
Einem alten Geheimnis auf den Grund gehen – deswegen sind wir hier. "Treffpunkt Schloss Frankenberg" hatte Matthias Schenk festgelegt. Bepackt mit Rucksack und Kamera stapfen wir los. "In einer guten Stunde sind wir da, wenn wir zügig laufen", sagt Schenk. Er ist heute "Lost Place"-Führer. Der Nenzenheimer hat schon als Bub an den im Wald verborgenen Kellern und Stollen der Ruine Hohenlandsberg gespielt. Er ist fasziniert von dem Ort, an dem einst der "Spiegel Frankens" funkelte.

Matthias Schenk ist nicht nur leidenschaftlicher Musiker. Der 48-Jährige ist auch Hobby-Historiker. "Schenky", wie ihn alle nennen, ist sich sicher: "Die Burg auf dem Hohenlandsberg war ein fränkisches Aushängeschild." Leider stand sie nur rund 30 Jahre in voller Pracht. Dann zeigte sich, dass man ihren Besitzer, den Freiherrn Friedrich von Schwarzenberg, nicht zu Unrecht "den Unglücklichen" nannte.

Der Hohenlandsberg ist mit fast 500 Metern eine der höchsten Erhebungen in der Region. Er liegt genau zwischen den mittel- und unterfränkischen Gemeinden Krassolzheim, Markt Nordheim, Ulsenheim, Weigenheim, Ippesheim, Bullenheim und Nenzenheim. Und obwohl heute der beliebte Steigerwald-Panoramaweg direkt am Burgberg vorbeiführt, haben die meisten Passanten keine Ahnung, welch sagenumwobene Festung sich hier einst erhob.

Was geschah im "Heimlich-Gemach"?
Schenk läuft weiter bergauf. "Und hier geht es hinauf zum Burgwall." Der Burgwall führt einmal im Kreis um die frühere Festung herum. Hohe Steinmauern und aufgetürmte Bruchsteinwände lassen erahnen: Hier stand einst eine befestigte Wehranlage. An der Nordseite zeigt Schenk auf eine Stelle am Hang und sagt: "Hier war das Heimlich-Gemach". Die fragenden Augen seiner Gäste quittiert er mit einem Lachen: "Nein, kein Bordell oder so. Hier im Norden war der Abort, das Klo. Die Sonne schien nicht hin und es stank deshalb weniger."
Nach der Umrundung des Walls bleibt Schenk vor einem Rundbogen aus Sandsteinen stehen – dem Eingangstor zur Burg. "Als Bub hab' ich in den Kasematten gespielt", erzählt Schenk, als er ins Dunkel tritt.
Vorbei am einstigen Burgtor und am Abgang zum Kerker
Schnell gewöhnen sich die Augen an die Düsternis. Der gemauerte Stollen windet sich nach rechts und erinnert an den Eingang der Würzburger Festung Marienberg. Ein paar Meter weiter deutet der 48-Jährige auf seitlich gemauerte kleinere Rundbögen, die einst in die Tiefe führten, aber längst verfüllt sind. "Das hier war vermutlich der Abgang zum Kerker."
Er zeigt auf schmale Öffnungen im Boden, versunkene Mauern, die wie schläfrige Augen eines Unterweltwesens aus dem aufgeschütteten Erdreich blicken. Der Nenzenheimer hat sich ausführlich informiert, in Staatsarchiven, in Museen, in der Kitzinger Bernbeck-Chronik. Er hat einen Holzschnitt entdeckt, den der Nürnberger Buchdrucker Hans Glaser 1554 von der Festung gemacht hat.
Schenk zeigt das Bild der Wehranlage und erzählt deren Geschichte: "Freiherr Johann von Schwarzenberg und Hohenlandsberg, genannt Hans der Starke, ein Freund und Weggefährte Martin Luthers, hatte den Bau einer Amtsburg in Auftrag gegeben. Direkt am mittelalterlichen Handelsweg Nürnberg-Würzburg-Frankfurt." Von1511 bis 1524 war das.
Entstanden sei eine Anlage mit einem Burgfried von um die 30 Meter Höhe inmitten zweier Burgwälle – und einer Innovation: verglasten Fenstern. Schenk berichtet: "Das Glas damals war noch nicht entspiegelt. Wenn die Sonne darauf schien, spiegelte sich das Licht bis in die weite Ferne. Der 'Spiegel Frankens' war geboren."

