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KITZINGEN
Enkeltrick: Betrüger gehen leer aus
Illustration Enkeltrick       -  Ein Mann posiert mit einem Telefon. Alles nur gestellt. Allerdings sind Telefonbetrügereien Realität, auch in Kitzingen, wo jetzt zwei Fälle aus diesem Jahr bekannt wurden.
Foto: Julian Stratenschulte/dpa | Ein Mann posiert mit einem Telefon. Alles nur gestellt. Allerdings sind Telefonbetrügereien Realität, auch in Kitzingen, wo jetzt zwei Fälle aus diesem Jahr bekannt wurden.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:03 Uhr

Mit dem sogenannten Enkeltrick haben Betrüger versucht, in Kitzingen viel Geld zu ergaunern. Weil Mitarbeiter der VR Bank richtig reagiert haben, ist es beim Versuch geblieben.

Für VR-Bank-Vorstand Roland Köppel trifft der Begriff „Enkeltrick“ die Sache nicht so ganz. Am Telefon müssen nicht nur Enkel dafür herhalten, ältere Menschen abzuzocken. Ebenso können es alte Bekannte sein, Nachbarn, die Verwandtschaft, falsche Polizisten oder Staatsanwälte oder ein Schwiegersohn, wie die zwei Fälle in diesem Jahr zeigen.

Zwei Fälle in diesem Jahr

Neben Roland Köppel sind Markus Hures von der Innenrevision und Monika Schwarz vom Service bei der Volksbank Raiffeisenbank nah dran am Thema. Die Mitarbeiter zu sensibilisieren, ist ihre Aufgabe. In zwei Fällen war das erfolgreich.

Geld für Grundstückskauf

Fall eins: Der angebliche Schwiegersohn ruft an. Er braucht dringend Geld für einen Grundstückskauf. Der Notartermin steht bevor. Am Telefon macht der Mann Druck auf seine angebliche Schwiegermutter. Durch geschicktes Ausfragen kennt er die Vermögensverhältnisse der Seniorin. Am Ende verlangt er 85 000 Euro. Die Frau geht zur Bank. Weil Barabhebungen in dieser Höhe der absolute Ausnahmefall sind, schrillen bei einer Mitarbeiterin sämtliche Alarmglocken. Die gut 80-Jährige lässt sich schließlich überzeugen und das Geld, wo es ist. Sie schaltet die Polizei ein.

Massiv unter Druck

Monika Schwarz weiß aus der Praxis: „Es nicht immer einfach, die Kunden von einem möglichen Betrug zu überzeugen.“ Die Mittel der Mitarbeiter sind überschaubar. „Das ist schließlich ihr Geld“ und die Kunden können damit machen, was sie wollen. „Die Leute stehen massiv und dauerhaft unter Druck“, sagt Klöppel. Im konkreten Fall sei die Frau während des Besuchs in der Bank per Handy ständig in Kontakt mit dem Anrufer. Am Ende ging alles gut aus. Das Geld blieb auf dem Konto.

Einbrecher unterwegs

Fall zwei: Betroffen ist wieder eine Seniorin. Diesmal ist ein falscher Polizist am anderen Ende der Leitung. Die Frau erfährt, dass Einbrecher in ihrer Nachbarschaft unterwegs sind. Auch das Geld im Schließfach der Bank sei nicht mehr sicher. Der Ausweg: das Schließfach leeren und den Inhalt an einen Zaunpfahl hängen.

Den Braten gerochen

Auch hier wird der Druck so geschickt aufgebaut – unter anderem sollen während des Anrufs dunkle Gestalten um das Haus geschlichen sein – dass die Frau tatsächlich zur Bank geht. Glück im Unglück: Die Frau ist so nervös und aufgeregt, dass sie mit der Schließanlage nicht klar kommt und eine Mitarbeiterin um Hilfe bittet. Die riecht den Braten. Man ruft die Polizei. Die Kundin hat ihr Geld noch.

