
Ein Auto nach dem anderen rollte über den kleinen Fellhügel hinweg. Ob die Fahrer das Katzenbaby, das in der Mitte der Fahrbahn saß, nicht gesehen hatten? Monika Anders aus Uffenheim musste lange arbeiten. "Ich bin so gegen halb acht aus der Arbeit rausgekommen, wollte aber noch nach Rothenburg fahren und dort einen Kumpel im Krankenhaus besuchen", erzählt die Mittelfränkin.
Zusammen mit ihrem Freund und einem weiteren Kumpel ging es auf der viel befahrenen Staatsstraße dem Ziel entgegen, als die Friseurin auf der Gegenfahrbahn eine Bewegung wahrnahm. "Zwischen Uffenheim und Welbhausen war das. Erst dachte ich, eine Tüte. Aber dann kam es mir vor wie Fell." Doch ein kleines Tier? Die 34-Jährige sagt: "Vier Autos waren nacheinander drübergefahren. Bei mir meldete sich eine innere Stimme: Halt’ an und schau’ nach!"
Bei der nächsten Gelegenheit wendete die junge Frau. Als sie das schwarz-weiße Etwas durch die Frontscheibe sah, fuhr sie rechts ran, schaltete das Warnblinklicht an. "Mein Freund war als Erster draußen. Er hob das haarige Knäuel hoch, ich hörte ihn schreien: "Eine kleine Katze! Sie lebt!" Er hob das Tierkind, das am Maul blutete, hoch, legte es in seine Armbeuge und nahm es mit ins Auto.
Tierärztin verlangte kein Honorar

"Ich fuhr los und unser Kumpel rief gleichzeitig in der Tierarztpraxis Marktbergel an", erinnert sich Monika Anders. "Zum Glück war noch jemand da und wir durften gleich kommen." Tierärztin Renate Kern untersuchte das nicht einmal 600 Gramm leichte Kätzchen. Sein Kopf war geschwollen, es hatte ausgeschlagene Milchzähne, später stellte sich heraus, dass auch Rippen gebrochen waren. "Wir hätten uns die Kosten für die Untersuchung geteilt", berichtet Monika Anders. "Aber die Tierärztin nahm gar kein Honorar."
Die drei Freunde konnten ein so krankes Kätzchen nicht selbst versorgen. Sie gaben es in die Hände von Fachleuten. Erst kümmerte sich die in Mittelfranken bekannte Katzenretterin Alexandra Schorr aus Scheinfeld, dann päppelte Sabine Dietrich auf der SiHo-Ranch in Oberscheinfeld-Prühl die Kleine auf. Dietrich plädiert, wie viele Tierschützer, für eine Kastrationspflicht für alle Katzen, "damit das schreckliche Leid herrenloser Tiere abnimmt".
Sie kann nicht fassen, dass mehrere Autos einfach über das Tierbaby drübergerollt sind. "Die Fahrer müssen doch gesehen haben, dass da ein Lebewesen auf der Straße sitzt und Hilfe braucht. Wie kann man denn da einfach wegschauen!"
Sieben Woche Pflege waren nötig

Sie und ihr Team schlugen sich in der ersten Zeit die Nächte um die Ohren, denn "Marie" – so tauften sie das Katzenkind – hatte Schmerzen und Probleme mit den Augen und Ohren, außerdem litt die Kleine an schwerem Durchfall und Fieber. Doch nach sieben Wochen Pflege ging es ihr wieder gut.
"Sie sieht und hört, die Rippen sind verheilt, die bleibenden Zähne wachsen nach." Seit kurzem hat Marie ihr endgültiges Zuhause gefunden – sie lebt jetzt, mitsamt einem Artgenossen, bei echten Tierfreunden. Monika Anders hielt in den Tagen nach dem Fund noch eine Weile Ausschau nach weiteren Katzenbabys an der Strecke – doch da waren keine.
"Woher unsere Kleine gekommen ist, wird wohl ein Geheimnis bleiben." Offensichtlich ist für die 34-Jährige dagegen: "Jeder kann entscheiden, ob er hin- oder wegschaut, drüberrollt oder anhält."