
Die roten Lampen sind aus. Der gewerbliche Sex wurde vom Corona-Lockdown im März mit langfristiger Wirkung getroffen. Während das Gros der Unternehmen auf weitere Lockerungen hoffen darf, wird der Betrieb in Bordellen, Appartements und auf dem Straßenstrich noch lange still stehen. Was für viele, vornehmlich südosteuropäische Prostituierte schwerwiegende Folgen haben kann – zwischen illegaler Arbeit im Untergrund und Obdachlosigkeit.
"Bezahlter Sex verschwindet nicht, nur weil er verboten ist. Der Bedarf ist immer noch da", versucht Natalie Zimmermann-Bauer zu beschreiben, was ihr Tränen in die Augen treibt. Sie betreibt in Kitzingen und Würzburg zwei Bordelle unter dem Namen "Zaubermaus-Haus". Im Amtsdeutsch heißt ihr Unternehmensmodell gewerbliche Zimmervermietung. Das ist landläufige Praxis im Milieu, dem bundesweit, Dunkelziffer inklusive, rund 400 000 Prostituierte zugerechnet werden, davon nur rund 250 offiziell in Unterfranken. Hauptberufliche, fest niedergelassene Prostituierte mit eigenen Studios gibt es allenfalls in den Ballungszentren.
Keine Kurzarbeit-Regel, keine Soforthilfe
Die Frauen, überwiegend aus Rumänien, die normalerweise in den Zimmern der beiden "Zaubermaus"-Häuser auf eigene Rechnung und legal ihre Dienste anbieten, sind keine Angestellten. Ergo gibt es für sie keine Kurzarbeit-Regel und somit, anders als für hierzulande sozialversicherte und damit Hartz-IV-berechtigte Kolleginnen, kein Geld vom Staat. Auf Corona-Soforthilfe dürfen sie nicht hoffen. "Wenn sie keinen Betrieb führen, keine Betriebsnummer haben, besteht kein Anspruch", sagt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung Unterfranken mit Verweis auf die gerade anlaufende Sonderregelung für Künstler.
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Thomas Assenbrunner, Pressesprecher des bayerischen Wirtschaftsministeriums in München betont, dass Kosten für den Lebensunterhalt nicht in den Liquiditätsengpass einbezogen werden können, der ausschlaggebend für eine Soforthilfe sei: "Ein Liquiditätsengpass besteht, wenn die fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb voraussichtlich nicht ausreichen, um die Verbindlichkeiten in den folgenden drei Monaten aus dem erwerbsmäßigen Sach- und Finanzaufwand, beispielsweise gewerbliche Mieten, Pacht oder Leasingaufwendungen zu zahlen." Diese Prostituierten haben aber keine Betriebsausgaben.

Ein weiteres Problem: Wohnen dürfen die Sexarbeiterinnen in den tageweise angemieteten Arbeitsräumen nicht – das verbietet der Gesetzgeber auf Basis des Prostituiertenschutzgesetzes von 2017. Natalie Zimmermann-Bauer, die als Unternehmerin ins Milieu eingestiegen ist, sieht die Folgen: "Die Frauen gehen in die großen Städte und arbeiten illegal auf der Straße. Zu Bedingungen, die man seinem größten Feind nicht wünschen würde." Alles, was an Rechten erwirkt wurde, läge in Trümmern. "Wo vor Corona 1000 Freier waren, bleiben jetzt 100, denen alles egal ist. Und um die wird gefeilscht. Die Frauen unterbieten sich gegenseitig, für 30 Euro oder noch weniger machen sie alles. Wirklich alles, auch ohne Schutz. Nur um etwas Geld für eine billige Übernachtung und Essen zusammenzubekommen, sonst schlafen sie auf der Parkbank."
Ohne Geld und Rückreise-Ticket
Selbstständige Prostituierte aus Osteuropa arbeiten für gewöhnlich in einer Art Schichtbetrieb, erklärt die Bordellbesitzerin und schildert den typischen Ablauf: Die Frauen reisen ohne Geld und Rückreiseticket an und wechseln stets die Städte, was den Bordellbetreibern Abwechslung vor Ort ermöglicht. Nach drei, vier Wochen geht es dann zurück nach Hause, meist, um die Familie finanziell zu unterstützen. Viele, ergänzt Zimmermann-Bauer, hätten die Corona-Beschränkungen eiskalt erwischt: kein Geld, keine Unterkunft und keine Möglichkeiten auf eine Heimreise.
