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Kitzingen
Damit das Blut sich nicht verknotet: Ärztin gibt Tipps, wie Thrombosen gar nicht erst entstehen
Welt-Thrombose-Tag: Auch bei jungen Menschen können Blutpfropfen Adern verstopfen. Wer die tödliche Gefahr erkennt, kann sie mit einfachen Mitteln bannen.
Knoten im Blut: Die Gefahr von Blutgerinnseln ist allgegenwärtig. Doch man kann etwas dagegen tun.
Foto: Visualisierung: Deutsche Gesellschaft für Angiologie (DGA) | Knoten im Blut: Die Gefahr von Blutgerinnseln ist allgegenwärtig. Doch man kann etwas dagegen tun.
Diana Fuchs
 |  aktualisiert: 19.10.2024 10:04 Uhr

Judith (Name geändert), eine junge Frau aus Unterfranken, spürt nach dem Sommerurlaub 2023 eine Art Muskelkater im Bein. Sie denkt sich nicht viel dabei. Doch ihr Freund, von Beruf Arzt, ahnt die Gefahr. Im Krankenhaus wird eine tiefe Beinvenen-Thrombose diagnostiziert. In akuter Lebensgefahr schwebt etwa zeitgleich auch Carl (Name geändert) aus Oberfranken. Der sportliche Mittvierziger nimmt ein bleibendes Ziehen im Unterschenkel wahr, aber nicht allzu ernst.

Zwei Fälle von Thrombosen, also Blutpfropfen, die Adern verstopfen. Beide wurden zum Glück noch rechtzeitig erkannt, Judith und Carl haben überlebt. Jahr für Jahr sterben in Deutschland jedoch mehr als 40.000 Menschen – das ist über die Hälfte der Einwohner Bambergs – allein an den Folgen einer Lungenembolie, die von einem Blutgerinnsel ausgelöst wurde.

Jeder vierte Todesfall in Zusammenhang mit einer Thrombose

"Weltweit steht jeder vierte Todesfall in Zusammenhang mit einer Thrombose", weiß Dr. med. Jutta Schimmelpfennig, Gefäßmedizinerin aus Bamberg. Zum Welt-Thrombose-Tag (13. Oktober) möchte die Ärztin, die sich in ihrem Ruhestand im "Aktionsbündnis Thrombose" engagiert, Leben retten – durch Aufklärung: "Viele Todesfälle könnten vermieden werden, wenn ein breiteres Wissen über die ersten Anzeichen einer Thrombose und Prophylaxe-Maßnahmen vorhanden wären."

Dr. med. Jutta Schimmelpfennig aus Bamberg möchte dazu beitragen, Todesfälle durch Thrombosen zu verhindern.
Foto: Frederick Ferschke | Dr. med. Jutta Schimmelpfennig aus Bamberg möchte dazu beitragen, Todesfälle durch Thrombosen zu verhindern.
Der plötzliche Tod des Berliner "Polizeiruf"-Schauspielers Pablo Grant im Alter von 26 Jahren hat im Frühjahr 2024 viele Menschen erschüttert. Sind Thrombosen keine Alte-Leute-Krankheit mehr?

Dr. Jutta Schimmelpfennig: Das waren sie nie. Man kann in jedem Alter eine Thrombose erleiden. Das öffentliche Bewusstsein dafür ist noch viel zu gering. Bei Kindern und Jugendlichen sind Thrombosen zwar sehr selten, auch bei jungen Männern. Bei jungen Frauen aber ist das Risiko schon größer, vor allem, wenn sie Hormone, etwa in Form der Pille, zu sich nehmen. Und mit dem Alter steigt das Risiko für Mann und Frau gleichermaßen.

Wie hängen Thrombose, Embolie und Infarkt zusammen?

Schimmelpfennig: Bei einer Thrombose entstehen Blutgerinnsel entweder in einer Arterie, also Schlagader, oder einer Vene. Diese Gerinnsel können den normalen Blutfluss verlangsamen oder blockieren. Und sie können zur Lunge oder zum Gehirn wandern. Oder sich im Herzen bilden. Mögliche Folgen: Herzinfarkt, thromboembolischer Schlaganfall oder venöse Thromboembolie. Wenn ein Blutgerinnsel in den Beinen- oder Beckenvenen sich löst, kann es in die Lunge wandern, schlagartig die zuführenden Blutgefäße verschließen und als Lungenembolie zum sofortigen Tode führen. Nach Herzinfarkt und Schlaganfall ist die Lungenembolie die dritthäufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Was führt zu einer Thrombose? Welche Risikofaktoren gibt es?

Schimmelpfennig: Im Wesentlichen gibt es drei Ursachen. Die erste: Das Blut fließt zu langsam. Das kann der Fall sein, wenn wir viel in abgeknickter Haltung sitzen, zum Beispiel auf Reisen, wenn wir stundenlang liegen, etwa weil wir krank sind, oder bei massiven äußeren Krampfadern. Der zweite Risikofaktor ist eine entzündete Innenschicht der Venen, die beispielsweise durch Rheuma, chronische Darmerkrankungen, Krebs oder auch Corona entstehen kann. Und die dritte Ursache für Thrombosen: eine veränderte Zusammensetzung des Blutes, verursacht etwa durch Östrogen-Gaben wie bei der Pille, Chemotherapeutika, Kortison oder eine angeborene Gerinnungsstörung.

