
Der schreckliche Unfall, bei dem ihr 16-jähriger Sohn Jan-Luca sterben musste, hat ihr Leben verändert. Das sagten Thomas Stühler-Ressel, 50 Jahre alt, und seine Frau Yvonne Ressel, 45 Jahre. Mit Blick auf ihre Tochter Mirjam, 24 Jahre sagten die Eltern weiter: "Unsere vier Kinder, sie sind zwischen acht und 25 Jahre alt, sind uns in dieser schweren Zeit ein großer Halt und Unterstützung."
Das Ehepaar Ressel ist bereit, über das Geschehnis am 15. November letzten Jahres und die Zeit danach zu sprechen. "Ich denke es tut gut, es erleichtert", sagt Mutter Yvonne. Am düsteren Abend dieses 15. November, um 17.18 Uhr, ereignet sich auf der Staatsstraße zwischen Salmsdorf und Rentweinsdorf der tragischer Verkehrsunfall. Er reißt tiefe Wunden in das Herz der Familie. Alle, die Jan-Luca und die Familie kennen, sind erschüttert, tief betroffen.
Der 16-jährige Jan-Luca, ein sportlicher und fröhlicher Jugendlicher voller Hoffnungen und Träume, wird auf seinem Roller von hinten von einem Autofahrer erfasst und in den Straßengraben geschleudert. Notarzt und Rettungswagen erreichen schnell die Unfallstelle. Aber Jan-Luca ist so schwer verletzt, dass die Einsatzkräfte einen Rettungshubschrauber anfordern, der den Teenager in die Klinik nach Bad Neustadt a.d. Saale fliegt.
Eine Notruf-App lässt den Vater ahnen, dass etwas passiert ist
"Ich habe, als ich mit unserer achtjährigen Tochter Zoé beim Einkaufen in Ebern war, durch die Notruf-App, die Jan-Luca auf seinem Handy hatte, erfahren, dass etwas passiert sein muss. Auch der Standort wurde mir angezeigt, weshalb dorthin gefahren bin. Als ich am Ortsausgang von Rentweinsdorf war, sah ich viele Autolichter. Da überkam mich ein ungutes Gefühl", sagt Thomas Stühler-Ressel.
Er sieht, wie sich zwei Ersthelfer um seinen Sohn Jan-Luca kümmerten. "Ich war wie in Trance, alles lief wie eine Dauerschleife vor mir ab, ich konnte nur hilflos rumstehen und ging dann wieder zu meiner Tochter Zoé, die im Auto wartete." Thomas verständigt per Handy seine Frau Yvonne. Jemand fährt sie zur Unfallstelle. "Ich habe meinen Sohn Jan-Luca dort nicht mehr gesehen, ein Seelsorger war vor Ort und ein Hubschrauber landete. Ich hatte eine völlige Leere im Kopf. Heute weiß ich, dass Jan-Luca mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert wurde."

Dann lag eine Nacht voller Hoffnung und Bangen vor der Familie. "Als wir am 16. November im Krankenhaus in Bad Neustadt am nächsten Morgen ankamen, mussten wir von zwei Ärzten erfahren, dass für unseren Sohn keine Hoffnung bestand, er wurde künstlich am Leben erhalten", sagt Yvonne und Thomas ergänzt: "Er lag da, als wenn er schläft." Yvonne erzählt, dass sie es sehr schnell realisiert habe, dass ihr Sohn nicht mehr zurück kommen wird. Aber ihr Mann wollte es nicht wahrhaben. Thomas Ressel: "Da brach für mich die Welt zusammen. Wie es weiter gehen sollte, wusste ich da noch nicht."
Inmitten dieser düsteren Realität stimmten die Eltern der Entnahme von Organen zu, um anderen Menschen Hoffnung zu schenken. "Jan-Luca hätte das auch gewollt", ist sich seine Mutter sicher. Der Unfall habe das Leben der Familie verändert, sagt die 24-jährige Tochter Mirjam. Jeder habe zu dieser Zeit irgendwie für sich funktioniert. Heute noch fragt sich die Familie nach dem Wenn und Aber. "Ich war am 15. November etwas krank und Jan-Luca, der zu seinem Freund fahren wollte, fragte mich, ob er zu Hause bleiben soll", grübelt Yvonne Ressel. Sie habe ihn aber ermutigt zu seinem Freund zu fahren. "Kein Problem, ich komme schon zurecht", habe sie ihm gesagt.
Es war der Tag, als sie ihn letztmals lebend und fröhlich sah. Mutter, Vater und vier Geschwister im Alter zwischen 8 und 25 Jahren stürzten unvermittelt in eine Tragödie. Nur weil man sich gegenseitig habe, zusammen halte, sich gegenseitig tröste und Halt gebe, sei das alles überhaupt zu ertragen, ist sich die Familie einig.
Kommt es zu einem Gespräch mit dem Unfallverursacher?
Der Unfallverursacher meldete sich zwei Tage nach dem Unglück telefonisch bei der Familie. Zuvor habe er, so Thomas, mit den Pfarrern aus Kirchlauter und Ebern abgeklärt, ob er bei uns anrufen darf. Der Mann habe das Unglück sehr bedauert und erklärt, dass er nicht schnell gefahren sei, Jan-Luca auf seinem Roller aber nicht gesehen habe und sich nicht erklären könne, wie das alles passiert sei.
"Irgendwie fehlten uns hier auch die Worte", sagte Yvonne Ressel. Die anfängliche Wut gegen den Unfallfahrer wich langsam. Man habe sich in die Lage des Fahrers versetzt und erkannt, dass der schlimme Verkehrsunfall auch für ihn eine Tragödie ist. Angedacht ist, wie das Ehepaar Ressel sagt, ein Gespräch mit dem Unfallverursacher, dem daran offensichtlich sehr gelegen ist. Dem sehe man mich gemischten Gefühlen entgegen, es wird schwer für alle sein. Aber die Familie will diesen Schritt gehen.