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Kitzingen
Aus dem Gericht: Heftiger Ausraster nach dröhnenden Bässen
Immer wieder Ruhestörungen weit nach Mitternacht: Im Juni 2021 wurde es einem Bewohner zu viel. Er hat zugeschlagen und landete vor Gericht.
Rechtfertigt eine Ruhestörung eine Körperverletzung? Das musste das Kitzinger Gericht entscheiden (Symbolfoto).
Foto: Oliver Berg | Rechtfertigt eine Ruhestörung eine Körperverletzung? Das musste das Kitzinger Gericht entscheiden (Symbolfoto).
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:04 Uhr

Laute Musik und dröhnende Bässe in einem Imbiss im Erdgeschoss eines Hauses in der Kitzinger Innenstadt – ruhebedürftige Bewohner im Stock darüber: Lärmbelästigungen weit nach Mitternacht haben einen 56-Jährigen im Juni 2021 ausrasten lassen. Der Mann ist in das Lokal gestürmt, hat die Musikanlage zu Boden geworfen und auf einen Angestellten eingeschlagen. Wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung saß er jetzt auf der Anklagebank des Amtsgerichts Kitzingen.

Dort verurteilte Richterin Ingrid Johann den weitgehend geständigen Monteur zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe. Zudem muss er 1000 Euro zahlen. Der Staatsanwalt hatte vor allem "wegen der Qualität der Körperverletzung im oberen Bereich" neun Monate und 3000 Euro gefordert. Der Verteidiger hatte auf die Einsicht seines Mandanten hingewiesen und festgestellt: "Wir befinden uns noch im Bereich der Geldstrafe." Höchstens 90 Tagessätze zu 25 Euro seien angebracht. Das Urteil liegt irgendwo in der Mitte.

Faustschläge und eine Kopfnuss

Der Staatsanwalt stellte nach einer Anregung, das Verfahren mit einer Einstellung zu beenden, schnell klar: "Eine Einstellung des Verfahrens ist komplett ausgeschlossen." Grund war die brutale Vorgehensweise des 56-Jährigen und die Folgen für den Angestellten. Als die Bässe in dem Lokal am 18. Juni 2021 auch um 2 Uhr noch dröhnten und in der Wohnung darüber an Schlaf nicht zu denken war, hat es dem Mann gereicht. "Da wirst du blöd", versuchte er den Auftritt zu erklären. Er stürmte durch den Hintereingang in den Imbiss.

Beim Versuch, die Kabel der Musikanlage zu kappen, stürzte die zu Boden. Dann ging er auf den "ziemlich betrunkenen" und mit Gästen feiernden Angestellten los. Er versetzte ihm eine Kopfnuss, traf ihn mit seinem Kopf mitten im Gesicht. Es folgten Faustschläge, ebenfalls ins Gesicht. Ob es dann noch Tritte gegen den inzwischen am Boden liegenden Mann gab, blieb am Ende offen. Die Folgen waren mit oder ohne Tritte gravierend. Der Mann war kurz in stationärer Behandlung und dann zwei Monate krank geschrieben.

Der schwer behinderte Sohn fand keine Ruhe

"Mein Mandant weiß, dass er zu weit gegangen ist", ließ er seinen Verteidiger erklären und er habe sich kurz nach dem Auftritt auch entschuldigt. Entscheidend für den Ausraster sei die Vorgeschichte. Das Haus gehört der Frau des Angeklagten, die mit der Familie über dem Lokal wohnt. Das ist seit zehn Jahren vermietet und wird als Imbiss und Bar genutzt. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren ist es zu nächtlichen Lärmbelästigungen gekommen. Immer wieder hat es Anzeigen gegeben. Immer wieder sind die nach einer Entschuldigung der Mieterin zurückgenommen worden.

Im Juni 2021 war das Maß dann wohl voll, als nach einer Feier und reichlich Alkohol gegen 2 Uhr die Musikanlage wieder aufgedreht wurde. "Wutentbrannt, schlaftrunken und voller Adrenalin" habe sein Mandant die Ruhestörung beenden wollen, auch weil sein schwer behinderter Sohn keine Ruhe fand. Vor diesem Hintergrund werde der Auftritt nachvollziehbar.

Geldstrafe nicht vertretbar

Nicht so ganz, stellte das Gericht klar. Auch die massiven Provokationen rechtfertigen in keinem Fall, dass man so heftig vorgeht. "Kopfnuss und Schläge, eine solche Behandlung geht gar nicht", sagte Richterin Johann. Auch im Blick auf die Folgen, die noch viel schlimmer hätten sein können, hielt sie eine Geldstrafe für nicht mehr vertretbar.

Wie es in dem Haus weitergeht, ist übrigens offen. Das Mietverhältnis ist zum Jahresende gekündigt. Ein Nachmieter ist nicht in Sicht. Es droht ein finanzieller Verlust, aber es besteht auch die Aussicht auf ruhigere Nächte, für den 56-Jährigen und seinen Sohn.

 
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