
Der kleine Regenschauer hatte sich verzogen, die Winzerkapelle spielte ein Standkonzert, und der Festzug schlängelte sich durch den Ort zum Sportgelände: Es war alles bereitet für den Festkommers zur 100-Jahr-Feier des Turn- und Sportvereins Rödelsee am Freitagabend. Die Festgäste erfuhren viel über die Geschichte des Vereins, der im vergangenen Jahrzehnt und schon in den 1960er- und 1970er-Jahren das handballerische Flaggschiff im Landkreis Kitzingen war.
Nicht nur von diesen seligen Zeiten erzählte Ehrenvorsitzender Peter Hess, dessen Vater Fritz Hess der Gründungsvorsitzende im Jahr 1923 war. "Es gab viele Hochs und Tiefs in unserer Vereinsgeschichte", sagte Hess in seiner Festrede. Er erinnerte daran, dass die Spieler einst mit Pferdefuhrwerken oder Fahrrädern zu Auswärtsspielen fahren mussten. "Handball war und ist in Rödelsee die Hauptsportart", sagte Hess.
In der Ära des Großfeldhandballs war Rödelsee eine Größe
Das Ende der Großfeldhandball-Ära vor über 40 Jahren bedauerte er. Denn der TSV Rödelsee war über Jahrzehnte in der Landesklasse Nord und – nach Aufstiegen 1951, 1962 und 1966 – sogar mehrere Jahre in der bayerischen Oberliga aktiv, der damals höchsten Spielklasse des deutschen Handballs. Neben dem sportlichen Aspekt verwies Hess aber auch auf die gesellschaftliche Seite. "Sportvereine sind ein zentraler Ort für Gemeinschaft und Kameradschaft." Dort sei Teamgeist erwünscht. Hess fand, dass die aktiven Mitglieder die Existenzgrundlage jedes Vereins seien. Heutzutage sei es eine vordringliche Aufgabe, der Jugend den Vereinssport schmackhaft zu machen.

Der TSV Rödelsee habe sich der Zeit angepasst und ab den 1990er-Jahren breiter aufgestellt. So sei man auf fast 600 Mitglieder gewachsen. Er hoffte, so Hess, dass sich auch in Zukunft viele Leute fänden, um die Vereinsarbeit zu schultern. Die Frage sei, ob Jugendliche künftig noch Leistungssport betreiben oder nur in Fitnessstudio und zum Joggen gehen.
Einige Anekdoten und Meilensteine der Vereinsgeschichte hatte Hartmut Heß für die Vereinschronik zusammengetragen, und er erinnerte an manche Persönlichkeiten, die den TSV Rödelsee geprägt haben oder sportliche Glanzlichter gesetzt hatten.
Beim Festkommers ehrt der Verein seine langjährigen Getreuen
Dann ergriff Vorsitzender Dietmar Chrischilles das Wort. "Ich möchte meine Freude über die große Resonanz am heutigen Festkommers zum Ausdruck bringen, da ich nicht mit so vielen Anmeldungen gerechnet hätte und so tollen und begeisterten Mitgliedern in unserem Verein." Chrischilles erklärte, dass die Vereinsführung zum Jubiläum eine Ausnahme von der Ehrenordnung gemacht habe, um mehrere Mitglieder für jahrzehntelange Treue zu ehren. Darunter waren mit Oswald Wandler und Martin Baumann auch noch zwei Aufstiegshelden der Meistermannschaft von 1962, denen der Applaus der Gäste sicher war.

Chrischilles überreichte Ehrenurkunden für 60 Jahre Mitgliedschaft an Walter Schubert, Gerhard Holinsky, Reinhold Bayer und Heinz Herbert sowie für 65 Jahre an den Ehrenvorsitzenden Wilhelm Wurm, an Martin Baumann, Oswald Wandler, Wolfgang Weltner, Willi Pfister und Friedrich Heß.
Die Gemeinde überweist dem Verein einen Jubiläums-Zuschuss
Landrätin Tamara Bischof gratulierte zum Jubiläum und zollte allen Respekt, die den Verein aufgebaut oder am Leben erhalten haben. Ein Verein sei die einfachste Möglichkeit, sich als Neubürgerin oder Neubürger in einem Ort zu integrieren. Bürgermeister Burkhard Klein ließ wissen, dass der Festkommers im Umfeld des ehemaligen Großfeld-Sportplatzes stattfand. Der TSV sei ein belebendes Element für den Ort. Deshalb habe die Gemeinde dem Verein zum Jubiläum einen Zuschuss von 12.500 Euro überwiesen. Klein outete sich als "lausiger Handballer", aber "glühender Fan" und sagte: "Lassen Sie uns gemeinsam feiern und daran erinnern, was wir alles im TSV erlebt haben."
Klaus Sieß, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Handballverbandes, blickte auf Freundschaften, die im Sport und in der Vereinsarbeit wüchsen. Er überreichte Dietmar Chrischilles einen Männer-Ball als Zeichen seines Wunsches, bald wieder eine Rödelseer Männermannschaft im Spielbetrieb zu sehen. "In Vereinen kann man in der Gemeinschaft den schwierigen Alltag etwas vergessen", bemerkte BLSV-Kreisvorsitzender Josef Scheller. Weitere Glückwünsche kamen von den örtlichen Vereinen und den Patenvereinen sowie von Weinprinzessin Anna Deppisch.