
So ganz ohne Auto können sich die wenigsten ein Leben auf dem Land vorstellen – aber wenn schon Auto, dann Carsharing, und das am besten elektrisch. So empfehlen es Umwelt- und Klimaschutzexperten. Schließlich kommt hier in der Theorie bei genügend grünem Strom das Beste aus zwei Welten zusammen: ein nachhaltiges Mobilitätsangebot gepaart mit emissionsfreien Fahrzeugen. Im Landkreis Kitzingen bieten die Städte Dettelbach und Iphofen seit vergangenem Jahr E-Carsharing an – mit bisher mäßigem Erfolg. Für die Kitzinger Grünen ist das Modell ein "wesentlicher Baustein" auf dem Weg zu klimaneutraler Mobilität. Sie wollen es in der Stadt etablieren. Im Stadtrat zeigte sich am Donnerstag die große Zerrissenheit bei diesem Thema. Am Ende fand der Antrag nur eine hauchdünne Mehrheit.
Mal eben zum Einkaufen in den Supermarkt, das Regal im Baumarkt abholen oder am Sonntag an den Badesee? Wer kein eigenes Auto besitzt, kann Carsharing nutzen, also das Angebot, Autos kurzzeitig anzumieten, zum Beispiel über eine App. Abgerechnet wird in der Regel über einen Zeit- oder Kilometertarif oder über eine Kombination aus beiden. Anbieter argumentieren, dass jedes Auto, das sie zum Teilen anbieten, im Idealfall bis zu 20 Fahrzeuge im Privatbesitz ersetzt. "Es ist die Möglichkeit, in ein für Kitzingen neues Modell einzusteigen", sagt Grünen-Stadträtin Gisela Kramer-Grünwald.
Doch die Anbieter tun sich schwer, Fahrt aufzunehmen. Carsharing sei an sich schon ein "äußerst grenzwertiges Geschäftsmodell", zitierte das "Handelsblatt" im Sommer 2021 einen Branchenkenner. Viele Betreiber schafften nicht mal eine Auslastung von 25 Prozent. "Mit reinen Elektroflotten verschärft sich diese ohnehin kritische Situation noch einmal", sagte der Experte. Schließlich seien batterieelektrische Fahrzeuge in der Anschaffung deutlich teurer als Verbrenner. "Und die höheren Preise lassen sich nicht eins zu eins an die Kunden weitergeben."
Das E-Carsharing läuft in Kitzingen zunächst für drei Jahre
Deshalb braucht es in kleineren Städten oft eine Anschubhilfe. Wie in Dettelbach und Iphofen soll auch in Kitzingen die Stadt – gemeinsam mit dem Energieversorger LKW – das Projekt subventionieren, zunächst probehalber für drei Jahre, wie Ralph Hartner aus dem Rathaus in der Sitzung sagte. Die Stadt errichtet für 20.000 Euro zwei Parkplätze mit Ladesäulen in der Innenstadt und in der Siedlung und trägt die monatlichen Leasingraten der beiden Fahrzeuge.
Im Fall des Dienstleisters Moqo wären das für zwei VW ID.3 rund 486 Euro, 200 Euro kommen direkt von der LKW. Eine überschaubare Summe, die sich über die Nutzung zum Teil refinanziert. Abgerechnet wird nach Zeit und gefahrenen Kilometern. Für eine dreistündige Mietdauer und eine Fahrt nach Würzburg wären etwa 19 Euro zu bezahlen. Das Fahrzeug muss nach Gebrauch immer wieder am ursprünglichen Standort abgestellt werden.

Es waren aber gar nicht die Kosten, die viele im Stadtrat an der Sache zweifeln ließen, sondern eine grundsätzliche Frage: Darf und soll die Stadt jetzt auch noch an dieser Stelle des Marktes tätig werden? "Hier sind die Automobilhersteller gefragt", sagte Jens Pauluhn (ÖDP). "Die verdienen schon genug Geld." Siegfried Müller (UsW) sah darin ein "Privileg für ein paar wenige" und fragte: "Wie viel Nutzen hat die Gesamtbevölkerung?" Und Uwe Pfeiffle (FW-FBW) warnte: "Wir nehmen unseren Kitzinger Taxiunternehmen Geschäfte weg – mit Steuermitteln. Das kann nicht sein."
Für Andreas Moser (CSU) ist eine Testphase durchaus in Ordnung, um das Angebot bekannt zu machen. Aber: "Es ist keine kommunale Aufgabe, Carsharing-Modelle für den Bürger zu finanzieren. Das muss irgendwann privatisiert werden." Oberbürgermeister Stefan Güntner (CSU), dessen Dienstwagen selbst teilelektrisch fährt, entkräftete Bedenken, etwa von Timo Markert (CSU), dass den Stromern einer "im Vorbeigehen den Stecker" ziehe. "Die Angst vor Vandalismus", so Güntner, "darf nicht dazu führen, dass wir im Stadtrat Dinge nicht mehr entscheiden."
Befürworter sehen E-Carsharing als Ergänzung zum ÖPNV
Für die Grünen steht E-Carsharing als "Ergänzung der allgemeinen Mobilität" und als "Alternative zum Zweitwagen" weit oben auf der Agenda, wie Kramer-Grünwald im Stadtrat sagte. Sie weiß aber auch, dass die Sache "Anlaufzeit" und Geduld braucht. Auch Manfred Paul (SPD) sprach von einer "sinnvollen Ergänzung zum ÖPNV" und einem "Schritt zu weniger Autos in der Stadt". Für den ÖPNV, so gab CSU-Fraktionschef Stephan Küntzer zu bedenken, sei allerdings der Landkreis zuständig. Und der solle auch für die Kosten beim E-Carsharing geradestehen. "Der Landkreis bekommt von uns Kreisumlage. Die könnte er nutzen, das umzusetzen. Ich weiß nicht, warum das immer die Kommunen machen sollen."
Als die Hände zur Abstimmung nach oben gingen, musste der OB zweimal nachzählen, so knapp war es: 16 Stimmen für das Modell, 14 dagegen. "Es ist ein Einstieg – nichts anderes", sagte Güntner.