Wer schon immer mal eine Vene von innen anschauen wollte, der kann das am Samstag, 12. Oktober, beim Aktionstag in Nürnberg tun. Im Franken-Center gibt es viel Interessantes rund um Thrombose zu sehen und zu hören.
Foto: Frederick Ferschke | Wer schon immer mal eine Vene von innen anschauen wollte, der kann das am Samstag, 12. Oktober, beim Aktionstag in Nürnberg tun. Im Franken-Center gibt es viel Interessantes rund um Thrombose zu sehen und zu hören.
Wo bildet sich am häufigsten ein gefährlicher Blutpfropf?

Schimmelpfennig: Die meisten Thrombosen bilden sich in den Beinen. Verletzungen des Fußes, des Sprunggelenks oder Knies können Thrombosen auslösen, besonders dann, wenn eine Ruhigstellung erforderlich ist. Venen regeln den Rückfluss des Blutes zum Herzen. Dafür brauchen sie die Muskelpumpe. Die Venen liegen zwischen den Muskeln. Wenn Wade oder Sprunggelenk zu wenig bewegt werden, stockt der Blutfluss.

Bei welchen Symptomen sollte man hellhörig werden?

Schimmelpfennig: Verdächtig sind eine dauerhaft geschwollene Wade, Spannungsgefühl und bleibender Schmerz, oft in Verbindung mit Überwärmung und Verfärbung ins Bläulich-Rote. Wer so etwas registriert, für den gilt: ab zum Hausarzt! Der schickt einen dann, wenn nötig, weiter zum Facharzt, der einen Kompressionsultraschall veranlasst. Auch Schwangere haben ein erhöhtes Risiko für Thrombosen: durchs Anfluten von Hormonen und das wachsende Kind, das zusätzlich auf die große Hohlvene drückt. Abhilfe schaffen zum Beispiel Kompressionsstrumpfhosen für Schwangere.

Die "Volkskrankheit Thrombose" wird in weiten Teilen der Bevölkerung unterschätzt, sagen die Mitglieder des Aktionsbündnisses Thrombose, Prof. Johannes Thaler, Prof. Dr. Rupert Bauersachs,  Dr. Lutz Schimmelpfennig, Dr. Jutta Schimmelpfennig, Dr. Thomas Noppeney und Dr. Christoph Kalka. Sie möchten Aufklärung betreiben, um Leben zu retten.
Foto: Frederick Ferschke | Die "Volkskrankheit Thrombose" wird in weiten Teilen der Bevölkerung unterschätzt, sagen die Mitglieder des Aktionsbündnisses Thrombose, Prof. Johannes Thaler, Prof. Dr. Rupert Bauersachs, Dr.
Wie kann man Thrombosen behandeln?

Schimmelpfennig:  Mit gerinnungshemmenden Medikamenten, in der Regel zum Schlucken, und gezielter Kompressionstherapie. Oft reicht ein Kniestrumpf. Ziel der Behandlung ist es immer, dass der Thrombus, der Pfropfen, sich auflöst, beziehungsweise, dass er nicht weiter wächst. Wird eine Thrombose früh erkannt, ist es möglich, Komplikationen oder eine Lungenembolie zu verhindern.

Wie lange dauert so eine Behandlung?

Schimmelpfennig: Das hängt von der Ursache der Thrombose ab. Manchmal reicht es, einige Wochen Blutverdünner zu nehmen und Kompressionsstrümpfe zu tragen. Aber es gibt auch Fälle, die lebenslang behandelt werden müssen.

Was kann man im Alltag tun, damit sich erst gar kein Blutpfropf bildet?

Schimmelpfennig: Ganz einfach: sich bewegen! Wer viel sitzt, kann zum Beispiel immer wieder die Wadenmuskeln an- und entspannen und mit den Füßen wippen. Ausreichend trinken ist auch wichtig. Überflüssiges Bauchfett vermeiden, denn das drückt beim Sitzen auf die Bauchvenen. Bei längeren Auto-, Bus- und Flugreisen zur Vorsorge einen Stützstrumpf – "Reisestrumpf"  –  tragen, weil das den Blutfluss nach oben beschleunigt. Übrigens: Das müssen keine beigen Alt-Oma-Strümpfe sein. Es gibt ganz moderne, bunte Versionen. Auch Sportler, gerade Läufer, tragen sowas!

Aktionstag in Nürnberg

Risiko-Checks: Die Deutsche Gesellschaft für Angiologie (Lehre von den Gefäßen) lädt am Samstag, 12. Oktober, von 10 bis 20 Uhr im Franken-Center Nürnberg (Globauer Straße 30 bis 38) zu einer umfassenden Aufklärungsaktion ein. Besucher können sich mit Experten austauschen, ein begehbares Riesen-Organmodell erleben, an Risiko-Checks und Gewinnspielen teilnehmen.
Direkter Kontakt: "Man kann hier ganz ungezwungen mit Fachärzten sprechen", sagt Dr. med. Jutta Schimmelpfennig aus Bamberg, die bis 2016 in ihrem eigenen Zentrum für Gefäßmedizin in Burgebrach praktizierte. Heute leitet sie die AG Thrombose der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie und Lymphologie (DGPL) und engagiert sich im Aktionsbündnis Thrombose. Weitere Infos: https://www.risiko-thrombose.de
Quelle: ldk
 
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  • Harald Raiger
    Vielen Dank, liebe Mainpost, für die ausführliche Information, mir war das gar nicht bewusst, wie gefährlich so etwas sein kann !
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