Am 29. Dezember feierte Aloysia Streng aus Sommerach gemeinsam mit ihren vier Kindern, acht Enkeln und zwölf Urenkeln ihren 100. Geburtstag. Als Geschenk gab es ein dickes Fotobuch, das das ereignisreiche Leben der Jubilarin dokumentierte.
1923 erblickte Aloysia Streng in Walsum am Rhein das Licht der Welt. Benannt wurde sie nach ihren beiden Großmüttern, doch ihr Rufname änderte sich mit den Ländern, in denen sie lebte: Von der "Lisi" in der Familie wurde sie in Frankreich zu "Alise", in Holland war sie die "Lies", in Tschechien wieder "Lizi" und dann in Deutschland die "Liesl", als die sie heute auch in Sommerach bekannt ist.
Ihr Vater Karl arbeitete als Hauer in einer Kohlengrube. "Es war damals eine schlechte Zeit und viele Menschen waren arbeitslos", erinnert sie sich. Die Familie ging deshalb mit der zweijährigen Lisi und ihrem älteren Bruder Josef nach Lens in Frankreich. Jahre später zog die Familie mit nun drei Kindern nach Holland um, da es dort modernere Zechen gab.
Per Inserat suchte der Vater nach einer neuen Frau
Ihre Zeit in Holland beschreibt die Jubilarin als glücklich. "Wir hatten dort viele Freunde. Alle Nationen waren vertreten und haben sich gut verstanden." Dann jedoch verstarb 1931 überraschend ihrer Mutter und der Vater stand mit den nun vier Kindern alleine da. Per Inserat suchte er eine neue Frau, die vor allem gut kochen können sollte und lernte so Aloysia Strengs Stiefmutter Franziska, eine Köchin aus Tschechien kennen.
Als Mitte der 1930er-Jahre alle Ausländer in den Zechen entlassen wurden, zogen die Kühns nach Prostejov in Tschechien. "Mein Vater hat schon damals gesagt, dass der Hitler nichts Gutes bedeutet", erinnert sich die Jubilarin genau. Mit bereits 13 Jahren endete dort die Schulzeit für Aloysia Streng. Um die große Familie – drei weitere Geschwister waren hinzugekommen - finanziell zu unterstützen, arbeitete sie in einer Kleiderfabrik.
Nach den Wirren des Krieges wurde Aloysia Streng 1946 mit ihrer Familie aus dem Sudetenland vertrieben und landete über in Wiesentheid in Sommerach. Dort lernte sie ihren späteren Mann, den Winzer Johann Streng kennen, der von 1960 bis 1981 Bürgermeister von Sommerach war. Das Paar heiratete 1950 und bekam eine Tochter und drei Söhne. 1955 bauten sie das heutige Haus und Weingut. 1997 verstarb ihr Mann.
Mit über 90 Jahren noch ein Buch über ihr Leben geschrieben
Mit Blick auf ihr bisheriges Leben sagt Aloysia Streng: "Ich musste immer viel arbeiten, aber ich habe es mit Freude getan und nicht bereut. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, so wie es war." Mit mehr als 90 Jahren hat sie auf Drängen ihrer Kinder und Enkel ihre Lebenserinnerungen aufgeschrieben. 150 Bücher wurden gedruckt und ausschließlich verschenkt.
Lesen ist nach wie vor ein Hobby der Jubilarin. Früher hat sie für die Kinder auch immer Kleidung genäht und gestrickt. Wünsche hat sie keine mehr. "Ich bin 100 Jahre alt geworden und lebe noch in meinem Haus im Kreis meiner Familie. Was soll ich mir da noch mehr wünschen?", fragt sie und lächelt.