
1920 gegründet, führt 100 Jahre später mittlerweile die vierte Generation den Familienbetrieb der Gärtnerei Weber in Wonfurt. Doch das für Anfang Mai geplante Jubiläumsfest - bereits bis in letzte Detail liebevoll organisiert - musste abgesagt werden. Und für einen Nachholtermin "fehlt die richtige Motivation", wie Sandra Handwerker, seit einem Jahr Geschäftsführerin des kleinen Familienunternehmens, idealerweise in der Gartenstraße ansässig, etwas traurig mitteilt.
Immerhin eine große Festschrift hat die Gärtnerei erstellt. Mit Hilfe des Wonfurter Heimatforschers Raimund Vogt werden so zahlreiche Informationen und Fotos der Gründerjahre aus der Gemeindechronik veröffentlicht. Die Festschrift bekommen nun zwar nicht die Festbesucher, dafür aber jeder Kunde als Dreingabe.
Ein Frühbeetkasten als Start
Alles begann 1920 mit einem kleinen Frühbeetkasten. Der Urgroßvater der heutigen Inhaberin, Josef Weber, züchtete zunächst Samen für den anschließenden Gemüseanbau. Später legte er eine große Obstanlage an, um Äpfel, Sauerkirschen, Pfirsiche, Pflaumen und Birnen zu kultivieren. Erweitert wurde die erste Anlage später um ein großes Feld mit Einlegegurken, Karotten und einer Fläche für den Spargelanbau. Josef Weber war dabei aber eher Händler als Gärtner. Unter anderem belieferte er damals die Maintal-Marmeladen.

1948 übernahm Friedrich Weber den elterlichen Betrieb, der nun zu einer richtigen Gärtnerei expandierte. Der Gemüseanbau war aber auch in der zweiten Generation das einzige Standbein. Friedrich „Fritz“ Weber baute schon 1949 ein Treibhaus – vermutlich das erste dieser Art in er gesamten Region – und legte damit den Grundstock für die Expansion. Der Ertrag war damals allerdings eher dürftig und mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden. Jede helfende Hand wurde gebraucht, auch die Kinder mussten ran. So durfte die spätere Chefin Elfriede Weber erst nach getaner Arbeit zum Spielen.
Um das tägliche Gießen zu erleichtern, grub Fritz Weber eigenhändig einen sieben Meter tiefen Brunnen, der auch heute noch wertvolle Dienste leistet. Der Brunnenschacht befindet sich heute mitten im Boden des Geschäfts. Als zweites Standbein neben dem Gemüseanbau gab es in den fünfziger Jahren auch Chrysanthemen, die an fahrende Händler und andere Blumenbindereien verkauft wurden. Aber auch in der Gärtnerei selbst etablierte sich eine kleine Blumenbinderei.
Gewächshaus aus Stahl
Tochter Elfriede Weber, heutige Babel, begann 1968 ihre Gärtnerausbildung, 1985 übernahm sie mit Hilfe ihres Ehemannes Manfred den elterlichen Betrieb in der dritten Generation. Manfred Babel kümmerte sich nach Feierabend um den Ausbau der Gärtnerei. Als gelernter Schlosser und Werkzeugmachermeister baute er in Eigenregie ein moderneres, stabileres Gewächshaus aus Stahl.
Elfriede Babel etablierte die Floristik mit allen Facetten, während der Betrieb auch räumlich weiter ausgebaut wurde. 1986 kam das erste neue Gewächshaus hinzu, zehn Jahre später folgte der große Gewächshausbau mit allen Glashäusern, wie sie auch heute noch auf fast 700 Quadratmetern existieren. Die gesamte Gärtnerei wurde auf Klimacomputer umgestellt und somit auf den neuesten Stand gebracht.
Die vierte Generation
Zum 1. Januar 2019 übernahm Sandra Handwerker (geb. Babel) den elterlichen Betrieb, der damit in die vierte Generation überging und immer noch fast ausschließlich als reines Familienunternehmen fungiert. Zusammen mit ihrer Schwester Kerstin Vollmuth, den Eltern Elfriede und Manfred sowie der angestellten Floristin Marion Aigner hat Sandra Handwerker den Schwerpunkt auf den im Verkauf von Beet- und Balkonpflanzen, Zierpflanzen für den Innenraum, Wohnaccessoires und anspruchsvolle Floristik für jeden Anlass gelegt – das zwar in kleinen Mengen, dafür aber mit einer großen Vielfalt. "Das Arbeiten mit Pflanzen, mit der Natur" hatte die heutige Geschäftsführerin dazu gebracht, ihr Psychologie-Studium abzubrechen und stattdessen doch lieber in den elterlichen Betrieb zurückzukehren. "Es ist mein Beruf und meine Berufung", ist Sandra Handwerker überzeugt, damit die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Dabei hat Corona auch der Gärnterei Weber übel mitgespielt. Die Schließung der Gärnterei erforderte ein schnelles Handeln, der Verkauf wurde nach einer Woche über einen Lieferservice abgewickelt. "Das lief überraschend gut, vor allem unsere Stammkundschaft zeigte viel Bereitschaft, uns in der Krise über Wasser zu halten." Sandra Handwerker hofft nun, dass der Trend zurück zu kleinen, heimischen Geschäften auch nach der Krise anhält. Zumal auch vielen jungen Kunden offenbar wichtig geworden ist, sich das Zuhause mit Blumen zu verschönern.
Benefiz-Sonnenblume
Doch was ist nun mit dem Jubiläum? Das für Anfang Mai vorgesehene Fest mit zahlreichen Ausstellern, Musik und allem Drum und Dran ist ersatzlos gestrichen. "Der Aufwand war schon sehr groß," weiß Seniorchef Manfred Babel, dass ein Nachholen der groß geplanten Feier für die Familie nur schwer zu bewerkstelligen wäre. "Wir sind schon ein wenig traurig, dass wir uns bei unseren Kunden nicht auf die gedachte Art bedanken können", unterstreicht Sandra Handwerker. Sie hat sich aber etwas anderes ausgedacht: Eine "Benefizblume".
Diese "immerblühende Sonnenblume" kann für fünf Euro in der Gärtnerei erstanden werden. Der Erlös kommt dann zu 100 Prozent der Zirkusfamilie Lauenburger zu Gute, die aufgrund des Auftrittsverbots in Wonfurt festsitzt, zugute.
