zurück
DETTELBACH
Bürgermeisterin rechnet Kosten für CSU-Anfrage vor
Norbert Hohler
Norbert Hohler
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:01 Uhr

So etwas ist bisher von keinem Bürgermeister bekannt: Kosten für die Beantwortung einer Anfrage aus dem Stadtrat aufzurechnen – 15 Arbeitsstunden, 920 Euro. Geschehen in Dettelbach, nachdem Bürgermeisterin Christine Konrad (Freie Wähler) eine unliebsame Anfrage der CSU-Stadtratsfraktion zum Datendesaster beantwortet hatte.

Einen derartigen Umgang mit einem Recht jedes kommunalen Parlaments hat es nach Recherchen dieser Redaktion bisher in Mainfranken noch nie gegeben. Wenn überhaupt, werden gelegentlich Kostenaufstellungen für missliebige Bürgerbegehren angefertigt.

Zur Erinnerung: Am 8. Februar hatte ein Trojaner Stadtverwaltung und Stadtwerke lahmgelegt. Obwohl Lösegeld bezahlt wurde, ließen sich viele Daten aufgrund schwerwiegender Versäumnisse bei der Datensicherung nicht mehr herstellen. Nach wochenlangem Schweigen hatte sich Bürgermeisterin Konrad am 11. März der Presse gestellt und eine Erklärung verlesen, in der sie der früheren EDV-Firma alle Schuld zuwies. Die jetzt im Rathaus tätige „Kommuna“ hatte deren Vorgehen sogar „dilettantisch“ genannt. Die beschuldigte Firma bereitet eine Klage gegen die Stadt Dettelbach vor. „Wir können alle Vorwürfe widerlegen“, heißt es dort.

Die CSU-Stadtratsfraktion stellte weitere 14 Fragen zum Vorgehen von Stadtverwaltung und Rathauschefin. Diese wurden am 4. April auf sieben Seiten schriftlich von Konrad beantwortet und auch an diese Redaktion geschickt. Die detaillierte Liste der dafür angefallenen Kosten ging nur an die Stadträte – vertraulich.

Doch es ist die ureigene Aufgabe von Stadtratsfraktionen, Anfragen oder Anträge zu stellen. Auch die Kitzinger Landrätin Tamara Bischof (Freie Wähler) räumte auf Anfrage dieser Redaktion ein, dass es im Kreistag „eine solche Berechnung bisher noch nicht gegeben hat“. Dort seien aber auch noch keine seitenlangen Fragenkataloge einer Fraktion zu Themen eingegangen, „die ich vorher bereits umfassend dargelegt hatte“.

Bischof verteidigt Konrad, sie wüsste nicht, „warum die Berechnung von Kosten die politische Arbeit erschweren sollte“. Doch sollte das Beispiel Schule machen, hieße der Umkehrschluss: Stadträte, die keine Fragen haben und so keine Bearbeitungskosten verursachen, sind die Besseren. Wer bewertet außerdem, welche Anfrage sinnvoll, vertretbar oder überflüssig ist?

Zum Datenfall Dettelbach hat diese Redaktion Christine Konrad weitere Fragen gestellt, die bisher unbeantwortet sind. Wie lange hat es gedauert, diese Kostenaufstellung zu erstellen? Und was hat Konrads etwa doppelt so lange Erklärung für die Pressekonferenz am 11. März gekostet – denn nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung dürfte es solche Berechnungen ja nicht nur bei Anfragen der Opposition geben.

Aus Dettelbacher SPD-Kreisen war zu hören, mit diesem Vorfall sei eine „rote Linie“ überschritten worden. Teile der CSU-Fraktion waren am vergangenen Freitag aus Verärgerung einem lange vereinbarten Essen mit Bürgermeisterin, Stadtrat und Verwaltung ferngeblieben.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Dettelbach
Kitzingen
Norbert Hohler
Christine Konrad
Dettelbacher Datendesaster
Freie Wähler
Stadt Dettelbach
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • eboehrer@gmx.de
    dass da mal die Kosten genannt werden, was so eine Anfrage überhaupt bringt. Fragt sich nur, ob die Partei es auch beantragt hätte, wenn die Bürgermeisterin von ihrer Partei wäre. Und das ärgert mich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    ist so böse, das ist klar und gehört sich so.
    Das aber durch die Anfrage der Opposition keine realen Kosten entstanden sind ist aber auch klar, hoffe ich wenigstens.
    Reale Kosten wären nur entstanden wenn die Frau Konrad einen externen Dienstleister mit der Beantwortung der Anfrage beauftragt hätte. Sie hat aber nur ihre eh von der Stadt Dettelbach bezahlte Arbeit getan. Also kann von Kosten keine Rede sein und die Kostenrechnung ist deshalb absolut unverständlich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • B.K
    Sehr geehrter Herr Hohler,
    aus ihrem Artikel ist zu entnehmen, dass durch die Verwaltung die entstandenen Kosten für die Beantwortung einer Anfrage mitgeteilt worden seien. Aus ihren Ausführungen geht nicht hervor, ob diese der Fraktion in Rechnung gestellt wurden, was tatsächlich eine Berichterstattung begründen wurde. Daher stellt sich mir die Frage nach der Intention für ihren Artikel, wenn das Handeln der Verwaltung niemanden in seinen Rechten verletzte? Welchen Leser sollte den tatsächlich ein bloßer Kostenhinweis einer Verwaltung an eine Fraktion interessieren?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten