Stell dir vor, bei dir brennt's, oder du hattest einen Unfall – und die alarmierten Retter erscheinen nicht, weil sie nicht durchkommen. Egal, ob enge Siedlungsstraßen, zugeparkte Feuerwehrzufahrten oder fehlende Rettungsgassen auf der Autobahn: Feuerwehr und Rettungsdienst in Kitzingen stehen immer wieder vor Situationen, in denen sie ausgebremst werden. Dann, wenn es besonders schnell gehen muss, um Menschenleben zu retten, müssen die Fahrer der Einsatzfahrzeuge sich manchmal zentimeterweise vortasten, weil Autofahrer ihr Fahrzeug auch dort abstellen, wo es verboten ist, bisweilen aus reiner Bequemlichkeit.
Spiegel und Kotflügel sind nur Zentimeter von den Hinternissen entfernt
Wie sich das für Rettungskräfte anfühlt, zeigt ein Ortstermin mit der Kitzinger Feuerwehr. Zehn Meter lang, zweieinhalb Meter breit und 3,30 Meter hoch ist die Drehleiter, die Thomas Schroll durch die Altstadt manövriert. An manchen Stellen trennen den Außenspiegel des 14-Tonners knappe zehn Zentimeter von der nächsten Hauswand. Zwischen dem Kotflügel der Drehleiter und den am Straßenrand stehenden Autos geht es genauso eng zu. "In der Grabkirchgasse bei der Kirche müssen wir im Ernstfall rückwärts reinfahren", beschreibt stellvertretender Kommandant Andreas Wintzheimer auf dem Beifahrersitz ein Beispiel dafür, wo es im Herzen Kitzingens aus Feuerwehrsicht besonders kniffelig ist. Würde dort ein Auto parken, wäre die Zufahrt unpassierbar.
Problematisch ist nicht nur die Altstadt. Im Muldengebiet etwa, im Bereich Alemannenstraße/Frankenweg, schlängeln sich die engen Zufahrten von verschiedenen Seiten zu den hintereinander stehenden Wohnblöcken. Dort hat schon verloren, wer nicht weiß, welche Straße von welcher Seite her anzufahren ist. Die Anschrift allein bringt einen nicht weiter. Kein Wunder also, dass dort Verkehrsschilder Anfahrtszonen für die Feuerwehr ausweisen, verbunden mit einem absoluten Halteverbot.
Beim Ortstermin mit der Drehleiter halten sich alle dort parkenden Autos an die Regeln. Doch Schroll und Wintzheimer haben es oft genug anders erlebt. "In den Wohngebieten wird es schlimmer", berichtet der Fahrer der Drehleiter. Die Zahl der Autos wächst, nicht jedoch die Zahl der Parkplätze. Folglich parken immer mehr Autos rechts und links am Straßenrand und es wird ganz eng für Großfahrzeuge der Feuerwehr, erst recht, wenn zusätzlich Büsche in die Straße ragen oder Mülltonnen dort stehen.
Fehlende Rettungsgassen auf der Autobahn verursachen Chaos
Doch nicht nur in der Stadt, auch bei Einsätzen auf den Autobahnen erlebt die Kitzinger Feuerwehr bisweilen chaotische Szenen, wenn Verkehrsteilnehmer die Regeln zur Bildung einer Rettungsgasse missachten. Die großen Fahrzeuge der Feuerwehr gelangen dann kaum noch durch den Stau zum Unfallort.
Kitzingens Kommandant Matthias Gernert erinnert sich an einen Einsatz Ende Februar auf der A 3, auf der die Kitzinger Feuerwehr wegen des größeren Verkehrsaufkommens deutlich häufiger Probleme mit fehlenden Rettungsgassen hat, als auf der A 7. In diesem Fall mussten Feuerwehrleute aussteigen und Fahrer einzeln davon überzeugen, Platz zu machen. Gernert hatte damals von der Szene ein Video bei Facebook gepostet.
Besonders schlimm ist es, wenn Lastwagen nebeneinander im Stau stehen. Wenn diese dann noch das Rangieren anfangen, verkeilen sie sich leicht so stark, dass sie weder vor noch zurück kommen. Dann heißt es Endstation für Rettungsfahrzeuge; alle Blaulichter und Martinhörner der Welt schaffen keine freie Bahn mehr.
- Die Kitzinger Feuerwehr vermeldet aber auch Fälle, in denen die Rettungsgasse funktioniert hat ...
Fehlende Rettungsgassen sind aus Sicht des Rettungsdienstes im Vergleich zu zugeparkten Straßen das größere Problem, sagt Felix Wallström, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Kitzingen. In der Stadt finden die Rettungswagen, die kleiner sind als die Löschfahrzeuge der Feuerwehr, in den allermeisten Fällen einen Weg, wie sie sich zum Einsatzort durchschlängeln können.
Wallström berichtet aber von einem besonders drastischen Fall aus dem vergangenen Jahr auf der A 3 bei Geiselwind. Dort musste in Kleinkind reanimiert werden, das in einem Auto im Stau saß. Einzig ein Motorradfahrer des BRK schaffte es damals zu dem Kind in Lebensgefahr. Ein Rettungshubschrauber flog es in eine Klinik. Das Kind überlebte.
Rettungsdienst ließ Falschparker an der Klinik abschleppen
Regelmäßigen Ärger mit Falschparkern hat die Klinik Kitzinger Land. Dort macht stellvertretender Klinik-Vorstand Uwe Pfeiffle zwei Problemzonen aus: Das Umfeld der Liegendeinfahrt für die Notfallpatienten und die Bushaltestelle vor dem Haupteingang der Klinik. Wegen der aktuellen Baustelle geht es an der Liegendeinfahrt ohnehin beengt zu.
Doch mehrmals pro Woche, so schildert es Pfeiffle, stünden gegenüber der Einfahrt oder daneben Autos, ungeachtet der dortigen Halteverbotsschilder. Vor einigen Wochen hat der Rettungsdienst laut Pfeiffle ein Auto abschleppen lassen, das so unpassend parkte, dass ein Rettungswagen die Liegendeinfahrt nicht mehr erreicht hat; der Patient musste auf der Straße ausgeladen werden.
Wenn Autos an der Bushaltestelle vor der Klinik verbotenerweise parken, was laut Pfeiffle täglich passiert, zwingen sie den Bus, auf der Straße zu halten. In solchen Fällen blockieren sie die bereits vor Jahren zur Einbahnstraße umgewandelte Zufahrt zu Klinik, die auch Notarzt- und Rettungswagen nutzen. Wenn Mitarbeiter der Klinik Falschparker ansprechen, ernten diese selten Verständnis, würden teilweise sogar beleidigt, sagt Pfeiffle.
"Um dem Treiben endlich Herr zu werden, wird die Klinikleitung parkende Fahrzeuge auf der Bushaltestelle verstärkt der Polizei melden und Anzeige erstatten", kündigt er an und verweist auf über 200 Parkplätze im Umfeld der Klinik. 40 davon befinden sich direkt gegenüber dem Klinikeingang, wo Autos für die ersten 15 Minuten Parkdauer auch nichts zahlen müssen.