Normale Kunden – massiver Druck

Klöppel betont, dass es sich um ganz normale Kunden handelt. Die aber würden mit allen Tricks so eingeschüchtert, dass sie keinen Ausweg mehr wüssten und bereit seien, die Forderungen zu erfüllen. Dass es in Kitzingen nicht geklappt habe, sei Glückssache. Köppel befürchtet, dass solche Aktionen auch erfolgreich sein können: „Aber das kommt selten raus; die Leute schämen sich.“

Zwei wichtige Tipps

Was also tun? Markus Bursch von der Beratungsstelle beim Polizeipräsidium Unterfranken hat viel Erfahrung auf dem Gebiet. Die Betrugsmaschen ändern sich; die wirkungsvollsten Tipps bleiben gleich: „Kein Geld an Unbekannte geben und keine Fremden in die Wohnung lassen.“ Damit ist man auf der sicheren Seite, sagt der Fachmann. Und wenn man sich nicht sicher ist: die Polizei anrufen. „Aber selbst wählen und nicht die Wiederholungstaste drücken“, so Bursch.

Anstieg 2017

Dass der Enkeltrick und ähnliche Maschen keine Einzelfälle sind, zeigt ein Blick in die Kriminalstatistik für 2017. Darin sind die Betrugsversuche am Telefon im Landkreis angestiegen, von 15 auf 21 Fälle. Darunter waren sieben Mal der Enkeltrick, einmal ein Schockanruf und sieben Anrufer gaben sich als Polizeibeamte aus. Die Betrüger gingen allesamt leer aus: Keinem der Angerufenen entstand ein finanzieller Schaden. Ein Tatverdächtiger konnte geschnappt werden. In den beiden Kitzinger Fällen laufen die Ermittlungen noch.

Problem: Überweisungen

Ein ganz anderes, aber massives Problem für die Bank sind Betrugsversuche mit „papiergebundenen Überweisungen“. Zehn solcher Fälle hat Markus Hures in diesem Jahr schon auf dem Schreibtisch gehabt. „20 bis 25 Betrugsversuche kommen in einem Jahr zusammen“, sagt er.

Auf Nimmerwiedersehen

Dabei landen ausgefüllte Papier-Überweisungen bei der Bank: Die IBAN-Nummer ist gefälscht, manchmal auch die Unterschrift. So wurde der auf der Überweisung eingetragene Betrag lange Jahre ins östliche Europa, aber auch nach Portugal und Malta gelenkt – auf Nimmerwiedersehen. In letzter Zeit habe sich die Taktik der Betrüger geändert, so Köppel. Da erscheine als Empfänger schon mal eine Elektronikfirma. „Die versuchen, ihre Rechnungen damit zu begleichen“, vermutet Köppel.

Keine Briefkästen für Überweisungen

Die Bank jedenfalls hat reagiert und – auch wenn es manchen Kunden nicht gefallen hat – die Briefkästen für die Überweisungen geschlossen. „Wir nehmen nur noch Überweisungen von Kunden an, denen wir in die Augen schauen können“, sagt Klöppel, der dafür um Verständnis bittet.

Enkeltrick: Das Polizeipräsidium Unterfranken rät:

Seien Sie misstrauisch, wenn sich Personen am Telefon als Verwandte oder Bekannte ausgeben, die Sie als solche nicht eindeutig erkennen.

Fragen Sie den Anrufer nach persönlichen oder familiären Einzelheiten, die er wissen sollte.

Geben Sie keine Details zu Ihren familiären oder finanziellen Verhältnissen preis.

Legen Sie den Telefonhörer auf, sobald ihr Gesprächspartner Geld fordert.

Halten Sie nach einem Anruf mit finanziellen Forderungen bei Familienangehörigen Rücksprache.

Lassen Sie keine fremden Personen in ihre Wohnung. Übergeben Sie niemals Geld oder andere Wertgegenstände an unbekannte Personen.

Informieren Sie unter der Notrufnummer 110 sofort die Polizei, wenn eine Kontaktaufnahme verdächtig vorkommt.

 
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