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Kitzingen
Gericht: Kollegin des "Todespflegers" schöpfte in Wiesenbronn verdacht
Ein Hilfspfleger schockiert Patienten und Angehörige: Er soll sechs Morde auf dem Gewissen haben. Ein Fall ereignete sich in Wiesenbronn. Jetzt stand die Kollegin vor Gericht.
Mit Insulinspritzen soll ein Pfleger mehrere Patienten getötet haben. 
Foto: Karl-Josef Hildenbrand | Mit Insulinspritzen soll ein Pfleger mehrere Patienten getötet haben. 
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 13.02.2024 16:50 Uhr

Der Prozess gegen den mutmaßlichen "Todespfleger", dem sechs Morde und drei Mordversuche mit Hilfe von Insulinspritzen vorgeworfen werden, läuft derzeit in München. Weil unter den möglichen Opfern des polnischen Hilfspfegers, der auch in Unterfranken arbeitete, auch ein Mann aus Wiesenbronn war, beschäftigte die Mordserie jetzt zusätzlich das Amtsgericht in Kitzingen.

Dort mussten sich die 53-jährige Chefin der polnischen Pflegeagentur, die den 38-Jährigen nach Wiesenbronn geschickt hatte, und eine 43 Jahre alte Kollegin wegen Strafvereitelung verantworten. Der Vorwurf: Die beiden hätten die Ermittlungen verzögert, weil sie nicht gleich nach dem Tod des Wiesenbronner Pflegepatienten Aussagen machten und mögliche Beweismittel vernichteten. Zu beweisen war das allerdings nicht. "Ich kann den Tatnachweis nicht führen", sagte die Staatsanwältin schließlich nach einer Stunde Verhandlung.

Hilfspfleger sprang in Wiesenbronn ein

Klar war am Ende: Eine Pflegerin betreute Anfang 2018 den Patienten rund um die Uhr. Am 10. Januar ging sie für drei Wochen in Urlaub und der angeklagte Hilfspfleger übernahm kurzfristig die Arbeit. Eine Woche später war der 84-Jährige tot. Die Münchner Mordkommission sprach später im Zuge ihrer Ermittlungen davon, dass eine natürliche Todesursache ausgeschlossen werden könne. Es habe "Auffälligkeiten" gegeben, die einen dringenden Tatverdacht begründeten.

Zur Beerdigung des Verstorbenen reiste die 43-jährige Pflegerin aus Polen an. Bei der Übernachtung in ihrem ehemaligen Zimmer, das auch von ihrem Kollegen genutzt worden war, fand sie Medikamente und leere Ampullen. Weil sie ein "mulmiges Gefühl" hatte, informierte sie ihre Chefin. Die empfahl, die Sache zu vergessen und die Medikamente zu entsorgen, was dann auch passierte.

Nach Ansicht der Anklage waren der Chefin die Informationen und der Fund der Pflegerin gleichgültig. "Ihr ging es darum, Schaden von ihrem Pflegeunternehmen fernzuhalten", fasste die Staatsanwältin zusammen. Erst bei der Vernehmung der Pflegerin im März, nachdem die Ermittlungen in der Mordserie angelaufen waren, wurden die Vorgänge in Wiesenbronn bekannt. Durch das Verhalten der beiden Frauen seien die Ermittlungen zwei Monate verzögert worden. Für die Anklage war das Strafvereitelung und Anstiftung dazu.

Pflegerin hatte "mulmiges Gefühl"

Wie sich zeigte, war das aber so eindeutig nicht. Entscheidend war der Zeitpunkt: Ende Januar 2018 war noch nichts von den Morden bekannt.  Unklar blieb auch nach der Prüfung zahlreicher Chatverläufe, wann und wie genau die Chefin informiert wurde. Die hielt offenbar alles für ein Hirngespinst. Unklar blieb auch, wann das "mulmige Gefühl" der Pflegerin zu einem Verdacht wurde, den man hätte mitteilen müssen. "Ende Januar war Polizei kein Thema", sagte die Pflegerin jedenfalls. Und dass die Chefin die gefundenen Medikamente für das Eigentum des Hilfspflegers hielt und keinen Zusammenhang mit dem Tod des gepflegten Mannes sah, war auch nicht auszuschließen.

Nachdem  der Rechtsanwalt der 53-Jährigen dreimal die Einstellung des Verfahrens angeregt hatte, sah auch die Staatsanwältin keine andere Möglichkeit. Richterin Patricia Finkenberger stimmte dem zu. Lob erntete sie dafür nicht. Angehörige des Verstorbenen kommentierten die Einstellung mit Unverständnis: "Unfassbar", sagte ein naher Verwandter.

Er  monierte, dass belastende Chatverläufe, die im Münchner Prozess wohl noch eine Rolle spielen werden, in Kitzingen nicht zur Sprache gekommen seien.  Und er zeigte sich überzeugt, dass bei einer früheren Aussage der Frauen mindestens ein weiterer Toter hätte vermieden werden können. Zu beweisen ist das allerdings nicht.

 
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