Das Paket ist so schwer, dass ein Mann allein es nur mit Mühe hochheben kann. Außerdem so groß und so rund wie ein Wagenrad. Drin steckt aber ganz was anderes – angeblich. „Da, schauen Sie, ,Books' steht drauf“, sagt Larry Gadumer, Postabfertigungsbeamter beim Zollamt Dettelbach.
Von Paketen, die Zusteller nicht ausliefern wollen
Am Beispiel dieses Pakets, bei dem man fühlen kann, dass es definitiv keine Bücher, sondern wohl ein Autoersatzteil enthält, erklärt Larry Gadumer, warum Pakete beim Zoll landen anstatt beim Adressaten. Das Wagenrad-Paket etwa wog so viel, dass der Zusteller sich weigerte, es in den vierten Stock eines Wohnhauses zu tragen. „Auch war ja erkennbar die Zollinhaltserklärung falsch“, sagt Gadumer. Pakete aus dem nicht-europäischen Ausland brauchen Zollinhaltserklärungen; diese müssen außen auf dem Paket kleben. Darin muss genau stehen, was sich im Paket befindet und eine Rechnung muss auch dabei sein.
1000 Pakete „mit Klärungsbedarf“ im Monat
Fehlen auf Auslandspaketen die Rechnung und die Zollinhaltserklärung oder sind diese Dokumente ungenau, falsch oder nicht entzifferbar, leitet die Deutsche Post die Pakete an den Zoll weiter. Und zwar an jenes Zollamt, das für den Wohnort des Empfängers zuständig ist. Allein im Zollamt Dettelbach landen im Monat rund 1000 Pakete „mit Klärungsbedarf“, wie es Pressesprecherin Tanja Manger formuliert. Rund 5000 Pakete monatlich sammeln sich im gesamten Bereich des Hauptzollamts Schweinfurt, das mit seinen insgesamt sechs Zweigstellen in Dettelbach, Aschaffenburg, Schweinfurt, Coburg, Bayreuth und Bamberg für Unterfranken und Oberfranken zuständig ist.
Was tun bei chinesischen Aufschriften?
„80 Prozent der Pakete, die bei uns landen, kommen aus China. Das dürften meistens Internetbestellungen sein“, sagt Pressesprecherin Manger. Die Chinesen leisteten sich, so Manger, oft „lustige Angaben“. Lustige Angaben? „Solche zum Beispiel“, sagt Gadumer und weist auf ein großes, gelbes Paket, das statt einer deutschen oder englischen Inhaltserklärung nur ein paar chinesische Schriftzeichen bietet. „Da steigt jeder Zöllner am Flughafen aus“, sagt Gadumer. Problematisch seien oft auch jene aus China geschickten Pakete, auf denen die Inhaltserklärung nur aus der lakonischen Anmerkung „Shoes“ besteht. Warum das nicht reicht?
„Da muss eine gescheite Rechnung dabei sein“, sagt Gadumer, „damit der Zoll-Kollege am Flughafen entscheiden kann: Handelt es sich hier um eine Markenware, die geschützt werden muss?“ Sehr niedrige Rechnungsbeträge in Kombination mit der Angabe von Schuhen in der Inhaltserklärung ließen etwa die Vermutung zu, dass es sich um Produktfälschungen von Markenschuhen handeln könnte. Das komme oft vor, heißt es in Dettelbach.
Kunden müssen oft nachzahlen
Aber was können jetzt die Mitarbeiter der Dettelbacher Postabfertigung tun, was Zöllner am Frankfurter Flughafen nicht tun können? Holen sie sich zur Unterstützung einen chinesischen Übersetzer her? „Ach wo“, sagt Gadumer. Die Post schreibe die Paketadressaten an und teile ihnen mit, dass sie beim Zoll vorbeikommen sollten. Im Normalfall habe der Kunde dann Dokumente, die zeigten, welche Ware er für welchen Preis im Internet gekauft habe. Manchmal müsse der Kunde dann Einfuhrsteuern oder Zoll nachzahlen. Womit sich die angeblich so günstige Ware, die der Kunde auf irgendeiner Internet-Seite gefunden hat, dann als gar nicht mehr so günstig herausstellt. Üblicherweise übrigens öffnen die Zöllner die Pakete „mit Klärungsbedarf“ nicht, sondern warten darauf, dass der Kunde dies im Amt tut. Ausnahme sei, sagt Manger, wenn Gefahr im Verzug sei.
Markenfälschungen nehmen zu
Es gibt auch Pakete, die der Zoll dem Kunden nicht aushändigt, sondern die er beschlagnahmt. Fälschungen zum Beispiel. „Da steht auf Schuhen etwa Adidas, Nike oder Puma drauf – aber drin ist ein Plagiat“, sagt Gadumer. Zum Beweis zeigt er Schuhe, die laut Deklaration aus Leder bestehen, tatsächlich aber aus Schaumstoff sind. Oder Schuhe, die angeblich ein Fußbett haben, in denen man aber nicht laufen kann, weil sie hart sind wie Beton. „Solche Produkte vernichten wir“, sagt Gadumer.
Pillen, Laserpointer und ein toter Wolf
Beschlagnahmt werden Gadumer zufolge auch Medikamente, die in Deutschland nicht zugelassen sind – etwa weil sie Wirkstoffdosierungen enthalten, die hierzulande als gesundheitsgefährdend angesehen werden. Larry Gadumer und seine Kollegen beschlagnahmen außerdem in Zusammenarbeit mit der Bundesnetzagentur „elektronische Produkte, die funken und den Funkraum gefährden könnten.“ Oder Produkte, die als Waffe eingesetzt werden könnten: „Laserpointer dürfen bei uns ein Milliwatt Leistung haben. Kürzlich hatten wir hier einen Laserpointer mit zehn Milliwatt – würde man den einsetzen, würde sich das anfühlen wie ins Auge geschweißt“, sagt Gadumer. Und Exoten gibt es auch. Lebende Tiere mit Ausnahme einiger fehlgeleiteter Skorpione sind bisher nicht in Dettelbach gelandet, tote aber wohl. Wie der tote Wolf, den irgendjemand nach Deutschland einführen wollte. Der sei, heißt es, immer noch irgendwo in den Hallen des Amtes gelagert.