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Kitzingen
Bedrohung und Beleidigung – oder doch alles harmlos? Die Wahrheit bleibt im Dunkeln.
Bedrohung und Beleidigung – oder doch alles harmlos? Die Wahrheit bleibt im Dunkeln.
Foto: Marijan Murat
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 01.04.2025 02:36 Uhr

Der Vorwurf im Strafbefehl war nicht ohne: Weil er ihm angeblich Geld schuldete, soll ein 49-Jähriger einen Bekannten im Eingangsbereich eines Supermarktes bedroht haben. Gleichzeitig soll er dessen farbigen Stiefsohn mit dem um ein unschönes Adjektiv ergänztes "N-Wort" rassistisch beleidigt haben. Der Handwerker wurde angezeigt. Er bekam einen Strafbefehl und sollte 4200 Euro (60 Tagessätze zu 70 Euro) zahlen. Er legte Einspruch ein. Mit Erfolg, wie die Verhandlung vor dem Amtsgericht in Kitzingen zeigte.

Dort machte der angeblich bedrohte 72-Jährige als Zeuge Aussagen, die gar nicht zu denen passen wollten, die Grundlage des Strafbefehls waren. Nach kurzer Verhandlung schlug Richterin Ilka Matthes vor, das Verfahren einzustellen. Verteidigung und Staatsanwaltschaft sahen das auch so. Ergebnis war die Einstellung auf Kosten der Staatskasse.

Vermieter spricht von 20.000 Euro Schaden

Im Strafbefehl hatte die Sache noch anders ausgesehen. Hintergrund der Geschichte war die Vermietung einer Wohnung des Angeklagten an den farbigen Stiefsohn des 72-Jährigen. Die kam nach Aussage des Angeklagten nur zustande, weil der Rentner für den jungen Mann – wenn auch nur mündlich – gebürgt hatte. Dann gab es Probleme. Der junge Mann ließ die Wohnung vermüllt zurück. Der Vermieter blieb nach eigenen Angaben auf einem Schaden von rund 20.000 Euro sitzen.

Vor diesem Hintergrund trafen sich die Beiden vor einer Bäckerei in einem Kitzinger Supermarkt. Dann, so die Anklage, kam es zu einem Wortwechsel wegen der angeblichen Schulden und der Zahlungsfähigkeit des 72-Jährigen. Dabei soll der 49-Jährige gesagt haben: "Schade, dass es hier so voll ist, aber ich treffe dich schon mal alleine und dann passiert was." Für die Anklage war das eine Bedrohung. Dazu kam eine Beleidigung, weil der Mann seinen ehemaligen Mieter rassistisch beleidigt haben soll.

Auf dem Video ist keine Auseinandersetzung zu sehen

Der Angeklagte wollte davon nichts wissen. Für ihn sei die Szene vor dem Bäcker keine Auseinandersetzung gewesen, vielleicht ein Wortwechsel um die angeblichen Schulden, sagte er. Mehr nicht. Der 72-Jährige sah das anders, sprach von einer Bedrohung, die er ernst genommen habe. Dann aber brachte er noch eine weitere Auseinandersetzung samt Körperverletzung vor der Bäckerei ins Spiel. Eine Szene, von der in der Anklage nichts zu finden war. Auch auf einem Video des Supermarktes war davon nichts zu sehen.

Mit der Aussage tat sich nicht nur das Gericht schwer. Der vorsichtige Vorschlag, das Verfahren mit einer Einstellung zu beenden, fand auf allen Seiten Zustimmung. Damit hat der Angeklagte nicht nur 4200 Euro gespart. Auch die Kosten für seinen Anwalt übernimmt die Staatskasse. Was genau zwischen den Kassen und dem Bäcker passiert ist, bleibt damit im Dunkeln.

 
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