zurück
Eltmann
Tunnel Schwarzer Berg: Im Extremfall muss sich die Feuerwehr mit Blindenstöcken vorantasten
Die Feuerwehren aus Eltmann, Ebelsbach, Knetzgau und Sand trainieren für alle erdenklichen Szenarien in den beiden Tunnelröhren an der A70 bei Limbach.
Mit Blindenstöcken wird der Tunnel nach Verletzten abgesucht. Hier beim Training wurde die Dunkelheit mit einer Maske vor den Augen simuliert.
Foto: Christian Licha | Mit Blindenstöcken wird der Tunnel nach Verletzten abgesucht. Hier beim Training wurde die Dunkelheit mit einer Maske vor den Augen simuliert.
Christian Licha
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:46 Uhr

"Feuer im Tunnel Schwarzer Berg auf der Maintalautobahn A70. Schwarzer Rauch dringt aus den Tunnelröhren, die Sicht ist gleich Null". Dieses Schreckensszenario ist glücklicherweise so noch nie passiert und wird hoffentlich auch keine Wirklichkeit. Um aber für den Ernstfall gewappnet zu sein, haben die vier Freiwilligen Feuerwehren, in deren Zuständigkeitsbereich der Tunnel mit seinen zwei Fahrbahn-Röhren liegt, eine entsprechende Rettungsstrategie. 64 ausgebildete Atemschutzgeräteträger von den Feuerwehren aus Eltmann, Ebelsbach, Knetzgau und Sand trainierten dieser Tage den Alarmfall. Während der wechselseitigen Sperrung der Röhren für die üblichen Wartungsarbeiten bot sich die autofreie Tunnelstrecke förmlich dazu an.

Vor der großen Übung eine Ausbildung in der Schweiz

Vorausgegangen ist dieser Übung Ende vergangenen Jahres eine einwöchige Fortbildungsveranstaltung für die Tunnelfeuerwehren aus dem Landkreis Haßberge bei der International Fire Academy (IFA) in der Schweiz. Die IFA gilt als europaweit führendes Kompetenzzentrum für die Bewältigung von Brandereignissen in Tunneln und hat in Kooperation mit Feuerwehren aus der Schweiz und Europa eine international anerkannte Tunnel-Einsatzlehre entwickelt und publiziert. Unter der Führung der Kreisbrandmeister Bernhard Finger und David Amling wurden 16 weiteren Einsatzkräften von den IFA-Ausbildern in der Übungstunnelanlage in Balsthal im Kanton Solothurn spezielle Lösch- und Rettungstechniken vermittelt.

In den darauffolgenden Monaten setzte ein vierköpfiges Team mit denKreisbrandmeistern Bernhard Finger, David Amling und Fabian Hümmer sowie dem stellvertretenden Sander Kommandanten Benjamin Altmannsberger, das Erlernte auf den heimischen Tunnel um.

Kreisbrandmeister Benjamin Altmannsberger (Dritter von links) vermittelt über 60 Feuerwehrleuten theoretisches Wissen, bevor es an die praktische Übung geht.
Foto: Christian Licha | Kreisbrandmeister Benjamin Altmannsberger (Dritter von links) vermittelt über 60 Feuerwehrleuten theoretisches Wissen, bevor es an die praktische Übung geht.

"Der Rauch bewegt sich mit einer Geschwindigkeit von 10 Meter in der Sekunde im Tunnel", verdeutlichte Benjamin Altmannsberger während der theoretischen Schulung vor Ort. Grundsätzlich ist die Wind-/Zugrichtung in den Tunnelröhren die jeweilige Fahrtrichtung, Beim Erliegen des Fahrzeugverkehrs könnte sich die Wind- oder Zugrichtung ändern, jedoch greift hier die Lüftungsanlage des Tunnels ein und verhindert dies.

Bei starkem Feuer müssen Tunneldecke und Wände gekühlt werden

Bei einem eventuellen Ausfall der Lüftungsanlagen tritt nach etwa 20 bis 30 Minuten die natürliche Windrichtung, von Westen nach Osten ein, so Altmannsberger. Weiterhin wurde das genaue taktische Vorgehen der Feuerwehren erläutert, wobei es hier, genauso wie bei anderen Einsätzen heißt: Menschenrettung geht vor Brandbekämpfung. Aber auch die Kühlung der Tunneldecke und -wände ist von großer Bedeutung, damit das verbaute Material nicht porös wird. Im Abstand von 100 Meter gibt es dafür sieben Wandhydranten in jedem Tunnel, damit die Wasserversorgung für die sogenannte Strukturkühlung gewährleistet ist.

