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Haßfurt
Wenn der Schein trügt: Vater einer Vorzeigefamilie im Heizungsraum mit Rauschgift erwischt
Ein Mann musste sich wegen Drogenbesitzes vor dem Amtsgericht Haßfurt verantworten. Es war nicht das erste Mal, dass er mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.
In einem Heizungsraum fanden Polizeibeamte eine nahezu professionell eingerichtete Cannabis-Aufzuchtanlage. (Symbolbild)
Foto: Sebastian Kahnert, dpa | In einem Heizungsraum fanden Polizeibeamte eine nahezu professionell eingerichtete Cannabis-Aufzuchtanlage. (Symbolbild)
Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:44 Uhr

Eigentlich waren die Polizeibeamten bei der Hausdurchsuchung im August 2021 im Maintal Diebesgut wie einem Akkuschrauber und einer Bohrmaschine auf der Spur. Doch sie fanden etwas vollkommen anderes: In einem Heizungsraum stand eine nahezu professionell eingerichtete Cannabis-Aufzuchtanlage mit Leuchten und Belüftungsrohren, eine Trocknungsvorrichtung für Marihuanapflanzen, knapp 45 Gramm Amphetamine, acht Gramm Haschisch und geringe Reste von Marihuana.

Das Erstaunliche: Der 40-jährige Mann, der all das aufgebaut und betrieben hatte, war ein äußerlich in höchstem Maße unauffälliger Familienvater, der auch vor Gericht wie ein braver Biedermann wirkte.

Vier Vorstrafen laut Bundeszentralregister

Dieses Bild des Angeklagten bestätigte sich zunächst, als ihn Christoph Gillot als Vorsitzender des Schöffengerichts nach seinen persönlichen Verhältnissen befragte. In der Schule habe er die Mittlere Reife geschafft und anschließend eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Heute stehe er beruflich fest auf beiden Beinen. Und auch familiär gebe es nichts auszusetzen. Er lebe zusammen mit seiner Ehefrau, mehrere Kinder komplettieren die – fast ist man geneigt, zu sagen – Vorzeigefamilie.

Aber wie so oft trügt der schöne Schein offenbar. Als nämlich das Bundeszentralregister verlesen wurde, erfuhr man, dass der Mann bereits vier Vorstrafen hat. Das erste Mal wurde er im April 2018 wegen Betrugs verurteilt, das letzte Mal vom Amtsgericht Schweinfurt vor einem halben Jahr wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 1500 Euro. Allerdings: Straftaten wegen Betäubungsmittel hatte er bislang nicht auf dem Kerbholz.

Offenbar kein Nachweis für Rauschgifthandel

Das deutsche Betäubungsmittelgesetz kennt drei verschiedene Mengenbegriffe: "Geringe Menge", "Normalmenge" und "Nicht geringe Menge". Wenn eine "nicht geringe Menge" an Betäubungsmitteln vorliegt, gilt die Tat als Verbrechen. Und das heißt, dass eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vorgeschrieben ist. Genau das war hier der Fall. Aus diesem Grund tagte auch das Schöffengericht.

Dass der Angeklagte mit den Drogen handelte, konnte ihm nicht nachgewiesen werden. Bleibt die Frage: Hat er das Rauschgift selber konsumiert, etwa aus beruflichem Stress? Weil diese Thematik im Prozess nicht zur Sprache kam, kann darüber nur spekuliert werden. Die Staatsanwältin forderte in ihrem Plädoyer jedenfalls eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, Rechtsanwalt Alexander Wessel hielt ein Jahr und vier Monate für ausreichend.

Der Urteilsspruch mit einem Jahr und sechs Monaten lag zwischen diesen beiden Anträgen. Allerdings muss der Verurteilte erst mal nicht ins Gefängnis, weil ihm eine Bewährungszeit von drei Jahren zugebilligt wurde. Zusätzlich muss er eine Geldauflage von 3000 Euro an den Caritasverband Haßberge zahlen. Der Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig.

 
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  • M. S.
    Nur weil jemand einen geregelten Beruf nachgeht und Frau und Kinder hat entspricht das noch lange keiner Vorzeigefamilie! In einer Vorzeigefamilie werden möglichst keine Straftaten begangen!

    Ich schätze mal genau den Hintergrund haben viele Straftäter (Frau, Kind, Beruf). Letztlich spielt es auch keine Rolle Staftat bleibt Straftat.

    Ich kann mir aber sehr gut vorstellen, dass ein seriös wirkender Mensch vor Gericht besser davon kommt als eine verkommen wirkende Person. Auch wenn es sich um die gleiche Straftag handelt.

    Der Glaube an die Justiz kann schon dadurch erschüttert werden, wenn man sich vor Augen führt, dass Strafhöhen bei gleichen Straftaten oftmals sehr unterschiedlich ausfallen - je nach Bundesland in dem sie verhandelt werden. Das ist ein Armutszeutnis für die Justiz, auch wenn gerne auf deren Unabhängigkeit verwiesen wird. Genau dieses Beispiel zeigt, dass es mit der Unabhängigkeit nicht immer so weit her scheint.
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  • P. K.
    Ein "Biedermann" mit 4 Vorstrafen in den letzten 4 Jahren bekommt wieder Bewährung. Das ist doch kaum zu glauben. Wenn das so ist muss ich jetzt auch mal kriminell werden. So a weng a illegale Bereicherung könnte derzeit ein wenig riskanter Inflationsausgleich sein.
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    Ja ich denke da an die vielen CSUler die sich beim Maskendeal , bei der Verwandtenaffäire und der Amigoaffäire bereichert haben. Da sind die CSU Biedermänner auch so mir nicht s dir nicht s davongekommen.
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  • A. M.
    Es wird endlich Zeit, Drogenkonsumenten nicht länger zu kriminalisieren, sondern wenn erforderlich , ärztliche- oder therapeutische Hilfe zukommen zu lassen. Das Verbot funktioniert ja ganz offensichtlich nicht und verursacht unterm Strich mehr Probleme.
    Hier muss aufgeklärt und Hilfsangebote auf Augenhöhe geschaffen werden.
    Dank des Verbots melden sich Menschen mit Drogenproblemen meist gar nicht oder erst, wenn es zu spät ist.
    Die Justizbehörden erweisen unserer Gesellschaft damit einen wahren Bärendienst.
    Erst in den Fängen der Justiz wird es für Betroffene richtig schlimm.
    Die schlimmste Nebenwirkung ist die Strafverfolgung!
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  • P. K.
    Ach ja!
    Beim Täter wurden 48 Gramm Amphetamin gefunden, das reicht für etwa 2400 Trips falls das Zeug pures Amphetamin war. Ich will keine Irren auf Speed im Strassenverkehr, ich will leben.
    Sein Gras darf der "Biedermann" von mir aus daheim rauchen. Davon pennt er weg und tut mir nix.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Über einer der gefährlichsten Drogen Alkohol wird überhaupt nicht gesprochen.
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