Sparkassen-Fusionen, Übernahmen im Zeitungsmarkt, das Aus für kleine Bäcker oder Metzger: Kleine Einheiten haben in Deutschland offenbar immer geringere Überlebensaussichten. Das ist auch in der Automobilbranche so. Mehr und mehr Händler geben auf, laut Institut für Automobilwirtschaft (IfA, Geislingen an der Steige) wird die Zahl der Autohäuser von aktuell rund 6800 auf 3900 im Jahr 2030 schrumpfen.
Dem Autohandel setzt die niedrige Rendite zu. Aber ebenso befördern die Digitalisierung, der Fachkräftemangel und das sich abzeichnende Aus für Verbrennungsmotoren die Konzentrationsprozesse in der Branche. Haben also die vier Autohändler Gelder & Sorg (Haßfurt, Ebern), Marnet (Königstein im Taunus), Göthling & Kaufmann (Hofheim im Taunus) und die Best-Auto-Familie (Mühlheim am Main), die sich nach mehrjähriger Vorbereitung zur AVEMO-Gruppe zusammengeschlossen haben, aus der Not eine Tugend gemacht?
"Jedes Haus war und ist sehr gut aufgestellt"
Von Not will Frank Gothling, als einer von sechs Geschäftsführern bei AVEMO fortan für den Gebrauchtwagenmarkt zuständig, nichts wissen. "Jedes einzelne Haus war und ist sehr gut aufgestellt", sagte er am Mittwoch im Audi-Zentrum im Hessischen Oberursel, wo sich die AVEMO-Group der Presse vorstellte. Keines der 38 Autohäuser von Wiesbaden bis Coburg soll verschwinden, keiner der 2500 Beschäftigten entlassen werden. "Im Gegenteil", stellte Christian Just heraus, Chef im Bereich Finanzen, Personal und Recht. "Wir wollen 100 neue Stellen schaffen."
Warum also die Vereinigung unter einem Dach? Just spricht beim Automobilhandel von einer unglaublich hohen Wettbewerbsintensität, von komplexen Geschäftsmodellen, aber auch von einem attraktiven Markt für Innovationen. Diesen Markt will AVEMO nach Möglichkeit mitgestalten. "Wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Aber wir sind jetzt ganz breit aufgestellt. Wir sind auf alles vorbereitet", versprüht Frank Göthling Optimismus.
Ein 300 Kilometer langes Band aus 38 Häusern von Wiesbaden bis Coburg
Breit aufgestellt trifft auf alle Fälle in geografischer Hinsicht zu: Mit AVEMO zieht sich nun ein breites und fast 300 Kilometer langes Band mit Niederlassungen von VW, VW Nutzfahrzeugen, Audi, Skoda, Seat und Cupra vom Rhein-Main-Ballungsraum bis nach Oberfranken. Zusammengenommen haben die Autohäuser im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von einer Milliarde Euro erzielt, was allem Anschein nach Platz 3 unter den größten VW-Händlern in Deutschland bedeutet - ebenso wie die verkauften 40.000 Fahrzeuge (je zur Hälfte Neu- und Gebrauchtwagen). Die Führungsetage vermutet, dass AVEMO sogar in die Top-Ten aller deutschen Autohandelsgruppen aufgestiegen ist.
Breit aufgestellt betrifft aber vor allem die inneren Strukturen: AVEMO ist von den Finanzen bis zur Großkundenbetreuung auf sechs Säulen aufgebaut, eine jede steht unter der Verantwortung eines Geschäftsführers der bisher unabhängigen Autohäuser. Bedeutet: Jeder Geschäftsführer regiert fortan in alle Häuser hinein; die bis dato selbstständigen Partner indes treten Verantwortung ab und geben große Teile ihrer Unabhängigkeit auf.
