
Die Omikron-Welle bringt nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Gesundheitsbehörden an ihre Grenzen. Die Folge: Laut einer Pressemitteilung des Landratsamts Haßberge ist das Gesundheitsamt so überlastet, dass sich die Behörde "zu einer weiteren Umstellung in der Fallbearbeitung" gezwungen sieht. "Wir kommen an unsere Grenzen und können nur noch das leisten, was möglich ist", wird Dr. Jürgen Reimann, Leiter des Gesundheitsamtes, in dem Schreiben zitiert. "Deswegen konzentrieren wir uns bei der Kontaktnachverfolgung auf Haushaltsangehörige und auf die vulnerablen Gruppen, wie Pflege- und Behinderteneinrichtungen oder Gemeinschaftsunterkünfte." Konkret bedeutet das: Das Gesundheitsamt stellt ab sofort die Kontaktnachverfolgung bei positiven Fällen in Schulen ein.
Immer wieder geraten die Bildungseinrichtungen in den Fokus, wenn es um den richtigen Weg in der Corona-Pandemie geht. Die Frage nach Präsenz- oder Distanzunterricht, die Beschaffung von Luftfiltern, die technische Ausstattung für den Distanzunterricht – die Liste an Themen ist lang. Nun, da die Omikron-Welle zu einem immer größeren Anstieg der Infektionszahlen führt, richtet sich der Blick wieder auf die Schulen: Wird genug getan, um zu verhindern, dass die Bildungseinrichtungen massiv zur Ausbreitung des Virus beitragen?
Besonders hohe Inzidenz bei jungen Menschen
Ein Blick auf die Altersstruktur der positiv getesteten zeigt tatsächlich, dass jüngere Menschen und gerade Kinder derzeit besonders schwer betroffen sind. Das ergibt sich aus den Zahlen des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). In der letzten bayernweiten Auswertung der Sieben-Tage-Inzidenz nach Altersgruppen liegt die Gesamtbevölkerung bei einem Wert von 1386. Die Gruppe der 35- bis 59-Jährigen liegt mit einer Inzidenz von 1384 fast genau im Durchschnitt. Bei allen älteren Gruppen ist die Inzidenz dagegen deutlich geringer, bei den jüngeren dafür deutlich höher. Besonders hoch sind die Werte bei den Sechs- bis Elfjährigen mit einer Inzidenz von 3727, gefolgt von den 12- bis 15-Jährigen und den 16-bis 19-Jährigen - also gerade den Altersgruppen, in die der Großteil der Schülerinnen und Schüler fallen.
Zwar berichtet Moni Göhr, Pressesprecherin des Landratsamtes Haßberge, dass es kaum möglich sei, die Zahlen auf den Landkreis Haßberge herunterzubrechen oder gar eine Inzidenz der Schulkinder auf Kreisebene zu ermitteln. Doch verglichen mit den LGL-Zahlen schreibt sie: "Unser Landkreis hat keine Auffälligkeiten in eine andere Richtung."
Isolation, bis ein Testergebnis vorliegt
Sicher mag das auch daran liegen, dass in höheren Altersgruppen auch die Impfungen bereits weiter vorangeschritten sind als bei den jüngeren Menschen. Klar ist aber, dass in den Schulen derzeit besondere Vorsicht geboten ist. Welche Regeln gelten also aktuell, wenn ein Schulkind positiv auf das Virus getestet wird?
"Ist ein in der Schule durchgeführter Test positiv, wird das Testergebnis von der Einrichtung an das Gesundheitsamt übermittelt. Eltern erhalten daraufhin einen Anruf, bzw. E-Mail, um einen PCR-Test-Termin zu vereinbaren", heißt es dazu aus dem Landratsamt. Bis das Ergebnis des PCR-Tests vorliegt, muss die Verdachtsperson - in dem Fall das Schulkind - sich in Quarantäne begeben. Auch enge Kontaktpersonen müssen dann in Quarantäne. Das betrifft im Fall von Schulkindern vor allem Familienangehörige wie Eltern oder Geschwister, die mit dem positiv getesteten Kind in einem Haus leben. Zeigt der PCR-Test ein positives Ergebnis, müssen die betroffenen Personen auch weiterhin in Isolation bleiben.
Doch es gibt eine Ausnahme: Wer genesen oder geboostert ist oder innerhalb der letzten drei Monate vollständig geimpft wurde, muss sich nur isolieren, wenn er selbst positiv getestet wird. Für kürzlich geimpfte und genesene Kontaktpersonen von Infizierten besteht dagegen keine Quarantänepflicht.
Wie lang dauert die Quarantäne?
"Die Dauer für Quarantäne (als Kontaktperson) und Isolation (bei Infektion) beträgt aktuell zehn Tage", heißt es aus dem Landratsamt. Nach sieben Tagen sei eine Freitestung durch PCR- oder Antigen-Schnelltest möglich. Bei Personen in Isolation - also bei denjenigen, die selbst infiziert sind - gelte das aber nur, wenn sie vor der Testung für 48 Stunden lang symptomfrei waren. "Bei Schülerinnen und Schülern sowie Kindern in Angeboten der Kinderbetreuung ist eine Freitestung bei Quarantäne bereits nach fünf Tagen möglich", heißt es weiter in der Pressemitteilung der Behörde.
Doch was ist mit den Kontakten, die ein infiziertes Kind in der Schule hatte? Eben hier kommt die Ankündigung des Gesundheitsamtes ins Spiel, die Kontaktnachverfolgung in Schulen einzustellen. Bisher hatte die Behörde auch Mitschülerinnen und Mitschüler eines infizierten Schulkindes kontaktiert und beispielsweise enge Freunde oder Sitznachbarn des Betroffenen in Quarantäne geschickt. Ab sofort werden diese Personen nicht mehr vom Gesundheitsamt informiert. Sie sind vielmehr aufgefordert, sich selbst in Quarantäne zu begeben.
Kontaktpersonen sollen sich selbst beim Gesundheitsamt melden
Hier setzen die Behörden also auf Eigenverantwortung. Weiterhin sei es möglich, dass enge Kontaktpersonen sich selbst über ein Online-Formular auf der Internetseite des Landratsamtes beim Gesundheitsamt melden. "Enge Kontaktpersonen begeben sich in Quarantäne und vereinbaren ebenfalls einen PCR-Test", heißt es aus der Behörde.
Dennoch gibt es auch weiterhin eine Maßnahme, um möglichst schnell herauszufinden, ob infizierte Schülerinnen und Schüler auch Klassenkameradinnen und -kameraden angesteckt haben: "In den betroffenen Klassen werden dann nicht nur an drei Tagen die vorgeschriebenen Selbsttests durchgeführt, sondern jeden Tag, also fünf Mal in der Woche", teilt das Landratsamt mit.
In der Pressemitteilung weist die Behörde auch auf eine weitere Folge der hohen Zahl von Infektionsmeldungen hin: Sie bittet um Verständnis dafür, dass es derzeit zur "verzögerten Bearbeitung von Telefonaten und E-Mails" komme.