Das weiß auch Manuela Göhring von der Beratungsstelle Kassandra e.V. in Nürnberg. "Offiziell gibt es keine obdachlosen Prostituierten" – doch die Dunkelziffer sei nicht überschaubar. Inzwischen seien die behördlichen Vorgaben zwar aufgeweicht worden, das Übernachten in Bordell-Zimmern auf dringende Empfehlung der Berufsverbände und der Frauenministerien der Länder geduldet. Nur habe diese Info viele ausländische Frauen nicht mehr erreicht. Und Bordellbetreibern wie Natalie Zimmermann-Bauer fehlen oft Kontaktdaten der Frauen.
Gesundheitskonzepte nicht umsetzbar
Göhring betont zwar, dass keine Frau sich bei ihr gemeldet hätte mit dem Anliegen, trotz des Verbotes auf der Straße arbeiten zu wollen. "Aber wir wissen, dass es der Fall ist. Nur: Wir können nichts dagegen unternehmen." Die Kassandra-Mitarbeiterin ist als Streetworkerin auf der Straße unterwegs, wirft Infoblätter über das neugestattete Wohnrecht in die Briefkästen bekannter Adressen aus dem Milieu. Aber eine Idee, wie man Prostitution zurück in einen kontrollierbaren Rahmen bekommen könnte, hat sie nicht: "Ich habe mit dem Gesundheitsamt gesprochen. Aber: Wie will man in einer Branche, die vom Körperkontakt lebt, in der ein Mundschutz undenkbar ist, Hygienekonzepte umsetzen?"

Eine Frage, die sich auch Zimmermann-Bauer stellt. Die in Wiesentheid lebende Niederbayerin ist ratlos: "Man könnte in kleinem Rahmen etwas anbieten. Mit zwei Frauen pro Haus, die wöchentlich Schnell-Tests nachweisen und maximal fünf Freier pro Tag empfangen." Das sei zwar kaum zu kontrollieren, "aber so wie es jetzt läuft, läuft es aus der Kontrolle. Gegenseitiges Vertrauen wäre der einzige Schlüssel, damit diese Frauen wieder an der Gesellschaft teilhaben können." Nur: Vertrauen wird kaum Basis für eine Lockerung der Einschränkung werden können.
Notfalls umstellen auf Pensionsbetrieb
Die 47-Jährige ist selbst Betroffene der Corona-Krise. Die 5000 Euro Soforthilfe habe sie noch nicht erhalten, dafür läuft die monatliche Miete für das Haus in Kitzingen in Höhe von 3000 Euro monatlich weiter. Und für das Haus in Würzburg der Kredit, sie hatte es erst vor wenigen Monaten gekauft. "Wir sind die Letzten, die wieder aufmachen dürfen. Das Jahr 2020 habe ich abgehakt." Für die schlimmsten Prognosen, dass es auch 2021 mit dem normalen Bordellbetrieb nicht weitergehen könnte, hat Zimmermann-Bauer nur einen wagen Plan B: Umstellen auf Pensionsbetrieb.
Dieses Land ist so inkonsequent: Wenn Prostitution erlaubt sein soll, dann brauchen die Mitarbeitenden Schutz und Rechte, wenn sie nicht erlaubt sein soll, dann müssen die Freier bestraft werden.
Und es lohnt auch immer ein Blick hinter die Kulissen: Weshalb kommen diese Frauen zu uns??? Aus Armut, Not und mit dem Wunsch ein vermeintlich besseres Leben zu haben - was sie aber hier nicht finden. So und da ist der Ansatz. Nicht etwa zu meinen , man(n) tue noch etwas Gutes!
Eine Katastrophe , liebe BundespolitkierInnen, die keiner ernst nimmt-so gewollt??
Ach ja...Gibt es in diesem Gewerbe eigentlich auch eine Bonpflicht?
Allerdings nicht wegen Frau Zimmermann-Bauer, sondern vielmehr wegen den armen Frauen, die für sie "arbeiten" ...!!!
Das "Mädchen" "Rosemarie" seinerzeit in Frankfurt/Main hatte da goldigere Zeiten
im Beruf.
Erst vor wenigen Tagen blickte das TV auf sie zurück. Freilich nur auf den Kriminal-
Fall "Nitribitt" (so hiess sie) ; der vor mehr als 50 Jahren Deutschland erregte. Sie
fuhr damals einen schwarzen Mercedes 190 SL. Dieses Auto-Modell* war damals schon teuer und heute als Oldtimer ist es deshalb immer noch sehr teuer. " Rosi steht oft darauf. "Gross-Industrie halt ...... "Leben und leben lassen.... arme Frauen; denen der oft schicke Wagen gar nicht gehört.