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Kitzingen
Frauen fordern Gleichberechtigung in der Katholischen Kirche
Um das brisante Thema Frauendiakonat und einen Wandel kirchlicher Strukturen ging es bei der Podiumsdiskussion, zu der der Katholische Frauenbund anlässlich des 'Tages der Diakonin' eingeladen hatte. Unser Bild zeigt (von links): die Dettelbacher Wortgottesdienstbeauftragte Barbara Dill, BDKJ-Vorstandsmitglied Raphael Ehehalt, die Theologin Dagmar Mensink, Moderatorin und KDFB-Bildungswerksvorsitzende Edith Werner, die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kirchenrecht in Würzburg Anna Krähe, Pfarrer Nikolaus Hegler aus Johannesberg sowie KDFB-Diözesanvorsitzende Edeltraud Hann.
Foto: Waltraud Ludwig | Um das brisante Thema Frauendiakonat und einen Wandel kirchlicher Strukturen ging es bei der Podiumsdiskussion, zu der der Katholische Frauenbund anlässlich des "Tages der Diakonin" eingeladen hatte.
Waltraud Ludwig
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:37 Uhr

An der Kirchenbasis brodelt es. Viele Katholikinnen wollen das klerikale System nicht mehr mittragen, das in Weihe- und Leitungsämtern von Männern dominiert wird. Sie fordern für Frauen in der Kirche Gleichberechtigung – und den Zugang zu Weiheämtern. Deutlich artikuliert wurde dies am Freitagabend bei einer Veranstaltung des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) im Kitzinger Dekanatszentrum zum "Tag der Diakonin".

Seit vielen Jahren setzt sich der KDFB für eine Zulassung von Frauen zur Diakonweihe ein. Um diesem Anliegen Ausdruck zu verleihen, lädt er seit 1998 zum "Tag der Diakonin" ein. Bereits 1975 hatte die "Würzburger Synode" ein Votum verabschiedet, in dem die Kirchenleitung aufgefordert wurde, die Möglichkeit eines Weihediakonats für Frauen zu überprüfen. Seitdem wird das Thema innerkirchlich immer wieder diskutiert. Zwar hat Papst Franziskus inzwischen eine Kommission einberufen, die die Rolle von Diakoninnen in der frühen Kirche erforschen soll. Konkrete Schritte zur Verwirklichung einer weiblichen Diakonie blieben bislang jedoch aus.

Jesus hätte diesen Apparat so nicht gewollt

Dass Frauen der Zugang zum Weihediakonat bis heute verwehrt ist, liegt nach den Worten von Pfarrer Nikolaus Hegler an den Herrschaftsverhältnissen in der Katholischen Kirche. Der Priester der Pfarreiengemeinschaft Glattbach-Johannesberg war als Gastredner eingeladen. Wie er ausführte, verhinderten patriarchale Strukturen und Klerikalismus bislang die Öffnung für das Frauendiakonat. Dadurch werde ein Apparat erhalten, "der in den Augen Jesu überhaupt nicht so gewollt" sei.

Anhand von drei Bibelstellen zeigte der katholische Geistliche auf, dass Jesus selbst keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen machte. Vielmehr sei er Frauen vorbehaltlos und auf gleicher Augenhöhe begegnet. Wie der Priester ausführte, gab es in der frühen Kirche durchaus auch Diakoninnen. Zudem seien Frauen seit langem in vielfältiger Weise in der Kirche caritativ tätig. Es spreche deshalb nichts dagegen, dass sie die Diakonatsweihe erhalten – "nur dass viele in der Kirche das nicht wollen."  

"Entweder wir werden etwas verändern oder wir werden uns auflösen."
Pfarrer Nikolaus Hegler, Gastredner in Kitzingen
Gastredner beim 'Tag der Diakonin' war Pfarrer Nikolaus Hegler aus der Pfarreiengemeinschaft Glattbach-Johannesberg.
Foto: Waltraud Ludwig | Gastredner beim "Tag der Diakonin" war Pfarrer Nikolaus Hegler aus der Pfarreiengemeinschaft Glattbach-Johannesberg.

Pfarrer Hegler rief dazu auf, die vorhandenen Strukturen nicht tatenlos hinzunehmen. "Wir müssen für eine andere Kirche, ein anderes Amtsverständnis und für eine angemessene und ehrliche Beteiligung der Frauen an allen Ämtern und an allen Diensten kämpfen", erklärte er. Die Kirche der Zukunft müsse demokratischer sein und weniger hierarchisch. Ohne einen grundlegenden Wandel drohe das Verschwinden in die Bedeutungslosigkeit: "Wir sind an einem kritischen Punkt angekommen: Entweder wir werden etwas verändern oder wir werden uns auflösen."