Die Strukturkühlung der Tunneldecke und -wände ist von großer Bedeutung, damit das verbaute Material nicht porös wird.
Foto: Christian Licha | Die Strukturkühlung der Tunneldecke und -wände ist von großer Bedeutung, damit das verbaute Material nicht porös wird.

Im Extremfall haben die Einsatzkräfte im verrauchten Tunnel so gut wie keine Sicht. Um dennoch sicher voranzukommen und Verletzte retten zu können, bedienen sich die ehrenamtlichen Brandbekämpfer ab sofort eines besonderen Hilfsmittels. Fabian Hümmer vermittelte das in der Schweiz erlangte Wissen rund um die Blindenstöcke, mit denen sich die Feuerwehrler sicher vorantasten können. Zwei Mann gehen nebeneinander, wobei sich der mit den beiden Blindenstöcken abgetastete Radius überschneidet. Auf diese Art und Weise kann man Fahrzeuge, andere Gegenstände oder Menschen im dunklen Tunnel ausmachen.

Atemluft für bis zu 60 Minuten Einsatz

Wenn der Vorrat an Atemluft zu Ende geht und ein anderer Trupp in die Röhre geschickt wird, können die frischen Einsatzkräfte den bisher abgesuchten Raum an gelben Blinkleuchten erkennen. Diese Leuchten, die hinter dem zuletzt abgesuchten Fahrzeug positioniert werden, sind zukünftig ebenso in der Ausstattung der Tunnelfeuerwehren zu finden wie spezielle Doppelflaschengeräte. Mit zwei 6,8 Liter CFK-Atemschutzflaschen auf dem Rücken, wird die Einsatzzeit je Person auf bis zu 60 Minuten verlängert. Neu angeschaffte Schleifkorbtragen mit Rollen erleichtern dem schnelleren und einfacheren Transport von Verletzten.

Hinweistafeln an den Tunnelwänden verraten den kürzeren Fluchtweg. In diesem Fall sind es 30 Meter nach Links und 180 Meter nach Rechts bis zum nächsten Querverschlag mit Rettungsraum.
Foto: Christian Licha | Hinweistafeln an den Tunnelwänden verraten den kürzeren Fluchtweg. In diesem Fall sind es 30 Meter nach Links und 180 Meter nach Rechts bis zum nächsten Querverschlag mit Rettungsraum.

"Ich bin sehr stolz darauf, so eine schlagkräftige Mannschaft hinter mir stehen zu haben", sagte Kreisbrandinspektor Thomas Neeb, der die großangelegte Übung beobachtete. Kreisbrandmeister Bernhard Finger ergänzte: "Natürlich werden wir mit weiteren Schulungsmaßnahmen auf dem jetzt Erlernten aufbauen".

Wenn das eigene Fahrzeug eine Panne oder einen Unfall hat

Wenn das eigene Fahrzeug raucht, sollte man sofort den Warnblinker anschalten und möglichst noch aus dem Tunnel herausfahren, rät der ADAC. "Ist das nicht mehr möglich, stellen Sie das Fahrzeug in einer Pannenbucht oder so nah wie möglich am rechten Fahrbahnrand ab, schalten den Motor aus und lassen den Zündschlüssel stecken. Lösen Sie an der Notrufstation Feueralarm aus", heißt es auf der Homepage des Automobilclubs. In jedem Fall soll man das Fahrzeug so schnell wie möglich verlassen und sich in Sicherheit bringen. Grün beleuchtete Hinweistafeln im Tunnel zeigen, wie weit der Tunnelausgang beziehungsweise der nächste Querverschlag entfernt ist.

Alle 100 Meter gibt es insgesamt sieben Überflurhydranten (links) in jeder Tunnelröhre, damit die Wasserversorgung gewährleistet ist.
Foto: Christian Licha | Alle 100 Meter gibt es insgesamt sieben Überflurhydranten (links) in jeder Tunnelröhre, damit die Wasserversorgung gewährleistet ist.

Im Tunnel Schwarzer Berg mit einer Länge von 738 Meter (Nordröhre) beziehungsweise 722 Meter (Südröhre) gibt es drei Querverschläge, in denen Rettungsräume untergebracht sind und die den Übergang zur jeweils anderen Röhre ermöglichen. 37 Meldergruppen in den Tunnelröhren sorgen dafür, dass ein eventuelles Feuer oder eine Rauchentwicklung schnell erkannt werden.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Eltmann
Christian Licha
ADAC
Autofahrer
Feuerwehr Abersfeld
Freiwillige Feuerwehr
Kreisbrandmeister
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top