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Wie das Zeiler Kino durch den Corona-Winter kommen will
Filmtheater können unter den aktuellen Regeln nicht wirtschaftlich arbeiten. Kinobetreiber Bruno Schneyer hat sich deshalb etwas Außergewöhnliches einfallen lassen.
Bruno Schneyer versucht mit kreativen Ideen, in seinem Kino auch in Corona-Zeiten den Kulturbetrieb am Laufen zu halten.
Foto: Peter Schmieder | Bruno Schneyer versucht mit kreativen Ideen, in seinem Kino auch in Corona-Zeiten den Kulturbetrieb am Laufen zu halten.
Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:57 Uhr

Bruno Schneyer, Betreiber des Zeiler Kinos, sitzt an einem Vormittag im Dezember in seinem Büro und schaut auf einen Computer-Bildschirm. Dort läuft eine Videokonferenz des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF). Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind dabei, von den Verantwortlichen großer Kinoketten wie Cinestar bis hin zu kleinen Unternehmern wie Schneyer. Das Thema sind die geltenden Regeln zur Eindämmung der Corona-Pandemie und was diese für die Kinos bedeuten.

Nur noch 25 Prozent Auslastung

Denn nur zu 25 Prozent dürfen die Kinosäle gefüllt werden, dazu kommt die 2G-Plus-Regel, nach der nur noch Geimpfte und Genesene das Kino besuchen dürfen – aber auch nur mit einem gültigen Test. Mehr als einmal fällt von verschiedenen Konferenzteilnehmern der Satz: "Dann sollen sie uns lieber ganz schließen."

Die Aussagen in der Videokonferenz zeigen aber auch, dass es sich bei der Mehrheit der Kinobetreiberinnen und -betreiber nicht um fanatische Gegner von Corona-Maßnahmen handelt. Das Problem sei allerdings, dass die Kinos unter diesen Bedingungen nicht wirtschaftlich arbeiten können, gleichzeitig aber keine Chance auf staatliche Unterstützung haben.

Neue Filme sind Mangelware

"Solange sich an den bestehenden Regelungen nichts ändert, würden die Kinos lieber ganz zu machen, sobald klar ist, dass es Unterstützung gibt", fasst es Bruno Schneyer später im Gespräch mit der Redaktion zusammen. Er selbst kämpfe schon seit Wochen um eine Anerkennung, für Kurzarbeitergeld für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Und die 25-Prozent-Regel zieht noch ein weiteres Problem nach sich: Viele Filmverleiher haben ihre angekündigten Filme zurückgezogen und wollen diese erst später veröffentlichen. Denn auch sie wissen, dass sie bei einer derart geringen Auslastung der Kinos kaum Gewinn machen können. Wie soll Schneyer also sein Publikum ins Kino locken, wenn es gar keine aktuellen Filme gibt? "Ich kann ja nicht nur alte Kamellen zeigen."

Vergleich mit der Gastronomie

Schneyers Vorschlag wäre eine Auslastung von 50 Prozent. "Drunter lässt kein Filmverleiher einen Film an den Start." Und der Kinobetreiber hält es auch für durchführbar, unter diesen Bedingungen Ansteckungen zu vermeiden. "Ich vergleiche das mit der Gastronomie, wo ich ja auch noch hin darf", sagt er. Im Gegensatz zu einer Gaststätte würden die Besucher im Kino ja sogar alle in eine Richtung sitzen, nicht gegenüber. "Der Abstand kann eingehalten werden, das hatten wir ja die ganze Zeit schon."

Kinobetreiber Bruno Schneyer spricht in einer Videokonferenz mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland.
Foto: Peter Schmieder | Kinobetreiber Bruno Schneyer spricht in einer Videokonferenz mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland.

Immerhin: Einige Filme gibt es im Moment noch, die er zeigen kann: Im Abendprogramm läuft derzeit die Komödie "Contra", am Mittwoch steht die Premiere des neuen Spider-Man-Films an. Am Nachmittag laufen Kinderfilme, daneben gibt es am Wochenende ein Weihnachtsprogramm mit "It's Christmas – Weihnachten mit Jonas Kaufmann" und dem Ballett "Der Nussknacker".

"Man kann doch nicht 2G Plus verlangen und dann keine Tests anbieten."
Bruno Schneyer, Kinobetreiber

Ein anderes Problem ist der schon seit einigen Wochen anhaltende Mangel an Corona-Schnelltests: "Man kann doch nicht 2G Plus verlangen und dann keine Tests anbieten." Aktuell hat Bruno Schneyer noch einige Tests, die er den Kinobesuchern zum Selbstkostenpreis anbieten kann. Es sei aber immer eine Herausforderung, Nachschub zu bekommen.

Eigene Teststation am Kino

Nun hat er sich eine unkonventionelle Lösung überlegt: Schneyer möchte eine eigene Schnellteststation eröffnen, dann wären die Tests bei ihm kostenlos. "Es sieht stark danach aus, dass wir eine Corona-Teststation eröffnen werden, sobald die formalen Bedingungen erfüllt sind." Am Dienstagabend hat er zusammen mit sechs seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die ärztliche Schulung besucht, die für den Betrieb einer solchen Station nötig ist. Jetzt steht er in ständigem Austausch mit dem Gesundheitsamt.

Bruno Schneyers Plan: Die Testwilligen sollen auf der Straße vor dem Kino stehen, während die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sie durch ein geöffnetes Fenster des Kinofoyers testen. Die Teststation würde dann nicht nur der Kinokundschaft zur Verfügung stehen, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern. Eine Möglichkeit zur vorherigen Terminvereinbarung soll Wartezeiten reduzieren. Schneyer hofft, die Teststation noch zum Wochenende eröffnen zu können.

Maximale Sicherheit für alle Besucher

Finanziell bedeutet das für den Kinobetreiber, dass er erst einmal in Vorleistung gehen muss. Zwar ist später eine Abrechnung mit der Krankenversicherung möglich, doch zunächst müsste Schneyer Tests sowie Schutzkleidung für seine Angestellten anschaffen – und auch dabei besteht die Gefahr, dass es bei den Tests immer wieder Lieferengpässe gibt.

Schülerinnen und Schüler, die vor dem Schulbesuch ohnehin regelmäßig getestet werden, sind von der Testpflicht für den Kino-Eintritt ausgenommen. Hier müssen also nur erwachsene Begleitpersonen einen Test vorlegen. Schneyer verweist auch auf seine Warmluft-Heizungsanlage, die permanent für Frischluftzufuhr im Kinosaal sorge. So sei "maximale Sicherheit für alle Besucher mehr als gewährleistet".

Die Lagerfeuergeschichten werden bleiben

Trotz all der widrigen Umstände zeigt sich Bruno Schneyer allerdings optimistisch: "Der Multiplikator Kino als Erstabspielstätte wird bleiben." Sprich: Trotz der immer zahlreicher werdenden Möglichkeiten, Filme auch zu Hause anzuschauen, bleibt es ein unersetzliches Erlebnis, sie auf der großen Leinwand zu sehen. Die Nachfrage nach solchen "Lagerfeuergeschichten", die man mit anderen gemeinsam erleben kann, werde auch weiterhin bestehen - trotz Pandemie.

 
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