
Erinnern Sie sich noch an das Vermummungsgebot in der Öffentlichkeit (das in Deutschland gar nicht generell existiert)? An die Diskussion, ob Demonstranten ihr Gesicht zeigen müssen? Oder die hitzige Auseinandersetzung darüber, ob sich muslimische Frauen in unserem Kulturkreis verschleiern dürfen? Kapuze und Kopftuch, Sturmmaske und Niqab: Diese Begriffe wirken wie Reizwörter aus einer längst vergangenen Zeit, die mit unserer Lebenswirklichkeit nichts mehr zu tun hat. So selbstverständlich ist es geworden, dass wir heute mit Mund-Nase-Masken durch die Lande stapfen. Wenn es nicht in den eigenen vier Wänden und mit den engsten Familienangehörigen ist, müssen wir nach außen hin sichtbar auf der Hut sein, niemanden mit dem Coronavirus anzustecken. Das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern vielerorten - in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Geschäften etwa - eine gesetzliche.
Behörden haben Vorbildcharakter
So selbstverständlich ist es geworden, Maske oder Schal vor Mund und Nase zu tragen, dass es schon merkwürdig anmutet, wenn der Schutz ausgerechnet dort fehlt, wo sonst auf Sicherheit und Vorsichtsmaßnahmen besonderer Wert gelegt wird: In Behörden. Die ja im Umgang mit ihrer Kundschaft und den eigenen Mitarbeitern auch Vorbildcharakter für die ganze Nation haben.
Dieser Tage hat sich ein Besucher der Kfz-Zulassungsstelle in Haßfurt darüber beschwert, dass einige Mitarbeiter dort keine Maske tragen. Wie kann das sein, wo doch jeder Verkäufer und jede Verkäuferin egal ob in Fahrradladen oder Fleischerei durch Stoff schnaufen müssen? Fragte sich der verblüffte Leser. Und fragte sich auch die Redaktion.
Was das Gesundheitsministerium so alles erlaubt
Inzwischen wissen beide, dank einer Anfrage dieser Redaktion beim Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie beim Landratsamt Haßberge, dass Behörden von der Maskenpflicht ausgenommen sind. Zu den Fakten gehört zudem, dass auch das Personal etwa an der Theke einer Bäckerei seit Beginn vergangener Woche unvermummt bleiben darf, wenn eine Scheibe Kundschaft und Bedienung davor schützt, sich gegenseitig anzuhusten, anzuniesen oder anzuspucken.
Mal ganz ehrlich: Wirklich intelligent ist die "Oben-ohne-Freizügigkeit" in den Behörden sicher nicht, zumindest dort nicht, wo Kundenverkehr besteht. Da trichtert gerade der Freistaat Bayern seinen Bürgern und Besuchern seit Monaten ein, in Sachen Corona auf maximale Sicherheit zu gehen. Und schreitet dabei offenkundig auf einem vernünftigen Weg. Und dazu gehört eben für die breite Masse in öffentlich zugänglichen geschlossenen Räumen der Schnutenschutz. Und dann gehen ausgerechnet Behördenvertreter mit fragwürdigem Beispiel voran. Da macht auch das Argument keinen Sinn, dass zum Beispiel die Kfz-Zulassungsstelle kein Geschäft sei. Denn von Natur aus ist der Publikumsverkehr hier auch nicht Viren-sicherer als in einem Schreibwarenladen. Millimetergenaue Abstandsregelungen, maximale Besucherzahlen und viel Plexiglas gibt es hier wie dort.
Darf es auch etwas mehr sein?
Das Gesundheitsministerium hat herausgestellt, dass es die Aufgabe des Behördenleiters ist, über den Einsatz von Masken zu entscheiden. Natürlich stünden Schutz und Sicherheit der Bürger und der Mitarbeiter an erster Stelle, heißt es aus dem Landratsamt. Da verhält es sich wiederum wie an der Wursttheke: Es darf gerne ein bisschen mehr sein. Nicht Salami oder Schinken, sondern Schutz und Sicherheit.