Die Aufregung war groß, als „Spiegel Online“ einen Beitrag mit der Überschrift „73 Krankenhäuser liefern ,unzureichende Qualität‘“ veröffentlichte. Dabei handelt es sich um eine bundesweite Untersuchung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA): eine Art neuen Klinik-TÜV, der schlechte Krankenhäuser sichtbar machen soll. Die Auswertung umfasst insgesamt elf Qualitätsindikatoren in den drei Bereichen Geburtshilfe, Operationen bei Brustkrebs sowie gynäkologische Eingriffe. Mit unter den 73 angeprangerten Häusern sind auch zwei aus Unterfranken: die Klinik Kitzinger Land in Kitzingen sowie die Haßberg-Klinik in Haßfurt.
Klinik-TÜV: Die Tücken des Systems
Die Untersuchung der Krankenhäuser basiert auf den von den Kliniken gemeldeten Kennzahlen und soll eine Erhebung sein, um die Qualität der Krankenhäuser zu ermitteln. Insgesamt flossen in den Klinikvergleich 2,5 Millionen Datensätze von Krankenhaus-Abrechnungen ein. Möglich geworden ist dieser „TÜV“ durch ein 2014 von der Großen Koalition beschlossenes „Finanzstruktur- und Qualitätsweiterentwicklungsgesetz“, das Vergleichbarkeit herstellen soll. Im Falle der Kliniken aus der Region zeigte sich aber, dass der neue Klinik-TÜV gut gemeint ist – aber erhebliche Tücken hat.
Dass etwa Kitzingen in der Liste schlechter Kliniken auftauchte, lag am Ende nicht an der fehlenden Qualität einer Behandlung – sondern schlicht an einer einzigen falsch gemeldeten Zahl. Dabei ging es um die Geburtshilfe: Bei einer Frühgeburt sollte heutzutage zwingend ein Kinderarzt unmittelbar anwesend sein; in der Statistik gilt das als wichtiger Qualitätsindikator. In Kitzingen nun wurde versehentlich der Tag einer Geburt bei der Dokumentation einen Monat nach vorne verlegt. Also statt dem 14. Juli stand im Berichtsbogen falsch der 14. Juni. Das wertete das System als Frühgeburt. Die wiederum hätte den Einsatz eines Kinderarztes bedurft – und wurde daher nun der Klinik angekreidet.
Diesen Fehler hatte die Kitzinger Klinik zeitnah selber entdeckt und deshalb nachgemeldet – nur erlaubt das System keine Fehler. Der Grundsatz lautet: Gemeldet ist gemeldet. Und so kam es, dass Kitzingen 2017 zu einer von neun Geburtsabteilungen wurde, in denen ein Mindeststandard fehlte. Klinik-Vorstand Thilo Penzhorn spricht von einem „virtuellen Fehler“, der innerhalb der Dokumentation entstanden sei. Eine Dokumentation, die inzwischen äußerst umfangreich ist: Allein vergangenes Jahr wurden in Kitzingen 1600 Kennzahlen für Leistungen dokumentiert. Kennzahlen, hinter denen viele weitere Zahlen stecken. Eine dieser Zahlen – basierend auf einem Buchstabendreher – löste die Aufregung aus.
Ein einziger Fall aus Haßfurt
Auch das Haus Haßfurt der Haßberg-Kliniken findet sich in der Liste der Krankenhäuser, die „unzureichende Qualität“ liefern – und zwar im Bereich Mamma-Chirurgie, der jedoch eigentlich gar nicht zum Leistungsspektrum des Haßfurter Krankenhauses gehört. „Wir hatten tatsächlich einen einzigen Fall“, berichtet Klinikvorstand Stephan Kolck im Gespräch mit dieser Redaktion. Dabei habe ein Frauenarzt bei einer Patientin eine Wucherung bemerkt, die er für gutartig hielt. Er entfernte sie und schickte eine Probe zur Untersuchung ein. Dabei stellte sich heraus, dass es sich doch um einen bösartigen Tumor handelte.
In jedem Jahr stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Auswertung ein anderes Feld der Medizin in den Vordergrund, in diesem Jahr war es die Gynäkologie. Dabei wurden drei Bereiche unter die Lupe genommen: Gynäkologische Operationen, die Geburtshilfe und die Mamma-Chirurgie. Nur bei den Brustoperationen taucht das Haßfurter Krankenhaus in der Negativ-Liste auf.