Die Stadt Dettelbach ist acht Wochen nach dem Trojaner-Angriff auf ihre EDV-Anlage noch immer mit den Folgen des Vorfalls beschäftigt. Kriminelle hatten am 8. Februar Stadtverwaltung und Stadtwerke lahm gelegt, ein Lösegeld erpresst. Trotzdem waren letztlich viele Daten verloren gegangen.
Jetzt hat Bürgermeisterin Christine Konrad (Freie Wähler) auf einen 14-Punkte-Fragenkatalog der CSU-Fraktion aus der Stadtratssitzung vom 21. März geantwortet. Angeblich hat sie zudem minutiös berechnen lassen, was die Bearbeitung dieser Anfrage kostet: Wenn das stimmt, ein ziemlich fragwürdiges Vorgehen.
Vorwürfe zurückgewiesen
Im Schreiben an die CSU-Fraktion verteidigt die Rathauschefin erneut ihr Vorgehen in der Daten-Affäre, klärt angesprochene Fragen auf: So seien zwei Bürgersprechstunden (10./17.März) wegen dienstlicher Verpflichtungen ausgefallen. Eine Bürgerversammlung zum Datenklau hält sie für nicht erforderlich, weil es eine öffentliche Pressekonferenz gegeben habe und der Wortlaut ihrer dortigen Erklärung im Amtsblatt nachzulesen gewesen sei.
Zur Frage, warum zu diesem Thema keine öffentliche Stadtratssitzung einberufen wurde, merkt Konrad an: Öffentlich könne das Thema nicht behandelt werden, weil insbesondere im Zusammenhang mit der Verantwortlichkeit für das Trojaner-Problem über Fremdfirmen und Beschäftigte geredet werden müsse, eventuell auch über dienstrechtliche Belange. „Die weiteren Sachverhalte werden veröffentlicht, sobald die Gründe für die Nichtöffentlichkeit weggefallen sind“, kündigt sie an.
Sprich: Auf eine Antwort auf die Frage, was der Datenverlust und der Aufbau einer neuen EDV kostet, muss wohl noch eine Weile gewartet werden. Fakt ist: Es geht um eine hohe sechsstellige Summe, auf 100 000 Euro wurden die Kosten für das komplett neue EDV-System und die Wiederherstellung von Dateien beziffert. Hinzu kommen die (Über-)Stunden der städtischen Mitarbeiter, außerdem weitere Investitionen in Hard- und Software. Interessant jedoch: Wie teuer es war, die 14 CSU-Fragen zu beantworten, soll haarklein berechnet worden sein. Wie aus Kreisen des Stadtrates zu erfahren war, soll ein Teil der CSU-Ratsmitglieder aus Verärgerung über diesen Affront einem länger geplanten Essen mit Bürgermeisterin, Stadtrat und Verwaltung an diesem Freitag fernbleiben.
In besagter Anfrage hatte CSU-Fraktionschef Marcel Hannweber der Rathauschefin vorgeworfen, Informationen zurückzuhalten, den Stadtrat nicht vollständig zu informieren, zudem hätte es eine Sondersitzung des Haupt- und Bauausschusses geben müssen. Konrad weist das im Brief vom 4. April zurück, sie habe am 10., 11., 15. und 29. Februar informiert, ihre Presseerklärung zudem an alle Stadtratsmitglieder verschickt.
Zur CSU-Frage, ob mit einer besseren Schulung der Mitarbeiter der Trojanerbefall hätte verhindert werden können, verweist Konrad wie schon bei der Pressekonferenz (11. März) auf eine Dienstanweisung von 2013. Die werde jedem Mitarbeiter ausgehändigt, deren Kenntnis müsse schriftlich bestätigt werden, in wiederkehrenden zeitlichen Abständen sei auf die Gültigkeit der Dienstanweisungen hingewiesen worden.
Die CSU-Frage, warum es keine externen Speichermedien gegeben habe, lässt Konrad den namentlich nicht genannten Dettelbacher „Systemadministrator“ beantworten. Dieser schreibt unter anderem : „Ich darf darauf hinweisen, dass der Stadtrat in der Vergangenheit bei allen örtlichen Prüfungen ständig die Kosten der EDV bemängelt hat. Selbst der Austausch eines fast sechs Jahre alten Servers . . . musste vor dem Stadtrat verteidigt werden.“
Die Anfrage der CSU in Form eines offenen Briefs und die Antwort von Bürgermeisterin Christine Konrad stellen wir zum Herunterladen bereit:
Laufendes Verfahren
Wer nach der Pressekonferenz vom 11. März geglaubt hat, dass der Kommunale Prüfungsverband (BKPV) inzwischen nachforscht, wer am Daten-Desaster schuld ist, ob es dienstrechtliche Konsequenzen gibt, erfährt aus Konrads Schreiben, dass ein „Vorgespräch“ mit der Münchner Behörde terminiert worden ist. Dies lässt daran zweifeln, dass man im Rathaus Interesse an einer schnellen Aufklärung hat; eine Anfrage dieser Redaktion beim BKPV ist gestellt.
Ärger droht von anderer Seite: Die Firma, die bislang für Dettelbachs EDV-Anlage zuständig war, will sich juristisch dagegen wehren, dass ihre Arbeit „dilettantisch“ gewesen sein soll. Da es um ein laufendes Verfahren geht, bat der Inhaber, seinen Namen vorerst wegzulassen. „Wir werden alle Vorwürfe widerlegen.“
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