Eines von vielen Zielen: Einheitliche Standards im Bereich Soft- und Hardware
Norbert Sorg etwa, langjähriger Geschäftsführer von Gelder und Sorg, ist nun unter dem AVEMO-Dach vor allem für IT zuständig. Er hat zusammengezählt, dass die 38 Autohäuser nicht nur unterschiedliche Hardware nutzen, sondern auch 124 verschiedene Software-Programme. Mit einem 24-köpfigen Expertenteam will er eine homogene Systemlandschaft schaffen, einheitliche Standards setzen und schnellere Netzwerke einrichten. "Wir wollen, dass unsere Kunden ganz einfach digital in unsere Häuser kommen, zu jeder Tages- und Nachtzeit", blickt Sorg in die Zukunft. Zu der auch gehört, dass es in den Büros und Geschäftsräumen kein Papier mehr geben soll.
Die Digitalisierung spielt auch für den Einzelkundenbereich von Niels Marnet und die Säule Geschäftskunden von Marcus Müller eine wachsende Rolle: Immer mehr Kundinnen und Kunden schauen sich gar nicht mehr im Autohaus um, sie kaufen ihr neues Fahrzeug per Mausklick. Marcus Müller hat das ehrgeizige Ziel einer zentralen digitalen Großkunden-Plattform samt Ausbau eines bundesweiten Großkundennetzes.
Sein Bruder Frank Müller steht dem Bereich Aftersales und Einkauf vor. Er will die Logistik professionalisieren, aber auch den Service mit seinen rund 275.000 Kundenkontakten im Jahr auf ein neues Niveau heben: AVEMO baut gerade im Frankfurter Raum ein neues Zentrum für Karosserie- und Lackarbeiten und will outgesourcte Leistungen wie "Smart Repair" zurück ins Haus holen. Frank Müller schwebt eine Kundenloyalisierungskarte vor, die die Halterin oder den Halter eines Fahrzeugs vom Kauf bis zum Wiederverkauf eng an AVEMO bindet.
Zur Strategie gehört die Offenheit für neue Formen der Mobilität
Alle sechs Geschäftsführer sind offen für neue Formen der Mobilität, sie könnten sich etwa vorstellen, ins Carsharing einzusteigen oder Kooperationen mit dem öffentlichen Personennahverkehr – wie es in Hessen der Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV ist – einzugehen. Beschlossen ist, dass sich der neue Handelsverbund am Aufbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge beteiligt. Zudem steht die Frage im Raum, ob AVEMO in Zukunft andere Marken als die zum VW-Konzern gehörenden ins Portfolio holt. Die Haltung der sechs Manager an der AVEMO-Spitze: Wir können nicht sagen, wie der Autohandel morgen oder übermorgen laufen wird. Aber wir sind für alles offen.
Ungeklärt bleiben in der Pressekonferenz am Mittwoch allerdings die Ziele hinsichtlich des Umsatzes oder der verkauften Fahrzeuge. Die sechs Geschäftsführer, von denen jeder zusätzlich für eine Marke hauptverantwortlich ist, scheinen den Eindruck erwecken zu wollen, dass sie sich in der Anfangsphase nicht unter Druck setzen. Das von ihnen gebildete Führungsgremium entscheidet nach Mehrheitsbeschluss. Sollte es zur Patt-Situation kommen, würde die Entscheidung an die Gesellschafterversammlung delegiert.
Zunächst einmal gibt es Zurückhalten mit dem Namen AVEMO
AVEMO übrigens ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den lateinischen Wörtern "avere" für Haben und "mobilitas" für Mobilität. Kundinnen und Kunden wird der Name einstweilen eher selten begegnen, vielleicht erstmals auf der Kennzeichenhalteurung des neuen Wagens. Die Autohäuser behalten vorerst ihre Namen bei, damit ihre regionale Verwurzelung und die Identifikation von Kundschaft und Belegschaft mit ihnen nicht leidet. In ein paar Jahren dürfte sich der Name AVEMO jedoch überall durchgesetzt, sprich: die alten Firmenlogos ersetzt haben.
Mal nebenbei: Auch die Manager fliegen so raus und werden reduziert, Glückwunsch.
Viele OEMs haben ja bereits die Preisgestaltung durch Händer aufgehoben, was ab 2025 wirksam wird. Was hier passiert ist nur eine Vorstufe, danach haben wir nicht AVEMO (Haben Mobilität) sondern Aveomnia (Haben Alles) Super…. weiter so