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Kitzingen
Betrug in großem Stil: Ohne das kleine Rädchen im Getriebe läuft nichts - Am Ende wird es für den kleinen Geldwäscher teuer
34-Jähriger stellt einem Bekannten sein Konto zur Verfügung und findet sich als Angeklagter in einem Geldwäscheprozess wieder. An den Folgen hat er lange zu knabbern.
Im Jahr 2023 überwies eine Bankangestellte im Kreis Kitzingen einen fünfstelligen Betrag auf ein privates Konto, das ihr ein falscher 'Geschäftsführer' am Telefon genannt hatte. 
Foto: Silas Stein | Im Jahr 2023 überwies eine Bankangestellte im Kreis Kitzingen einen fünfstelligen Betrag auf ein privates Konto, das ihr ein falscher "Geschäftsführer" am Telefon genannt hatte. 
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 13.04.2025 02:33 Uhr

Die Betrugsmasche war groß angelegt und zielte auf Betriebe. Die gut geschulten und bestens informierten Betrüger gaben sich als Geschäftsführer aus. Sie veranlassten Bankangestellte dazu, "dringende Überweisungen" auf bestimmte Konten zu tätigen. So haben sie deutschlandweit einen Millionenschaden verursacht. Auch im Landkreis Kitzingen hat es im Jahr 2023 einen solchen Fall gegeben. Der beschäftigte jetzt das Amtsgericht.

Dort saß – wie so oft in solchen Fällen – mit einem 34-jährigen gebürtigen Syrer ein "ganz kleines Rädchen im Getriebe" auf der Anklagebank. Nach den Worten von Richterin Ilka Matthes allerdings ein "Rädchen, ohne das die ganze Geschichte nicht funktioniert". Und das hatte Konsequenzen.

"Merkwürdige Sache" – aber reagiert hat der Mann nicht

Der Mann "aus der untersten von fünf Hierarchieebenen", wie ein Ermittler sagte, hatte einem Bekannten sein Konto zur Verfügung gestellt. 2000 Euro wollte der überweisen, sagte der Angeklagte dem Gericht. Nach kurzer Zeit waren nach drei Einzelüberweisungen über 20.000 Euro auf dem Konto eingegangen. Wenig später fuhr der Mann zusammen mit dem "Freund" zu einer Bankfiliale, hob das Geld ab. 1000 Euro konnte er behalten. Der Rest bekam der Bekannte.

Das Geschäft flog auf. Der 34-Jährige landet auf der Anklagebank. Vorwurf: Geldwäsche in drei Fällen. Der Mann war geständig. Dass er sein Konto seinem Bekannten, dessen Nachnamen er nicht einmal kennt, zur Verfügung gestellt hat, räumte er ein. Von dem Betrug im Hintergrund habe er nichts geahnt. Ihm sei die Sache zwar "merkwürdig" vorgekommen, reagiert habe er aber nicht.

Dass das ein Fehler war, weiß er heute. Der mehrfach wegen Trunkenheit und Drogendelikten vorbestrafte Mann wurde zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Als Bewährungsauflage muss er unter anderem 1000 Euro zahlen. In die Strafe eingeflossen sind dabei auch eine Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter und der illegale Besitz von Amphetamin.

Woher hatte der Mann Kenntnisse von Konten und Vollmachten?

Hauptgrund für die Bewährungsstrafe blieb allerdings die Geldwäsche. Dabei gab es Einblicke in den Ablauf des Betrugs aus dem Bereich der organisierten Kriminalität. Nach Auskunft eines ermittelnden Beamten saß der Kopf im Libanon. Die Betrüger verschafften sich detaillierte Kenntnisse über die ins Auge gefassten Betriebe. Wie genau, blieb offen. Dass die Masche funktioniert, sagte die Bankangestellte als Zeugin, die die Überweisungen veranlasst hatte. Der Anrufer sei ihr aus dem Call-Center vermittelt worden. Der Mann habe so genaue Kenntnisse von dem Betrieb, den Konten und den Vollmachten gehabt, dass sie überzeugt war, es handelt sich um den stellvertretenden Geschäftsführer, den sie vom Telefon her kannte. "Auch der Dialekt hat gepasst", sagte die Mitarbeiterin einer kleinen Filiale.

"Ich werfe mir vor, so blöd gewesen zu sein, um darauf hereinzufallen."

Dass sie die Überweisungen getätigt hat, bereut sie heute bitter. "Man hört so viel von Enkeltrick und anderen Betrugsmethoden", sagte sie. Sie sei sicher gewesen, dass ihr so etwas nicht passierte kann. Heute sagt sie: "Ich werfe mir vor, so blöd gewesen zu sein, um darauf hereinzufallen." Erklären könne sie es nicht. "Es war, als würde ich einer Gehirnwäsche unterzogen", sagte sie. Das belaste sie heute noch.

Immerhin. Die Bank hat reagiert. Überweisungen per Telefonanweisung, die nicht nur der Pflichtverteidiger als "erschreckend" bezeichnete, gibt es nicht mehr. Zudem hat die Firma das zunächst verschwundene Geld – rund 300.000 Euro – von der Versicherung der Bank wiederbekommen. Und die hat Chancen, nach dem Urteil in Kitzingen zumindest einen Teil zurückzuholen. Das Gericht hat neben den Strafen auch den Wertersatz von gut 23.000 Euro angeordnet. Das heißt, den Schaden zahlen muss das "kleine Rädchen", ohne das es nicht geht.

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    "Woher hatte der Mann Kenntnisse von Konten und Vollmachten?"

    Darin sehe ich für solche Fälle den Haupt-Dreh- und Angelpunkt. Das geht doch nicht ohne detailliertes(!) Insider-Wissen?!
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