Mütze, Handschuhe, warme Jacke und Hose – so gekleidet machten sich über ein Dutzend Leute vom Ort aus hinauf in die Weinlage Sommeracher Katzenkopf. Um die minus neun Grad Celsius zeigte das Thermometer gegen 6 Uhr am Mittwoch. Intensiv hatte Stefan Gerhard die vergangenen Tage den Wetterbericht, insbesondere die Temperaturprognosen, verfolgt. Der Kellermeister vom Winzerkeller, die Genossenschaft Sommeracher Winzer, hatte für dieses Jahr nämlich das Ziel, nach 2016 wieder einen Eiswein zu lesen.
Vergangenes Jahr hätte man schon gerne einen Eiswein gelesen, doch die Temperaturen ließen es nicht zu. Dieses Jahr jedoch standen sie Zeichen auf Erfolg.
In den Weinbergen blinken überall Lichter
"Das ist eine Pokersache", erklärt Gerhard im Weinberg. Es könne gut gehen, müsse aber nicht. Heuer seien es ideale Voraussetzungen. Die vergangenen Tage sei es trocken gewesen und die für einen Eiswein notwendigen Minusgrade seien dauerhaft gewährleistet gewesen. Manche seiner Kollegen hätten schon eine Nacht früher gelesen, weiß er. Er habe aber noch abwarten und die prognostizierte kältere Nacht nutzen wollen. Andere an der Mainschleife taten es ihm gleich. Unterhalb der Hänge des Katzenkopfs blinkten Lichter in einem Weinberg auf, auch bei Volkach wurde gelesen. Auf Netze oder Folien, wie es in anderen Gegenden üblich ist, um die Trauben zu schützen, hat der Sommeracher Kellermeister verzichtet.
Zehn Zeilen Silvaner hatte Stefan Gerhard ausgesucht. "Wir lassen so viel hängen, wie wir auch verarbeiten können", erklärt der Kellermeister. Nur die gesündesten Trauben blieben hängen. Andere seien vorher abgeschnitten worden. So konnte für den Eiswein alles Verbliebene geerntet werden.
Über ein Dutzend Lesehelferinnen und -helfer teilten sich rasch die Zeilen auf. Einmal hinauf, einmal hinunter – so lautete die Vorgabe des Kellermeisters. Zu den Frühaufstehern gehören Mitarbeiter des Winzerkellers, aber zu zwei Dritteln sind es Angehörige von Winzerfamilien, die zur Genossenschaft gehören.
Im Sommer wird der Eiswein abgefüllt
80 Meter sind die Zeilen hier lang. Die Fläche gehört laut Stefan Gerhard dem Winzerkeller. 60 bis 90 Minuten rechnet der Kellermeister für die Lese. Gut eine Stunde wird am Ende benötigt. Noch vor Sonnenaufgang, zu der Zeit wird es nochmals ein Stück kälter, sind die Trauben alle gelesen. Das Licht eines Scheinwerfers, des Traktors und Stirnlampen hatten in der Dunkelheit für die Beleuchtung gesorgt.
Die Beeren sind alle gefroren, Traube für Traube fällt nach einem sicheren Schnitt der Leserinnen und Leser in die Eimer. Die Boxen füllen sich stetig und werden Stück für Stück zum Winzerkeller gefahren.
Dort werden sie rasch in die Kelter befördert. Die gefrorenen Trauben werden in diesem Zustand gekeltert. Das in den Beeren enthaltene Wasser bleibt als Eis zurück, während nur der süße Saft aus der Weinpresse tropft. Etwa 200 Liter werden es laut Stefan Gerhard sein, 147 Grad Öchsle hat er gemessen. Nächstes Jahr im Sommer wird der Wein in 0,375 Literflaschen gefüllt.
Eiswein gehört zum Sortiment des Winzerkellers. "Das ist das Sahnehäubchen nach der Ernte", erklärt der Kellermeister. Die Kunden seien ganz unterschiedlich. Der eine möchte es einmal seinen Gästen kredenzen, der andere will es für ein Jubiläum, eine Hochzeit oder zur Geburt des Kindes. Oft sei ein Eiswein auch Bestandteil einer Weinprobe, weiß Stefan Gerhard, der sich jetzt nach endgültig abgeschlossener Eisweinlese wieder in den Urlaub begibt und die Weine nun gewisse Zeit reifen lässt.