
Fast täglich liest man in der Zeitung oder sieht im Fernsehen Angebote, wie man schnell ein paar Pfunde loswerden kann. Meist sind es Appetitzügler, die einem dabei helfen sollen. Oft versprechen die Angebote auch, dass man sich dabei nur wenig einschränken muss, bis man zwei oder drei Konfektionsgrößen weniger anziehen kann. Meistens verhältnismäßig leere Versprechungen, denn in vielen Fällen hat man nach einer gewissen Zeit sein ursprüngliches Ausgangsvolumen wieder auf den Rippen.
Also oft ein mit viel Enthusiasmus angegangenes Unterfangen und dann einem enttäuschenden Ergebnis. Manchmal wird sogar angeboten, dass man über eine Magenverkleinerung einen Gewichtsverlust auf Dauer erreichen kann.
Das sind alles keine Vorschläge, auf die sich der Königsberger Helmut Vierneusel verlassen wollte. Er ist 56 Jahre alt und wog bei einer Körpergröße von 173 Zentimetern vor acht Monaten noch 137 Kilogramm. Seit einiger Zeit wird er aber auf der Straße oft von vielen Königsbergern nicht mehr erkannt.
"Der ist ja nur noch ein Strich in der Landschaft!"
Bei genauerem Hinsehen hört man dann Äußerungen wie: "Mein Gott, das ist ja der Helmut. Der muss ja todkrank sein, wie der aussieht. Der hat ja abgenommen. Der ist ja nur noch ein Strich in der Landschaft!"
Helmut Vierneusel hat wirklich viel Körpergewicht verloren. 52 Kilogramm wiegt er nun weniger als im November letzten Jahres. Abgenommen hat er dieses enorme Gewicht freiwillig. Ohne den Einsatz von irgendwelchen Wundermitteln, schon gar nicht mit Hilfe einer Operation.
Wie er auf die Idee gekommen ist und warum er das gemacht hat, darauf gibt er, wenn man ihn fragt, selbst Antwort. "Ausgangspunkt war ein Rhythmus-Reha-Aufenthalt im November 2020, in Freyung-Grafenau, im Nachgang einer Knieoperation vor vier Jahren". Allerdings: Nach 14 Tagen war das Intermezzo im Bayerischen Wald wieder beendet. Ein Therapeut, mit dem Helmut Vierneusel direkten Kontakt hatte, infizierte sich mit dem Coronavirus.
Zwei Kilo waren Helmut Vierneusel einfach zu wenig
"Ich musste wieder nach Hause fahren. Bis dahin hatte ich zwei Kilo abgenommen. Das war mir zu wenig und ich dachte mir: Jetzt musst du die Zügel selbst in die Hand nehmen." Das tat Helmut Vierneusel, indem er erst einmal seine Ernährung umstellte. So gab es nun statt Weißbrot Vollkornbrot, nur noch zwei Scheiben Käse aufs Brot, insgesamt etwas weniger zu essen.
Er hungerte aber nicht. Wenn früher eine Mahlzeit auf den Tisch kam, aß er sie komplett auf, ab diesem Zeitpunkt ließ er ab und an einen Rest übrig. Das Wichtigste war aber, dass er ab diesem Zeitpunkt Alkohol auf dem Index landete. Kein Bier mehr. "Auch zu Pfingsten, wo sonst ein Bier üblich war, habe ich kein Bier mehr getrunken!"
Helmut Vierneusel steckte sich selbst Ziele, die er erreichen wollte. Aufgeteilt hatte er sie in Fünf-Kilo-Schritten. Er sagte sich: "Wenn ich wieder fünf Kilogramm abgenommen habe, genehmige ich mir ein Bier". Doch immer, wenn es soweit war, verzichtete er darauf. Denn er wollte die selbst kreierte "Mission X" erreichen. Das bedeutete: Seine Konfektionsgröße von XXXL auf L reduzieren.

Mit einem Arzt sprach er nicht über seine Abmagerungskur - aber mit einer Ernährungsberaterin, als er im Februar dieses Jahres noch einmal eine Reha in Freyung-Grafenau absolvierte. Bis zu diesem Zeitpunkt war er bereits viel Fahrrad gefahren, viel gelaufen und hatte 25 Kilogramm abgenommen. Die Beraterin riet ihm, am Abend wegen des Fruchtzuckers kein Obst mehr zu essen. Auch daran hält sich Vierneusel seitdem.
Mit den jungen Fußballern der U19 kann er jetzt mithalten
Wie er sich nun fühlt, nachdem er 52 Kilo abgenommen hat, beantwortet er kurz und bündig: "Optimal! Das Laufen macht keine Schwierigkeiten mehr, auch wenn es einmal bergauf geht!" Froh ist er auch darüber, dass er mit seinen jungen Fußballern - er trainiert die U19 der JFG Hofheimer Land - mit seinen 85 Kilo Körpergewicht jetzt mithalten kann.
Auch seine drei Töchter sind von der Aktion ihres Vaters voll beeindruckt. Luma, die in einer Metzgerei arbeitet, wird oft die Frage gestellt: "Was hat denn dein Papa gemacht? Den erkennt man ja gar nicht mehr."
Mit dem Rennrad zu den Fußballspielen des TV Königsberg
Auf die Frage, ob er jetzt noch weiter abnehmen möchte, antwortet Helmut Vierneusel eindeutig: "Ich habe mein Ziel erreicht und werde mein derzeitiges Gewicht halten. Dazu wird es laufend kontrolliert und auch der Blutdruck, der zur Zeit völlig in Ordnung ist. Wichtig ist auch, dass ich weiterhin auf Alkohol verzichte, was ich durchhalten werde. Außerdem lege ich mir jetzt ein Rennrad zu, mit dem ich unter anderem zum Beispiel zu den Auswärtsspielen des TV Königsberg fahren werde. Ich bleibe in Bewegung."
Abnehmen "beginnt im Kopf"
Im Gespräch mit unserem Reporter zieht Hemlut Vierneusel ein persönliches Fazit zu seiner Gewichtsreduzierung: "Dazu braucht man keine Tabletten undsoweiter, und auch keinen Arzt. Dazu braucht man einen eisernen Willen. Das Ganze beginnt im Kopf. Man muss sich selbst unter Kontrolle haben, sonst erreicht man sein Ziel nicht!"
Einen scherzhaften Einwand aus einer sportlichen Richtung gegen die Gewichtsabnahme gibt es aber doch: Helmut Vierneusel mäht das Spielfeld des TV Königsberg mit einem Aufsitzmäher. Da war zu hören: "Seitdem der Helmut nicht mehr so schwer ist, drückt der Mäher nicht mehr so weit nach unten. Das Gras ist nicht mehr so kurz wie früher!"