Man weiß nicht, wie viele Bilder existieren, es müssen Millionen sein – und bekäme die Stadt für jede Aufnahme Tantiemen, sie hätte wohl schon goldene Bordsteine. Das Rödelseer Tor ist auch 550 Jahre nach seiner Erbauung Iphofens beliebtestes Fotomotiv und hat es längst ins Online-Lexikon Wikipedia geschafft.
Heerscharen von Feinden hat es getrotzt mit seiner Wehrhaftigkeit, Generationen von Gästen hat es empfangen mit seiner Anmut. Es steht einfach da und zeigt sich rundherum von seiner besten Seite. Aber folgt man der jüngsten Debatte im Stadtrat, dann könnte und sollte die Stadt noch mehr dafür tun, es in besseres Licht zu rücken. Die Frage ist: Wie lässt sich dieses Prachtstück der Fachwerkkunst noch effektvoller inszenieren?
Der Dienstälteste des Stadtrats, Otto Kolesch, hat darüber in der vergangenen Sitzung eine Diskussion angezettelt, die so nicht vorgesehen war. Man sprach über die staubigen Parkplätze in unmittelbarer Nähe des Tores – und landete schließlich bei dem Bauwerk selbst. Das Rödelseer Tor sei in Iphofen das "Denkmal Nummer 1". Kolesch glaubt, es ziehe als Touristenattraktion "noch mehr als der Wein", und stellte die kühne These auf: "Den Schwanberg kennt hinter Würzburg keiner mehr."
Der Bereich rund um das Rödelseer Tor - eine "Schande"?
Deswegen reiche es nicht, jetzt nur die Parkplätze ins Visier zu nehmen. Der ganze Bereich müsse "städtebaulich überplant" werden, damit schon die Zufahrt auf dieses Wahrzeichen zum Erlebnis wird. Die aktuelle Situation? Für Kolesch, den Freund klarer Worte, eine "Schande". Er rät zu drastischen Maßnahmen: das Tor prominent freistellen und gar keinen Verkehr mehr durchlassen – so wie es andere Städte vormachen: Lübeck mit dem Holstentor, Trier mit der Porta Nigra, Berlin mit dem Brandenburger Tor. Kolesch bringt es auf diesen Nenner: "Wir brauchen jetzt den großen Wurf, das ist alles viel zu kleinteilig."
Bürgermeister Dieter Lenzer wehrt sich nicht dagegen, das Thema größer zu sehen, wohl aber gegen die Zuspitzung. "Dass wir den Bereich verbessern können, ist klar. Aber eine Schande? Da gibt es andere Flecken." Lenzer stört sich vor allem an Koleschs Idee der "Quartiersgaragen" im weiteren Umfeld des Rödelseer Tores. Das passe nicht zusammen. Für Kolesch dagegen könnten sie die Parksituation in der Altstadt entschärfen und sowohl Anwohnern als auch Radfahrern Platz bieten.
Lenzer will den Umbau des Schotterparkplatzes rechts des Rödelseer Tors – im Sommer Staubwüste, im Winter Matschlandschaft – jetzt zügig vorantreiben. Von Stadtplaner Franz Ullrich liegen dazu drei Entwürfe auf dem Tisch. Favorit ist die Lösung mit einem Steg über den Herrengraben auf Höhe des Bürgerturms. So ein Steg sei "nicht billig", sagt Ullrich – im Raum stehen mindestens 120.000 Euro. Doch er sei die "sicherste und attraktivste Variante", um den Verkehr für alle Beteiligten zu entzerren.
Fußgänger, Schulkinder und Radfahrer könnten den Übergang nutzen und müssten dann nicht mehr den gefährlichen Weg bis vor das Tor nehmen. Außerdem müsse man dann nicht in den Hang am Herrengraben eingreifen. Bis zu 30 befestigte Parkplätze könnten auf diese Weise entstehen.
Am Rödelseer Tor soll es jetzt eine Einbahnstraße auf Probe geben
Für den Stadtrat ist klar: Die Lösung mit dem Steg ist gut und sollte weiterverfolgt werden. Im nächsten Schritt gehe es dann um die Gestaltung rund um das prominente Tor. Von dort bis zur Karl-Knauf-Halle fordert Stadträtin Peggy Knauer Tempo 30 auf der Schützenstraße. Eine Einbahnstraßenregelung aus der Altstadt heraus zum Rödelseer Tor regt Sebastian Muth an. Wenn man nicht mehr durch das Tor in die Altstadt fahren könne, so mutmaßt Dritter Bürgermeister Jörg Schanow, würden die Leute vielleicht stärker den Parkplatz an der Karl-Knauf-Halle nutzen und von dort in die Stadt laufen.
Die Sache mit der Einbahnstraße will die Stadt jetzt testen. So bleibt die zum Winzerfest am Wochenende angeordnete Sperrung stadteinwärts auch für die Zeit danach erst mal bestehen – zunächst für vier Wochen.