben wird, das alles kann Herrmann jetzt noch nicht sagen.
Von der Pleite sind 57 Mitarbeiter betroffen: 33 im Verkauf, 14 in der Produktion, sechs Reinigungskräfte, drei Ausfahrer und eine Verwaltungskraft. Die Bäckerei betreibt sechs Verkaufsstellen. Neben dem Stammsitz in der Kitzinger Rosenstraße 2 sind das Filialen in der Kitzinger Siedlung und im Rewe-Markt Kitzingen sowie in Sommerhausen, Hüttenheim und im Rewe-Markt Wiesentheid. Dazu kommen laut Herrmann Lieferverträge mit Behörden und Schulen.