Kritische Stimmen bei Podiumsdiskussion

Kritische Stimmen gab es auch bei der anschließenden Podiumsdiskussion. Neben Pfarrer Hegler hatte der KDFB dazu mehrere engagierte Kirchenmitglieder eingeladen. Sie erzählten von ihren persönlichen Erfahrungen und nahmen öffentlich Stellung, wie sie die Situation in der Kirche sehen.

Die Zulassung von Frauen zum Weiheamt sei nicht nur eine "Frage der Gerechtigkeit und Gleichberechtigung", erklärte Dagmar Mensink, Theologin und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Es sei "auch eine "Zukunftsfrage der katholischen Kirche". Sie erinnerte an die lange Diskussion um das Frauendiakonat, die bislang ohne konkrete Ergebnisse blieb: "Es ist viel geschehen, aber es hat sich nichts bewegt." Gleichwohl sei eine Erneuerung der Kirche ohne die Gleichberechtigung der Frauen nicht möglich sei, hob sie hervor.

Partnerschaftliche Kirche der Zukunft

Edeltraud Hann, Diözesanvorsitzende des KDFB, machte sich ebenfalls für einen Wandel stark. "Die Kirche der Zukunft muss partnerschaftlich sein", forderte sie. "Das Geschlecht sollte kein Bestimmungsmerkmal sein, um Frauen vom Weiheamt zu trennen." Jeder Getaufte sei zur Nachfolge berufen. Jetzt gelte es deutlich zu machen, dass "wir die Nase voll haben". Denn: "Wenn jetzt nichts passiert, passiert in 100 Jahren nichts".

Von überwiegend positiven Erfahrungen berichtete Barbara Dill. Die Dettelbacherin ist als Wortgottesdienstleiterin tätig und fühlt sich in ihrer Pfarrei nach eigener Aussage akzeptiert und angenommen. Dennoch plädiert auch sie für einen grundlegenden Wandel der kirchlichen Strukturen. "Das Patriarchat ist nicht mehr aufrecht zu halten", erklärte sie. Dass Frauen in Zukunft auch kirchliche Leitungsfunktionen übernehmen, ist ihrer Meinung nach durchaus möglich.

Rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörer waren am Freitagabend auf Einladung des Katholischen Frauenbundes zum "Tag der Diakonin" ins Kitzinger Dekanatszentrum gekommen.
Foto: Waltraud Ludwig | Rund 80 Zuhörerinnen und Zuhörer waren am Freitagabend auf Einladung des Katholischen Frauenbundes zum "Tag der Diakonin" ins Kitzinger Dekanatszentrum gekommen.

Anna Krähe, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Kirchenrecht in Würzburg, sah die Geschlechterrollen weniger kritisch. Ihrer Ansicht nach haben Frauen auch ohne Weiheamt vielfältige Möglichkeiten, in der Kirche mitzuwirken. Dass nach dem Kirchenrecht nur Männer Zugang zur Weihe haben, werde theologisch damit begründet, dass Jesus selbst ein Mann gewesen sei und keiner Frau explizit den Auftrag zum apostolischen Wirken erteilt habe. "Es geht hier um Verbindlichkeit der Lehre und Kontinuität", verteidigte sie die katholische Lehre.

Institution hat an Glaubwürdigkeit verloren

Kritische Töne schlug dagegen Raphael Ehehalt, Vorstandsmitglied des Bundes der Deutschen katholischen Jugend (BDKJ) in der Region Main-Spessart, an. Durch den Missbrauchsskandal habe "die Kirche als Institution unglaublich an Glaubwürdigkeit verloren", stellte er fest. Dass Frauen der Zugang zu kirchlichen Weiheämtern verwehrt wird, ist für ihn unhaltbar. Auch den Pflichtzölibat sieht er kritisch. "Wir sagen jungen Menschen, dass sie das System kritisch hinterfragen und etwas ändern sollen", erklärte das BDKJ-Vorstandsmitglied. Sein Traum sei eine Kirche, "in der Nächstenliebe gelebt wird" und jeder gleichberechtigt mitwirken könne.

Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Edith Werner, Vorsitzende des KDFB-Bildungswerkes der Diözese Würzburg. Auch sie ermutigte die rund 80 Zuhörer, sich für einen Wandel in der Kirche einzusetzen. "Wagen Sie den Aufbruch!", forderte sie das Publikum zum Abschluss der Veranstaltung auf. Für sie und die anderen Podiumsteilnehmer gab es mehrfach Applaus aus dem Publikum –offensichtlich hatten sie den Nerv des Kirchenvolkes getroffen.

 
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