Wenn man von einem Wiederholungstäter spricht, ist das selten nett gemeint. Im Fall Alexander von Dungerns jedoch trifft diese Bezeichnung absolut zu – und seine Taten sind ein Gewinn für Marktbreits Altstadt. Fünf Häuser hat er dort bereits renoviert. Und eigentlich hat er schon das nächste im Auge. Wäre in der Bachgasse nicht so viel Verkehr, hätte er vielleicht schon mit dem Renovier-Projekt Nummer sechs in Marktbreit begonnen. Doch in seinen Augen fehlt der politische Wille, um die Aufenthaltsqualität in der Altstadt zu erhöhen.
Das private Rezept des ehemaligen Sternekochs gegen Leerstand und Verödung: „Ich kaufe immer nur Häuser, die keiner will.“ In einem solchen Haus, Renovier-Projekt Nummer fünf, lebt der 58-Jährige seit 2015 mit seiner Frau Simone Michel-von Dungern am ruhigen Ende der Schustergasse. Was heute als ein schönes Gebäude daherkommt, waren ursprünglich zwei Häuser. 2006 hatte die Leiterin des Marktbreiter Museums Malerwinkelhaus den heute hinteren Teil als Häuschen mit 80 Quadratmetern in der Unteren Rosmaringasse gekauft.
Zustand des Hauses war eine Katastrophe
Das heruntergekommene Nachbarhaus wollten sie eigentlich gar nicht haben. Dem Paar ging es nur darum, Michel-von Dungerns angrenzenden Besitz vor dem gemeinsamen Untergang zu bewahren. Nach der ersten Besichtigung sei klar gewesen, „dass es eine Katastrophe war“, erinnert sich Alexander von Dungern. Gekauft hat das Paar diesen vorderen Teil des Gebäudes dann doch 2009 – und in dem Jahr auch geheiratet.
Ein Messie lebte dort, wo die beiden heute ihr Zuhause haben. Statt Dielenböden und detailverliebter Einrichtung gab es damals nur Müll bis unters Dach, sage und schreibe 300 Kubikmeter trugen sie heraus. Zudem habe ein Vorbesitzer mit falschen Umbauten dem Haus mehr geschadet als der Messie hinterher. Von Dungern empfiehlt in dem Fall, auf die Ur-Grundrisse zurückzugehen.
Balken-Bohlen-Decke kommt zum Vorschein
Ein grundsätzlicher Tipp, der auch bei dem Gebäude von 1603 funktionierte. Zugutekam ihnen dabei, dass es ein großzügig gebautes Haus war, erkennbar an den Raumhöhen und Zimmergrößen. Eine der wenigen positiven Überraschungen fand sich im ersten Stock: eine Balken-Bohlen-Decke, die sie von Gipsplatten und Putz befreiten.
Sie schmückt heute das Musikzimmer Simone Michel-von Dungerns. Diese Leidenschaft, die der Saxofonistin 2005 den Deutschen Rock & Pop Preis einbrachte, möchte die 53-Jährige mit mehr Menschen teilen. Im Erdgeschoss des Hauses ist der „Spielraum“ entstanden, eine Bühne für „Soul, Pop und Rocktitel im kleinen Format“, wie es in der Ankündigung für das erste Konzert heißt. Gewissermaßen eine musikalische Belebung der Altstadt – bei freiem Eintritt.
Viel Verkehr und dunkle Schaufenster
Alexander von Dungern ist der Überzeugung, dass diese Belebung insgesamt dringend notwendig ist. Politik für den Altort zu machen sei auch sein wichtigstes Anliegen in seiner Zeit als Stadtrat (2002 bis 2008) gewesen. Dem 58-Jährigen geht dort vieles zu langsam, wie er bei einem Rundgang durch das eigentlich schmucke Städtchen verdeutlicht. Der Spaziergang führt von Nummer fünf aus vorbei an den ersten vier Häusern, die der gelernte Schreiner in den vergangenen 23 Jahren in Marktbreit hergerichtet hat (siehe Infokasten). Der Weg führt vorbei an vielen dunklen Schaufenstern und wieder zurück durch die Bachgasse, deren Verkehr von Dungern vor allem ein Dorn im Auge ist.
Die Straße nutzen viele Autofahrer statt der Umgehung als Durchfahrt – und halten sich auch nicht ans Tempo 30 dort. Bei den vielen Fahrzeugen helfe es auch nichts, dass die Bachgasse mit Bäumen und Pflasterstreifen schön hergerichtet worden sei. Von Dungerns Idee: den Durchgangsverkehr dort verbieten. Die Stadttore von Samstagmittag bis Sonntagabend für den Verkehr schließen wäre noch so ein Wunsch.
Kommt doch noch die Renovierung von Haus Nummer sechs?
Bei dem Spaziergang betont von Dungern einerseits, dass er die kommunale Förderung der Stadt für beispielhaft hält, andererseits geht es ihm einfach nicht schnell genug: „Es ist eine Schande für so eine reiche Kommune wie Marktbreit, wie der Altort ausschaut.“ Aber vielleicht bringt ja die schon länger geplante Verkehrsüberwachung per Blitzer (siehe Interview) einen ersten Erfolg. Und Alexander von Dungern packt in der Bachgasse doch noch Haus Nummer sechs an.
Stationen Alexander von Dungerns in Sommerhausen und Marktbreit
Der Stern: 1985 kauft Alexander von Dungern sein erstes renovierbedürftiges Haus in Sommerhausen. Er erkocht sich im „Restaurant von Dungern“ einen Stern im Guide Michelin. 1999 wieder verkauft.
Haus 1 in Marktbreit: Nächstes Projekt ist das Häuschen am Stegturm in Marktbreit, 1995 gekauft, 1999 bezogen. Heute lebt dort seine erste Frau.
Haus 2: Nach neun Jahren Kochen auf Sterne-Niveau kauft von Dungern den „Alten Esel“ in Marktbreit, bietet dort nach seiner Aussage „grundsolide und abwechslungsreiche Küche“. Seit 2013 gehört der Alte Esel dem Koch Markus Söder und seiner Frau Ramona.
Haus 3: Ab 2003 renoviert Alexander von Dungern das Schlachthaus in Marktbreit. Darin ist heute unter anderem ein Schuhgeschäft, im ersten Stock wohnt sein Sohn.
Haus 4: Das rote Häuschen in der Schustergasse folgt 2004/2005. Es ist an die Logopädin Carina Gruber-Fries vermietet, die darin ihre Praxis hat. Haus 5: 2009 schließlich folgt das Haus in der Schustergasse 22. Im dortigen „Spielraum“ findet am 28. Juni das erste Konzert statt. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung dafür nötig. Diese und weitere Infos gibt's per Mail an spielraum@saxophonie.eu bh