Plünderungen, Raubzüge, Angst und Schrecken
Schon nach 30 Jahren hatte es sich jedoch ausgespiegelt. Friedrich von Schwarzenberg, der die Burg von seinem Vater Hans dem Starken geerbt hatte, war wegen seiner Verbindung zur Anti-Kaiser-Allianz zeitweise unter Reichsacht gestellt worden. Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und sein Burghauptmann Hieronymus Stöckel nutzten die Gunst der Stunde, bezogen die Festung und verbreiteten Angst und Schrecken in der Umgebung. Plünderungen und Raubzüge waren an der Tagesordnung.
Als Kaiser Karl Ende 1553 die Reichsacht über den Marktgrafen verhängte, zogen verbündete Truppen aus Nürnberg, Bamberg, Würzburg und Windsheim auf den Hohenlandsberg und belagerten die Burg. Sie beschossen sie mit 26 Kanonen und katapultierten Feuertöpfe über den Burgwall ins Innere. Am 8. April 1554 ergab sich die markgräfliche Festungsbesatzung. Bis zum 14. April 1554 schliffen die Eroberer die Burg. Friedrich, der Unglückliche, fand nur noch einen großen Haufen Schutt vor, als er seinen Besitz wiedersah.
"Was blieb, sind unterirdische Gänge, Keller und der Eingang", sagt Schenk. Diese lockten im Lauf der Jahrhunderte immer wieder Menschen auf den Berg. Es entstanden allerhand Sagen wie die vom "Spion vom Hohenlandsberg" oder vom "Letzten Ritter".
Was würden Ausgräber finden?
Hätte "Schenky" einen Wunsch frei, dann wäre es der: den alten Burghof per Bodenradar zu untersuchen. "Ausgrabungen in Hohenlandsberg gab es meines Wissens noch nicht", sagt der Historiker Daniel Burger, Archivar am Nürnberger Staatsarchiv." Lediglich im 19. Jahrhundert hat man einen kleinen Teil freigelegt, den Durchgang." Burger vermutet, man würde bei Ausgrabungen "Bauschutt finden, Keramikscherben, Kachelofenbruchstücke, vielleicht das eine oder andere Metallstück von Türbeschlägen. Und Fensterglas vermutlich auch."
Es gibt im Fränkischen noch mindestens zwei ähnliche Fälle: die Vesten Coburg und Heldburg
Ein Beweis für den Hintergrund des Begriffs "Spiegel Frankens" wäre das in den Augen des Fachmanns aber nicht. "Es gibt im Fränkischen noch mindestens zwei ähnliche Fälle: die Veste Coburg als 'Fränkische Krone' und die Veste Heldburg, heute in Thüringen, als 'Fränkische Leuchte'. Leuchte, Spiegel, Krone – das klingt für mich nach rühmenden Worten." Die Deutung als Burg mit spiegelnden Fensterscheiben erscheint dem Fachmann fast zu profan. Aber auch er sagt: "Wer weiß?"

Schenk meint: "Für mich ist die Fensterglas-Erklärung am wahrscheinlichsten. Denn es gab damals ja schon die Kaiserburg in Nürnberg und auch die Marienburg in Würzburg, die in Franken bedeutender waren als die Amtsburg vom Freiherr Schwarzenberg. Fakt ist: Der Hohenlandsberg war und ist ein besonderer Ort." Als Aussichtspunkt war er spätestens seit Ende des 18. Jahrhunderts bekannt und beliebt. 1876 ließen die Schwarzenberger Fürsten extra einen Turm errichten, von dem aus Ausflügler einen weiten Blick ins Land hatten.
Heute lockt das Bodendenkmal, das sich noch immer in Schwarzenbergischem Besitz befindet, vor allem Fledermäuse an. Und Freude von Lost Places, deren Fantasie in den alten Kasematten durch Raum und Zeit schweben kann.