
Übersehen kann man sie kaum, die pinken Einkaufswagen im Eingangsbereich des Volkacher Supermarkts Edeka Kolb. Vor der Bäckerei warten sie neben güldenen Ständern auf mutige Kundinnen und Kunden. Wer es wagt, schnappt sich das auffällige Gefährt und tritt ein durch die automatische Schiebetür mit der treffenden Aufschrift "Schön, dass sie unsere Liebe teilen."
Genau dabei möchte der Laden nämlich helfen: dass Alleinstehende wieder jemanden zum Teilen finden. Anfangen ließe sich ja mit einer Packung Pralinen oder so. Ob wirklich Liebe daraus wird, zeigt sich ohnehin erst mit der Zeit. Aber beim ersten, besonders schwierigen Schritt möchte der Supermarkt helfen.
Hype um das Single-Shopping während Corona
Das hat Edeka Kolb schon einmal versucht – und mit seinem Single-Shopping am Freitagabend einen Hype ausgelöst. Das sei "ein Erdbeben" gewesen, erinnert sich Inhaber Christoph Kolb mit einem Lachen an den Medienrummel vor vier Jahren. Damals hatte die Corona-Pandemie alle im Würgegriff, als diese Redaktion über die Volkacher Kennenlern-Hilfe berichtete.

Danach wurden Medien aus ganz Deutschland auf das Thema aufmerksam. Die "Bild" versprach online: "Supermarkt holt Singles aus der Corona-Falle". Und der Kölner Express titelte: "Single in Corona-Zeiten? Edeka startet irre Aktion." Diese hatte es zu dem Zeitpunkt zwar schon zwei Jahre lang gegeben, doch nur wenige liefen mit rotem Herz auf der Brust durch den Supermarkt.
Das änderte sich nach dem ersten Artikel schlagartig, plötzlich war der Laden am Freitagabend voller Kundinnen und Kunden auf der Suche – aber weniger nach Schnäppchen an der Wursttheke. Es wirkte bei manchen wie die Flucht aus der Einsamkeit zu Hause. Und noch eines einte die Menschen aller Altersstufen: Im Internet wollten sie lieber nicht auf Partnersuche gehen.
Das kann Shoshana Heinikel gut nachvollziehen. "Die ganzen Internet-Plattformen haben einen negativen Touch", sagt die Edeka-Mitarbeiterin. Die neue Idee ihres Chefs mit den pinken Einkaufswagen findet sie – selbst glücklich vergeben – schöner zum Kennenlernen. "Da weiß man gleich, ob man einander sympathisch ist oder nicht." Und könne entscheiden, ob man sich vielleicht mal zum Kaffee trifft.

Aber kostet es nicht großen Mut, einen so auffälligen Wagen durch die Regale zu schieben? Shoshana Heinikel zufolge wird das Angebot gut angenommen. "Wir hatten noch gar nicht richtig aufgebaut, da kam schon die erste ältere Dame rein, hat sich total darüber gefreut und sich gleich einen geschnappt", berichtet sie von den Anfängen zu Jahresbeginn. Auch Bundeswehrlern mit pinkem Gefährt sei sie schon begegnet: "Die haben sich einen gegrinst dabei."
Wäre eine bestimmte Zeit besser, um mehr Singles anzulocken?
Bleibt dennoch die Frage, ob für manche die Hürde nicht zu hoch ist, sich allein als Suchende erkennbar zu machen. Auf der Instagram-Seite des Supermarkts schreibt eine Frau: "Ich finde eure Idee richtig cool. Ich war auch gestern da, nur leider niemand sonst. Vielleicht wäre doch eine Single-Shopping-Zeit ganz gut? Also zum Beispiel Samstag von 13 bis 17 Uhr oder so? Glaube, das macht Sinn. Aber tolle Aktion!"

Ähnlich sehen das zwei Mitarbeiterinnen, die selbst Singles sind und sich für diese Redaktion als Fotomodelle zur Verfügung stellten. "Wenn es wieder an einem Freitagabend wäre, mit guter Musik, wäre es besser", sagt Selina Ivey. Ähnlich sieht das ihre Kollegin Claudia Beuerlein, der im Übrigen Rot als Farbe für die Wagen besser gefallen hätte.
Könnte es also zurückkehren, das Single-Shopping am Freitagabend, eben mit pinken Wagen statt roten Herzen? Chef Christoph Kolb gibt sich dafür aufgeschlossen. Stemmen müssten das seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, weiß er. Sollte die Initiative dazu von ihnen kommen, stünde einer Wiederauflage nichts im Weg.