Die Stelle, an der es passierte, ist auch zwei Wochen später noch gut erkennbar. Ein großer schwarzer Fleck auf dem Schotter markiert den Bereich, der seit dem 11. August als Tatort gilt und von der Polizei ein Aktenzeichen bekommen hat. Glasscherben und verkohlte Kleinteile liegen im Radius von ein, zwei Metern am Boden verstreut, es riecht noch immer nach verschmortem Plastik. Am Sonntag, 11. August, ist hier, auf dem Kiesparkplatz des Markt Einersheimer Schwimmbads, unter mysteriösen Umständen ein Auto ausgebrannt.
Die Nacht ist über die Marktgemeinde hereingebrochen und der "Tatort" im Ersten gerade zu Ende, als bei der Polizei der Notruf eingeht. Anwohner in dieser Einöde haben gegen 21.50 Uhr den Feuerschein bemerkt und die 112 gewählt. Die Markt Einersheimer Feuerwehr ist rasch mit 17 Mann vor Ort, legt einen Teppich aus Schaum und Wasser um das brennende Fahrzeug, aber viel sei da nicht mehr zu machen gewesen, sagt Kommandant Reiner Wirth zwei Wochen später. "Das Auto war schon fast ausgebrannt."
So gut wie nichts sei mehr erkennbar gewesen, kein Sitz, keine Gegenstände, nicht einmal mehr die Farbe des Fahrzeugs, das sich später als grüner Suzuki Jimny herausstellt, ein robustes SUV, das seit 1998 in Europa vertrieben wird. Selbst der Tank ist schon durchgebrannt, als Wirth und seine Leute am Parkplatz eintreffen. Die Flammen müssen also schon eine ganze Weile gelodert und eine enorme Hitze entwickelt haben.
Die Würzburger Kripo spricht schnell von Brandstiftung
Nach anderthalb Stunden rückt die Feuerwehr wieder ab. Wirth bekommt noch mit, wie die Polizei das ausgebrannte Wrack auf einen Abschleppwagen verladen lässt. Dann ist der Spuk für diese Nacht vorüber. Die Situation auf dem Parkplatz, die ganze Szenerie, das alles wirkt nicht nur auf ihn "recht komisch".
Schnell bestätigt sich in den Tagen danach ein Verdacht: Es war Brandstiftung. Viel mehr kann oder will die Kripo Würzburg, die den Fall an sich gezogen hat, aber zunächst nicht preisgeben. So bleiben Fragen. Nach dem Eigentümer des Fahrzeugs. Nach dem mutmaßlichen Brandstifter. Nach möglichen Zeugen.
Der 11. August ist ein heißer Tag, verschwenderisch viel Wärme, um die 30 Grad. In Scharen suchen die Familien mit ihren Kindern Abkühlung im Freibad. Als das Bad um 20 Uhr seine Pforten schließt, weicht das hektische Treiben mit einem Mal von diesem Ort. Leute aus dem Dorf gehen hier mit ihren Hunden Gassi. Manchmal trifft sich hier draußen abends noch die Jugend – ob auch an diesem Abend, weiß man nicht.
Der Tatort liegt außerhalb des Ortes am Freibad
Das Terrassenbad liegt ein Stück weit außerhalb des Dorfes. Von der B8 kommend muss man Markt Einersheim einmal komplett durchfahren und dann am Ortsausgang nach rechts auf einen unübersichtlichen Weg abzweigen. Um auf den Schotterparkplatz zu gelangen, braucht es am Freibad noch einmal eine kleine Biegung. Der Parkplatz ist vorne begrenzt von der schmalen Straße, eher einem Feldweg, hinten durch ein kleines Wäldchen und den Moorseebach. Eine idyllische, einsame Gegend.
Die nächsten Häuser sind 100, 150 Meter entfernt, sie liegen versteckt hinter Buschwerk und großen Bäumen. Von diesen etwas zurückgesetzten, eingewachsenen Objekten sieht man in der Regel nicht bis zu der Stelle, an der das Auto brannte. Und im Freibad, wo man am ehesten einen Blick auf den Parkplatz hat, sind zu so später Stunde keine Gäste mehr. Über das Tal spannt sich eine mächtige Eisenbahnbrücke, über die Tag und Nacht die ICEs und Güterzüge donnern. Auch von dort sieht man kaum, was unten passiert.
Es ist der perfekte Ort, um sich eines lästig gewordenen Fahrzeugs zu entledigen. Aber von wem und wieso?
Die Polizei teilt Ende vergangener Woche auf Anfrage mit, dass der Halter inzwischen ermittelt sei: ein Mann aus Mittelfranken. Ihm sei das Auto gestohlen worden. Mehr erfährt man nicht. Im Ort gibt es widersprüchliche Aussagen: Einer will den Wagen schon Tage zuvor auf dem Parkplatz stehen gesehen haben, mal mit, mal ohne Nummernschilder. Andere wollen Fremde am oder im Auto beobachtet haben, sogar, dass jemand damit herumfuhr. Der Markt Einersheimer Bürgermeister Herbert Volkamer kann nichts von all dem bestätigen. Er wisse "nichts Konkretes", auch nicht von der Polizei.
Waren es zwei Täter? Mussten sie das Auto loswerden?
Wahrscheinlich ist, dass es mindestens zwei Täter waren. Einer, der den Wagen hierher gebracht hat, und einer, der hinterhergefahren ist, im Fluchtauto, um den Tatort möglichst schnell wieder zu verlassen. Hatten die Täter Ortskenntnisse, oder haben sie die Stelle zufällig gewählt? Mussten sie den Wagen loswerden, weil er ihnen zu heiß wurde?
Waren es Jugendliche, die sich das Auto nahmen, um ein bisschen Spaß zu haben, und es dann abfackelten? Oder wurde mit dem Fahrzeug eine andere Straftat verübt und die Täter zündeten es später an, um Spuren zu verwischen?
Wahrscheinlich ist, dass sie Brandbeschleuniger benutzt haben, Benzin, Spiritus, was auch immer. Das vorgefundene Bild legt diesen Verdacht nahe, auch wenn ein Kanister oder eine Flasche nicht gefunden wurde und die Polizei davon spricht, dass die Brandursache wohl nicht mehr zu klären sei. Sicher ist: Die zerstörerische Hitze hat viele Spuren gefressen, die die Täter womöglich im Wagen hinterlassen haben.
Bei den Ermittlern gibt man sich zu allem, was den rätselhaften Fall angeht, bedeckt. Ruft man in der Pressestelle des Polizeipräsidiums Unterfranken in Würzburg an, hat man einen Beamten am Telefon, der auf viele Fragen eine oft gleichlautende Antwort hat: "Dazu kann ich nichts sagen." Die Frage ist am Ende, ob er nichts sagen darf oder ob er wirklich nichts weiß. Er sagt dann noch, dass im Moment viele Abteilungen wegen der Urlaubszeit nur spärlich besetzt und manche Dinge eben liegen geblieben seien.
Freundliche Grüße
Lukas Will
Digitales Management