Ein Jahr im Ausland – davon träumen viele jungen Menschen. Für Emilia Zugelder ist der Traum wahr geworden. Seit Oktober vergangenen Jahres arbeitet die Dettelbacherin in dem kleinem Dorf Riangdo in Ostindien. Zugelder hatte schon länger den Wunsch, außerhalb von Europa zu arbeiten. Aber dass es am Ende Indien wurde, war dann doch eher ein Zufall.
Eigentlich wollte Emilia für ein Jahr nach Afrika
"Meine Eltern kannten einen Priester in Dettelbach, der aus Indien kommt. Er hat meinen Eltern erzählt, dass er bei Don Bosco arbeitet. Dadurch bin ich auf die Organisation gekommen", sagt Emilia bei einem Videoanruf über WhatsApp. Die katholische Organisation Don Bosco Volunteers bietet Jugendlichen Freiwilligendienste mit Kindern und Jugendlichen im In- und Ausland an. Die Kosten für das Jahr werden von Don Bosco übernommen sowie ein monatliches Taschengeld von 100 Euro. "Das ist in Indien richtig viel Geld; ich komme damit easy klar", erzählt Emilia.
Nachdem die 20-Jährige ein Praktikum in einer Grundschule gemacht hatte, war ihr klar, dass sie mit Kindern arbeiten möchte. Für die Bewerbung musste sie ein Motivationsschreiben und ihren Lebenslauf abschicken. Schon nach ungefähr einer Woche wurde Emilia zu einem Kennenlerntag mit anderen Freiwilligen eingeladen.
"Ich hatte mich eigentlich für Afrika beworben, doch die Organisation hat mir dann Ostindien vorgeschlagen", berichtet Emilia, die ihr Abitur an der Kitzinger FOS/BOS gemacht hat. "Da in dem östlichen Teil von Indien eher Englisch gesprochen wird, habe ich mich für Indien entschieden."
Die Köchin im Pfarrhaus ist der einzige Luxus für Emilia
Als es im Oktober losging, freute Zugelder sich sehr, dennoch waren die ersten Wochen für die junge Frau die schwierigsten." Ich musste erstmal realisieren, dass ich dort jetzt für ein ganzes Jahr bin", sagt Emilia. Weit weg von daheim, von der Familie, der gewohnten Umgebung. Die junge Dettelbacherin gewöhnte sich dennoch schnell an ihr Leben in Indien. Geholfen hat ihr dabei auch ihre Kollegin Veronika Stangl, die auch ein Jahr in Riangdo ist.
Die beiden Mädchen wohnen im Pfarrhaus. Damit haben sie eines der besten Häuser im Dorf bekommen. Der Priester hat auch eine Köchin, die jeden Tag kocht. Das Essen besteht hauptsächlich aus Reis mit Gemüse oder Fleisch. Das ist Luxus. Doch es gibt auch ungewohnte Einschränkungen für Emilia und Veronika. Geduscht wird mit einem Eimer Wasser. "Selbst daran hab ich mich gewöhnt", sagt die junge Frau am Telefon.
Emilia arbeitet in der katholischen Klosterschule und ist dort sozusagen die Vertretungslehrerin. Sie unterrichtet alle Fächer, in denen sie gerade gebraucht wird. In welcher Klasse und wie lange sie vor den Schülerinnen und Schülern steht, wird jeden Tag vor Beginn geklärt. Ihr Tagesablauf ist meist derselbe: täglich 6.30 Uhr Messe, Frühstück, Schulbeginn um 9 Uhr, Unterricht bis 16 Uhr, Freizeit bis 18 Uhr, Lernzeit bis 21 Uhr, zwischendrin Abendessen, Feierabend um 21 Uhr.
Keine Seltenheit in Indien: 60 bis 70 Kinder in einer Schulklasse
Eigentlich läuft es für Emilia in der Schule ganz gut, doch nicht immer wird sie ernst genommen. Die Unruhe kann meistens nur ein Lehrer beenden. "Das liegt nicht daran, dass ich eine Frau bin, sondern dass die Jungs immer sehr aufgeregt sind, wenn ich unterrichte", erklärt Emilia. Der Unterricht wird auf Englisch gehalten, aber viele Kinder könnten nicht so gut Englisch.
Dennoch versteht sie sich gut mit den Schülern, auch wenn die Jungs sie gerne ärgern. Während der Spinnensaison im November haben die Buben Emilia mit ihrer Angst vor Spinnen aufgezogen und ihr gerne welche hinterhergeworfen. "Es sind halt einfach Jungs", erzählt sie lachend. Ihre Zeit an der Schule nimmt Emilia als lehrreich wahr, besonders weil sie danach fürs Lehramt studieren möchte. "Ich bin dann auf jeden Fall vorbereitet und kann mit großen Klassen umgehen. In Riangdo bestehen nämlich die Klassen oft aus 60 bis 70 Schülern", erzählt Emilia.
Emilia ist ein Star in Riangdo – alle wollen ein Foto mit ihr
Ihre freie Zeit verbringt Emilia gern im Dorf. Dort ist sie bekannt wie ein Star. "Alle wollen Fotos machen und man wird ständig angestarrt", berichtet sie. Auch daran musste sie sich erstmal gewöhnen. Ihr Zwischenfazit: Ein Auslandsjahr kann die Dettelbacherin nur empfehlen, da es eine aufregende Zeit sei und man sehr viel lerne. "Ich freue mich trotzdem sehr auf zu Hause", sagt Emilia noch und: "vor allem auf Schwarzbrot."