Fehrer hat angekündigt, bis spätestens Ende 2024 die beiden Firmenstandorte in Großlangheim und Wiesentheid zu schließen. 270 Beschäftigte sind davon insgesamt betroffen. Das sind die Reaktionen.
Die IG Metall (Würzburg) spricht von einem "Desaster mit Ansage". Innovationsstau, fehlender strategischer Weitblick und unglückliche Personalentscheidungen an der Spitze der Konzernmutter Aunde in Mönchengladbach hätten zu einer "dramatischen Lage" bei Fehrer geführt, so die Gewerkschaft. "Auf höchster Ebene geht es am Standort zu wie in einem Taubenschlag", kritisiert Norbert Zirnsak, der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Würzburg die Lage.
Die Gewerkschaft will nun "qualifizierte Beschäftigte im Unternehmen halten, um neue Produkte zu platzieren". Das Unternehmen Fehrer habe seinen Blick verengt. "Nur mit dem Sitzgeschäft ist momentan kein Geld zu verdienen." Chancen sieht die IGM zum Beispiel im Bereich Wärme- und Kältedämmung. "Fehrer ist einer der führenden Schaumexperten in Deutschland. Warum nutzt man diese Kompetenzen nicht und setzt auf Innovationen?", fragt Zirnsak.
Für die Betriebsratsvorsitzenden Karl-Heinz Metzner (Fehrer-Standort Kitzingen/Wiesentheid) und Martin Hartel (Großlangheim) ist klar: "Hier arbeiten Menschen, wir wollen Perspektiven." Mit Investitionen in neue Produkte und mit Qualifizierungsmaßnahmen für die Beschäftigten könne man gute, tarifgebundene Arbeit in der Region halten. Jetzt nur nach Osteuropa zu schielen, nennen die Fehrer-Betriebsratsvorsitzenden "zu kurz gedacht".
Die IG Metall setzt auf Zukunftstarifvertrag
Die Beschäftigten rund um Kitzingen fordern ihrer Aussage nach "nachhaltige Ideen", um Fehrer in der Region "zukunftsfest" zu machen. In einem Sofortprogramm unterbreitet die IGM Vorschläge, um Entlassungen zu verhindern. So will die IG Metall einen Zukunftstarifvertrag mit Fehrer verabreden, etwa mit einer temporären Vier- Tage-Woche. In Richtung Politik adressiert die Gewerkschaft den Vorschlag, dass Fehrer in der Region Kitzingen zum bundesweiten Zentrum für Schaumfertigung werden soll.
Ein Mitarbeiter, der seit vielen Jahren bei Fehrer in Großlangheim arbeitet, sagt, in der gemeinsamen Mitarbeiterversammlung der Standorte Großlangheim, Kitzingen und Wiesentheid habe man erfahren, dass es "finanziell ganz schlecht ausschaut. Das ist hart; mein Herz hängt an der Firma." Auch wenn er selbst sich keine Sorgen machen müsse, so fürchtet er "um die anderen Leute".
Die Produktion wandert nach Osteuropa ab
Seinen Informationen nach soll die Produktion aus Wiesentheid im ersten Quartal 2024 nach Ungarn verlagert werden. Auch die Arbeit am Standort Großlangheim wandere ins Ausland ab, wohl Ende 2024, obwohl es dabei um komplexe Tätigkeiten gehe, etwa die Rücksitzverkleidung der Mercedes-S-Klasse. "Das ist auf jeden Fall ein sportlicher Zeitplan und noch viel Ungewissheit dabei", sagt der Mitarbeiter. "Ein bisschen Hoffnung habe ich noch, dass sie nur ein Werk schließen, aber momentan sieht es doch nach beiden aus."
"Für viele Beschäftigte ist das ein Schicksalsschlag", sagt Großlangheims Bürgermeister Peter Sterk in seiner Reaktion. Manche seien 20 bis 30 Jahre bei Fehrer beschäftigt. Er hofft nun, dass möglichst viele von ihnen in Kitzingen unterkommen können. Auch für die Gemeinde Großlangheim sei die Schließung eine Tragödie; Fehrer ist einer der großen Steuerzahler und Arbeitgeber im Ort. Auch Geschäfte und Lokale profitieren von der Firmenpräsenz.
"Es tut mir für die Leute sehr leid", sagt sein Amtskollege Klaus Köhler aus Wiesentheid. Es sei immer schlecht, wenn in Deutschland Industriearbeitsplätze verloren gingen. Der Bürgermeister hofft, dass die Beschäftigten angesichts der Marktlage bald neue Arbeitsplätze finden. Wiesentheid habe eine heterogene Wirtschaftsstruktur, so dass der Verlust der Firma nicht so stark ins Gewicht falle wie in Großlangheim. Aber menschlich sei es schlimm.